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Andrea Andreani.
Künstlers und seinen ganz ausgeschriebenen
lNamen : Andrea Andreani oder Andriani.
s. Baglione, Le Vite de'Pittori etc. Napoli 1733.
p. 276. Bartsch, Peintre-Graveur. XII.
Malpe, Notices sur les graveurs. I. 13.
Jou bert, Manuel de Famateur xfestampes.
I. 153- Zäfletti, Catalogue raisonne du Ca-
binet du comte de Oicognara. pp. 41-56.
Passavant, Peintre-Graveur. VI. 220.
I. Von Andreani eigenhändig
geschnittene Blätter.
1-4) Vier Bruchstücke aus dem Mosaikfussboden
des Domes in Siena, nach Dom. Beccafumi.
1] Eva, nach dem Falle, auf den Knieen am
Fusse eines Baumes, bedeckt ihre Blösse
mit Feigenblättern. Unten links in einem
ausgesparten Raum : Mecarino Inventor.
Anda Intagliatre. Mantno. al S. OttavioPer-
tiani Oanonicc del Duomo di Siena dedicö
l'anno MD. Lxxxvn. (1587). Helldunkel von
3 Platten. F01. B. XII. N0. 1, wo irrig die
Jahrzahl 1586 angegeben ist.
2) Abel kniet vor dem Altar, auf welchem das
Opferfeuer brennt. Helldunkel von 3 Plat-
ten. F01. B. XII. No. 2. Obschon sich
auf diesem Blatte weder Monogramm noch
Name befindet, zweifle ich nicht, dass es
von Andriani ausgeführt ist. Bartsch be-
hauptet, unten links stehe ein Moncgramm :
i]. , das Ugo Carpensis gelesen, also auf
Ugo da. Oarpi bezogen werden könne; das
Blatt sei jedoch mittelmässig geschnitten
und gehöre zu seinen frühesten Arbeiten.
Der gewöhnlichsten Annahme zufolge be-
gann Beccafumfs Antheil bei der musivi-
sehen Ausschmückung des Fussbodens im
Dom zu Siena erst um 1546 ; Ugo da Carpi
kann demnach dieses Blatt nicht verfertigt
haben, selbst wenn seine Thätigkeit bis
1536 d. h. bis in sein achtzigstes Jahr ge-
reicht hätte, und an eine Jugendarbeit
dieses Meisters wäre vollends nicht zu den-
ken. Die neuern Ausleger erklären die
Buchstaben E: Oavaliere Vanni, wel-
cher die Komposition auf die Holzplatte
gezeichnet hätte. Diese Konjektur ist
ebenso unzulässig, überdies ganz unnöthig.
Ich habe mich vergebens nach jenem Mo-
nogramm umgesehen. Was Bartsch dafür
hielt, das ist nichts als eine Zufälligkeit
des Tondrucks an einer dunkeln Stelle des
Terrains. Man muss schon viel guten
Willen mitbringen, wenn man in dieser
Zufälligkeit ein grosses lateinisches O er-
kennen will, und es erfordert wahrlich das
allergefälligste Auge von der Welt, in der
Sichel dieses grossen O noch ein kleines
V zu entdecken. Nichtsdestoweniger ist
dieses imaginäre Monogramm des Ugo da
Carpi aus dem Peintre-Graveur von Bartsch
in Brulliot's "Monogrammenlexikonu und
in Naglefs nMonogrammistena überge-
gangen.
3) Abraham's Opfer auf Moriah. Oben links:
Sarah's Abschied von "Isaak; unten auf
täuschen und schrieben ihm Blätter zu, die nicht
von ihm herstammen oder bloss von ihm iiber-
arbeitet sind und, wenn sie sein Zeichen tragen,
nur in mittelmässigen oder ganz schlechten Ab-
drücken vorkommen. Diese Verlegerfabrikate,
die man von seinen eigentlichen Kiinstlerarbei-
ten nicht gehörig trennte, scheinen die ältere
Kritik mehr als billig gegen ihn verstimmt zu
haben. Der so gewissenhafte Bartsch urtheilt
offenbar zu strenge und zu geringsehätzig, wenn
er Andrea Andreani gegen seinen Vorgänger
Ugo da Carpi (s. d.) weit zurücksetzt. Die ma-
lerische Wirkung ist freilich in Andreanfs Blät-
tern nicht so pikant als in den Werken des Ugo
da Carpi, der eine ganz verschiedene Richtung
verfolgte und im Uebereinanderdrucken von
mehreren Tonplatten, ohne alle Anwendung
einer Strichplatte, besondere Stärke bewies.
Der Andreanfschen Behandlung des Helldun-
kels liegt stets eine Strichplatte zum Grunde,
der zwei oder mehrere Platten in dunkleren oder
helleren Tönen aufgedruckt sind. Andreani war
ein iieissiger Künstler und legte grossen Werth
auf saubere, korrekte Technik. Seine Werke,
selbst seine besten, haben etwas Trockenes, und
in Vergleich mit dem kecken, flüchtig skizziren-
den Verfahren des Ugo da Carpi erscheint seine
Manier zahm und frostig; aber sie ist sorgsa-
mer, gleichmässiger und zeigt eine Sicherheit
und Bestimmtheit, die gegen das bei Ugo da
Carpi vielfach vorkommende Klecksige und Ver-
schwommene vortheilhaft abstechen. Erscheint
in Andreanfs Formschnitten nach 'I'izian und
Beccafumi das Mächtige und Gewaltige der Ori-
ginale mehr als billig geschwächt, so ist dage-
gen in ande1'n Nachbildungen der Geist der Vor-
bilder vollkommen erreicht. In Camaieux, W0-
von jedes aus mehreren Blättern und jedes Blatt
aus mehreren Platten besteht, Gesammthaltung
hineinzubringen, war eine ungemein schwierige
Aufgabe, welche Andreani glücklich gelöst hat:
seine obenerwähnten grossen Helldunkel, die er
in Florenz, in Siena und Mantua verfertigte, ge-
hören in jeder Beziehung zu den merkwürdig-
sten und meisterhaftesten Formschnitten des an
derartigen Kunsterzeugnissen so erstaunlich
reichen 16. Jahrh.
Obgleich von unserem Künstler kein Blatt
mit einem späteren Datum als 1610 bekannt
ist, so lässt ihn dennoch Baglione erst 1623
in Rom sterben. Nach anderen wahrschein-
licheren Angaben starb Andreani in Mantua.
Das Monogramm, dessen er sich gewöhnlich
bediente, hat Aehnlichkeit mit Altdorfefs Zei-
chen: es besteht aus einem grossen und einem
kleineren gothischen A., die auf folgende Art
ineinander gestellt sind: Manche
Platten tragen zugleich das Monogramm des