Ei
Antigonos
Antimachos
die Charakteristik je auf das für den besonderen
Zweck Nothwendige: er wählte zwischen Be-
kleidung und Nacktheit, zwischen verschiedenen
Attributen und Waffen: er zeigt uns an dem
Körper des Sterbenden in Neapel die Spureni
vorgerückteren Alters in fast naturalistischerl
Durchbildung; er betont an dem sich vertheidi-r
gendcn bärtigen Kämpfer die an Rohhcit strei-
fende Derbheit des gemeinen Mannes. Aber
während am sterben den Fechter sich die sorg-
samste Charakteristik der Körperformen eines
Barbaren gewissermassen im Gleichgewicht hält
mit der idealen Auffassung der ganzen Situation,
der schmerzlichen Trauer des Sterbenden, bot!
an dem todten Jünglinge die ausgesprochener
Jugend und die absolute Ruhe des Todes dem
Künstler den Anlass, auch dem Körper ein so
ideales Gepräge zu verleihen, dass hier zu deut-
licher Charakteristik äussere Attribute, Leib-
gurt und sechseekiger Schild, weniger als sonst
entbehrt werden konnten. Auch in den Perser-
statuen begegnen wir sofort dem Wechsel zwi-
schen voller Bekleidung und der bei einem Perser
fast auffälligen Nacktheit; im Vergleich mit dem
Trotz der kämpfenden Gallier zeigt ferner der
eine sich Vertheidigende einen fast furchtsa-
men Charakter , und selbst an dem Todten tritt
in den weichen Linien die Grundverschiedenheit
im Wesen des Orientalen bestimmt hervor. Bei
der Amazone und dem Giganten war ein stärke-
res Vorwiegen des idealen Elementes selbstver-i
ständlich, so dass die an den anderen Gruppen
gemachten realistischen Studien sich weniger in
der allgemeinen Auifassung als in der formalen
Behandlung des Einzelnen geltend zu machen
vermochten. Bei allen diesen Studien trat aller-
dings an die Stelle des Strebens nach absoluter,
allgemein gültiger Schönheit die Forderung der
besonderen oder beschränkteren Schönheit einer
scharfen und klaren Charakteristik und der histo-
rischen Wahrheit. Aber eben darin liegt die
spezifische Bedeutung dieser Schule, dass sie auf
diesem Wege die Grenzen der Plastik erweiterte
und dieser Kunst das Gebiet der eigentlich histo-
rischen Darstellung eroberte, welche bisher auf
die Malerei beschränkt geblieben war. Wenn
nun auch diese Entwickelung zu spät erfolgte,
als dass sie auf die weitere Entwickelung der
griechischen Kunst im engeren Sinne noch einen
bedeutenden Einfluss hätte ausüben können, so
bildet sie ein um so wichtigeres Vermittelungs-
glied für das Verständniss der historischen Kunst
der Römer, die mit keiner anderen Richtung der
griechischen eine nähere Verwandtschaft zeigt,
als gerade mit der pergamenischen Schule.
Hiermit scheint allerdings ihr Gebiet noch
nicht erschöpft zu sein. Denn nach den bisheri-
gen Untersuchungen ist es jetzt nicht mehr ge-
wagt, selbst ohne äussere Zeugnisse blos aus
inneren Gründen dieser Schule noch andere be-
deutende Werke zuzuspreehen: so die eine er-
haltene Figur aus einer Gruppe mit Astragalen
spielender Knaben (Marbles in the brit. Mus.
II, 31); namentlich aber die Gruppe des durch
mehrfache Wiederholungen bekannten, an der
Fichte aufgehängten Marsyas und des im Ori-
ginal erhaltenen Skythen, der das Messer
schleift, um ihn zu sehinden, der unter dem Na-
men des Schleifers, Arrotino, bekannten Statue
des florentiner Museums (abgebildet bei Müller
und Oesterley , Denkm. alter Kunst. II. 14, 154
u. 155; vcrgl. Handb. 5. 362, 4. Ueber andere
Bestandthcile dieser Gruppe vcrgl. Michaelis in
den Ann. d.. Inst. 1858. p. 320 u. 3401i). Die
Statue des Skythen, in dessen Schädelbildung
Blumcnbach den Kosakentypus genau wieder-
gegeben fand , zeigt nicht nur eine den Galliern
durchaus verwandte Auifassung der Barbaren-
bildung, sondern auch die Behandlung der For-
men, der Oberiiäche des Marmors, ja das Mate-
rial verrathen durchweg eine solche Ueberein-
stimmung, dass, wer namentlich den sterbenden
Fechter genau studirt hat, an der engsten Schul-
verwandtschaft der Urheber beider Werke nicht
zweifeln kann. Neben dieser Uebereinstimmung
macht sich aber in der Statue des Marsyas ein
neues Element geltend: ein fast bis zur Osten-
tation gehendes Studium der Anatomie des
menschlichen Körpers, durch welches die ge-
lehrte Richtung der ganzen Schule eine neue
Bestätigung erhält. Es wird hiernach genügen,
einfach an den ziemlich gleichzeitigen Laokoon
zu erinnern, um zu der Ueberzeugung zu gelan-
gen, dass die beiden uns bekannten Hauptkunst-
schulen der Diadochenzeit, die rh odisehe und
die pergamenische, zwar im Einzelnen
manche und sogar bedeutende Unterschiede zei-
gen, in ihren Grundlagen dagegen sich als Aug_
iluss einer und derselben Zeitrichtung 0ii'enb3,_
"ren, sowie ferner, dass sie nicht die Fortsetzung
einer einzelnen der früheren Schulen bilden,
sondern, indem sie die gesammte frühere Ent-
wickelung zur Voraussetzung haben, in der
Kunst eine ähnliche Stellung einnehmen, wie in
Poesie und Literatur die sogenannte helleni-
stische Periode gegenüber der hellenischen im
engeren Sinne.
H. Brunn.
Antimaehides. Antimachides, Architekt;
vZu Athen führten die Architekten Antistates,
Kallaisehros, Antimachides und Porinos (7) für
Pisistratos zu dem Tempel, den dieser dem
olympischen Jupiter errichten wollte, den Grund-
bau aus. Nach seinem Tode aber (oder vielleicht
richtiger : nach der Vertreibung seiner Söhne)
liessen sie wegen der veränderten politischen
Verhältnisse den Bau liegenu: Vitruv. VII. praeil
Q. 15; vergl. Aristoteles Polit. v. 11. Dicaeareh.
p. 8 ed. Hudson. Ueber die Fortsetzung des
Baues s. unter Cossutius. B
Antimachos. Antixn ach o s, Erzbildner, nach
Plinius xxx1v. 86 durch Fmuenstatuen bekannt.
B.