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lxntigonos.
ganten, die einst in der Gegend von Thrakien
und dem Isthmos von Pallene wohnten, die
Schlacht der Athener gegen die Amazonen, der
Sieg bei Marathon über die Meder und die Nie-
dcrlage der Galater in Mysien: Weihgeschenke
des Attalos, sämmtlich im Maßverhältniss von
etwa zwei Ellen (iisov re B60 n-qxüov Zxao-covhr.
Ueber diese Werke war bis vor wenigen Jahren
so wenig bekannt, dass sogar darüber gestritten,
wurde, 0b es sich um statuarische Gruppen oder
Reliefs handle (vgl. Schubart in den Jahrb. f.
Philol. 87, p. 301 E). Bei den Ausgrabungen an
Ort und Stelle hatten sich keine Reste gefunden.
Sie müssen vielmehr nach der Zeit des Pausa-
nias von Athen nach Rom versetzt worden sein,
wo ein Theil schon im Anfange des 16. Jahrh.
wieder entdeckt worden ist, ohne dass man die Be-
deutung erkannt hätte. Jetzt sind wenigstens acht
Statuen als Bestandtheile dieser Gruppen sicher
nachgewiesen und, da die älteren Abbildungen
durchaus ungenügend sind, in neuen guten Sti-
chen publizirt worden : Monum. dell' Instit. arch.
1x. Tav. xlx-xxI, mit Text von Brunn in den
Annali 1870. pp. 292-323 (vergl. Friederichs,
Bausteine, p. 322; Overbeck, Gesch. der griech.
Plastik, 2. Aufl. II. p. 176). Es sind aus Gruppe
I) Ein todter Gigant, im Museum von Neapel;
I1) Eine todte Amazone, ebenda; III) Ein beklei-
deter todter und ein auf's Knie gesunkener und
sich noch vertheidigender nackter Perser, eben-
da und im Vatikan; außerdem Wahrscheinlich ein
dem letzteren naheverwandter, aber bekleideter
bei Adam, Reeueil de sculptures antiques. 1754.
pl. 32-33 ; endlich IV) aus der Galliergruppe ein
todter Jüngling, ein nackter rückwärts niederstiir-
zendcrJüngling und ein auf das Knie gesunkener,
sich vertheidigender, mit Tunika bekleideter
Mann, sämmtlieh in der Sammlung der Markus-
bibliothek zu Venedig; ein Sterbender, in vor-
gertickterem Alter, in der ganzen Stellung dem
sterbenden Fechter von der Gegenseite ziemlich
genau entsprechend, im Museum zu Neapel; end-
lich aller Wahrscheinlichkeit nach ein auf's Knie
gesunkener und sich vertheidigender verwunde-
ter Jüngling im Museum von St. Germain bei
Paris (Clarae, Mus. de Sculpt. 280, 2151). In die-
selbe Reihe wenn auch nur als späte Kopien, ge-
hören drei kleine Bronzen im britischen Mu-
seum, zwei Gallier und eine Amazone. Ueber
einige andere Figuren, die zu diesen Gruppen
oder allgemeiner zur pergamenischcn Schule in
mehr oder minder direkter Beziehung zu stehen
scheinen, sind noch genauere Untersuchungen
im Einzelnen anzustellen; vergl. Brunn a. a. 0.
Nur Zufall ist es , dass die bisher nachgewiese-
nen Statuen in allen vier Gruppen der Partei
der Unterliegenden angehören. Dass ursprüng-
lich auch die Sieger nicht fehlten, wird durch
eine Notiz bei Plutarch (Anton. 60) verbürgt,
der zufolge die Statue des Dionysos durch einen
Sturm von der Akropolis, also wol von der Höhe
ihrer Zinnen , in das Theater des Gottes herab-
gestürzt wurde. Bedenken wir nun, dass allein
Wvon den Galliern uns fünf erhalten sind, welche
gewiss doch nur einen Theil der einst vorhande-
lnen Gruppe ausmachen, so ergibt eine Berech-
Wmng auf dieser Grundlage, dass die vier Grup-
lpen in ihrer Gesammtheit einen Statuencomplex
von einem Umfange bilden mussten, wie uns
kaum ein anderer aus dem Alterthume be-
kannt ist.
Die erhaltenen Figuren, welche in ihren bei
antiken Skulpturen nicht eben häufigen Ver-
hältnissen von etwa U3 Lebensgrösse dem von
Pausanias angegebenen Maße von zwei Ellen
sehr wol entsprechen, stimmen mit dem sterben-
den Fechter und der ludovisisehen Gruppe in
Material, Technik und künstlerischer Allffas-
sung völlig überein, so dass sie unbedingt einer
und derselben Kunstschule angehören; und wenn
auch zuzugeben ist, dass sie in der vollen Har-
monie der Durchführung hinter ihnen zurück-
stehen, so lassen sie sich doch in keiner Weise
mit römischer Kopistenarbeit verwechseln. Viel-
mehr erklären sich die an ihnen bemerkbaren
,Mängel, wie kleine Fehler in den Proportionen,
leine gewisse Härte und Magerkeit in der Ans-
führung, am einfachsten durch die Annahme,
dass sie verkleinerte Wiederholungen eines noch
lgrossartigeren, voraussichtlich in Pergamum er-
lrichteten Siegesdenkmals sind, welche Attalog
wahrscheinlich aus Anlass seines Besuches in
Athen um 200 v. Chr. für seine Bundesgenossen
anfertigen liess, und zwar, wenn auch unter Lei-
tung der Meister der pergamenischen Schule,
doch wol nur von deren Schülern und Gehiilfen_
Während nun in Athen die vier Gruppen einfach
neben einander aufgestellt gewesen zu sein
scheinen, darf wol angenommen werden, dass
ihre Vorbilder sich räumlich, wie der Idee nach
zu einer höheren Einheit zusammengeschlos-
sen haben werden. Die Vierzahl der Gruppen
weist uns auf eine Vertheilung an vier Seiten
eines architektonischen Monumentes hin; und
vortrefflich entsprechen sich etwa auf Vor-
der- und Rückseite die Giganten und Gallier,
sowol äusserlich durch ihre vorwiegende Nackt;-
heit, wie durch den Charakter roher und unge-
bändigter Naturkraft und Wildheit, während
die Amazonen und die Meder auf den Nebensei-
ten sich als Asiaten und in vollerer Bekleidung
gegenüberstehen. Wie aber die hellenischen
Götter die wilden Erdensöhne bewältigen, 50
bekämpfen die Hellenen stets siegreich das Bar-
barenthum , von der ältesten Zeit der Amazonen
bis zu den Zeiten des Attalos, dessen Siege über
die Gallier durch das Ganze verherrlicht werden
Eine genauere Betrachtung der atheniensischen
Statuen zeigt nun, dass dieselben für eine sehr
niedrige Aufstellung berechnet waren. Wenn
sie aber, wie Pausanias berichtet, an der Mauer
standen, die von Plutarch erwähnte Bacchus-
statue aber, damit sie vom Sturm herabgestürzt
werden konnte, sich auf der Mauer oder deren