44 Ü Andreas Achenbach.
siedelt hatte, trat Andreas A. 1827 als Schüler
in die Akademie ein und verblieb in derselben
bis 1835. Schon früh bewährte sich die grosse
Leichtigkeit, mit der er von jeher gearbeitet
hat, und die freilich nicht bloss das Ergebniss
ungewöhnlicher Begabung, sondern auch aus-
dauernden Fleisses ist. Dazu trat bald seine
Eigenart hervor, die insbesondere durch Frische
und Ursprünglichkeit der Auffassung sich aus-
zeichnet; sie entspricht dem heiteren Naturell
des Künstlers und seiner strammen, entschlosse-
nen Weise, das Leben zu nehmen. So prägt
sich schon früh in seinen Werken eine volle In-
dividualitätßus.
In seinen ersten Landschaften, Anfangs der
dreissiger Jahre, hielt er sich an die nahegele-
genen Rheingegenden und entnahm ihnen an-
spruchslose Motive , denen sich der heimliche
Reiz einer friedlichen Natur abgewinnen liess.
Noch- ist in ihnen ein leiser Anklang jener ro-
mantischen Empfindungsweise, die lange Zeit
das Kennzeichen der Düsseldorfer Schule gewe-
sen. Allein bald zeigte A. eine eigenthümliche
Anschauung. Schon jenen Bildern liegt eine
Auffassung zu Grunde, welche das eigene Leben
der Natur zu entbinden sucht, ohne durch die
Zuthat einer ungewöhnlichen Staffage oder den
Ausdruck einer aparten Stimmung eine beson-
dere Seele in sie legen zu wollen. Er verlor sich
nicht in jenes Spiel, das Natur, Phantasie und
romantisches Gefühlswesen seltsam durcheinan-
der mischte. Ihm war es um die landschaftliche
Erscheinung selber und ihr mannigfaltiges Leben
zu thun. Bald genügte ihm nicht mehr das nächst-
gelegene, wol anmuthige, aber einförmige Rhein-
land. Begierig nahm er eine Menge neuer land-
schaftlicher Eindrücke auf einer Reise auf, die
er 1832 und 1833 mit seinem Vater über Holland
durch die Nordsee nach Hamburg und von da
nach Riga machte. Hier ging ihm die herbe und
doch wieder weiche, an das menschliche Gemüth
anklingende Schönheit der nordischen Natur auf.
1835 ging er dann über Dänemark nach Norwe-
gen und Schweden und fand in ihrer ur-
sprünglichen Landschaft unerschöpfliche Motive.
Aohenbach war so unter den Deutschen der
Ersten Einer, der ganz neue Gebiete der Land-
schaftsmalerei erschlossen und damit einen echt
modernen Zug derselben ausgebildet hat. 1836
sah er sich im Süden Deutschlands um, nament-
lich im bayerischen Gebirge und in Tirol. In-
dessen die Vorliebe , die er einmal für den Nor-
den gefasst, zog ihn 1839 wieder nach Norwegen,
wo er sich diesmal durch die gründlichsten Stu-
dien die Natur des Landes ganz zu eigen machte.
So vielseitig und beweglich wie sein Natur-
sinn, so bewährte sich nun auch sein Talent der
Darstellung. Schon früh zeigte sich, dass er
nicht minder wie die Vegetation und die Berg-
natur das wechselnde Leben des Meeres zu schil-
dern versteht. Seine ersten Marinen entstanden
schon Mitte der dreissiger Jahre. Ein Seesturm
an der schwedischen Küste in der neuen Müneh.
Pinakothek ist vom J. 1836 , das Strandeii eines
Schiffs im Städefschen Institut zu Frankfurt
von 1837, einige kleinere Seebilder in der Darm-
städter Galerie vom Anfang der vierziger Jahre.
Von besonderem Interesse sind auch seine
Küsten- und Strandbilder; er weiss den gleich-
sam verdoppelten Reiz, den das Naturlcben in
der feingestaltigen Berührung von Land und
Meer zeigt, sehr geschickt zu fassen. Zudem
gaben ihm diese Ufcrseenen Gelegenheit, das
Leben des Menschen in der Natur in anziehender
iWeise zu schildern und so den Ausdruck der ihr
eigenthümliehen Stimmung zu steigern. Derar-
ltige Vorwürfe behandelte A. eine Zeitlang be-
sonders gern, wie er denn noch nach jenen Rei-
sen verschiedene Ausflüge an die holländischen
und belgischen Küsten machte. Das ewige Spiel
der an den Strand bald leise ausfiiessenden, bald
ihart anprallenden Wellen, die feuchte, duftig
schimmernde Luft, das dunkel davon sich abhe-
lbende Schiffstreiben, in dessen Schilderung er
sehr gewandt ist: diese Seite der Natur hat er
immer zu treffen verstanden (verschiedene Bil-
der vom Strand von Seheveningen). Doch haben
vielleicht mehr Beifall jene anspruchsvolleren
Bilder gefunden, darin Aehenbaeh reiche und
gewaltige Landschaft-sscenerien des Binnenlan-
des (namentlich Sehwedens und Norwegens) in
ihrer ganzen Wucht und Mannigfaltigkeit schil-
dert und sie doch in einheitlicher Wirkung zu-
sammenhält; oder jene Buchten (vFjordeir), wo
die Wellen an steile Granitfelsen und an unwirth-
liche Ufer mit diistern Föhrenwäldern anschlagen
(so der Hardangerfjorci bei Bergen von 1843 in
der Düsseldorfer Galerie).
Und wie A. die verschiedensten Scenen der
Landschaft, so weiss er auch ihre verschieden-
sten Stimmungen malerisch auszudrücken: das
veränderliche, bald heitere, bald düstere Spiel
von Licht und Luft je nach den Tages- und Jah-
reszeiten, die idyllische Ruhe sowol eines fried-
lich eingehegten Wiesen- oder Baumlandes als
den Aufruhr der tobenden Elemente. Indem er
dann bisweilen in den leztercn das Schicksal des
ihm unterworfenen Menschenlebens mit hinein-
zieht, bringt er in seine Kompositionen einen be-
wegteren, dramatischen Zug. Nach dieser Seite
hat er auch das Ungewöhnliche überzeugend ver-
sinnlicht; wie jenen Untergang des Dampfschif-
fes vPräsidentu, das die Eismassen im atlanti-
schen Oeean zermalmt haben sollen, von 1842,
in der Galerie zu Karlsruhe; von demselben J.
ein strandendes Dampfboot an der norwegischen
Küste.
Indessen, solche Schaustüeke, sowie jene rei-
chen Scenerien, so meisterlich sie auch behan-
delt sind, kommen doch nicht manchen klei-
neren Landschaften gleich, darin sich die künst-
lerisehe Natur Aehenbachs einfacher ausspricht.
Solche Bilder geben eine gesammelte Naturstim-
mung mit überzeugender Wahrheit wieder, das