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Andrea del Oastagno.
Aus dem Tagebuche eines dem Andrea be-
freundeten lileisters, des Alesso Baldovinetti,
erfahren wir, dass er (Andrea) 1454 im Auftrage
des Lod. Gonzaga von Mantua ein Inferno zu
malen hatte, dasselbe aber nicht selbst ausführte,
sondern von Baldovinetti ausführen liess; wahr-
scheinlich lag er wieder an Kränklichkeit dar-
nieder, und zwar im Hospitale von S. Annun-
ziata de'Servi, wo Baldovinetti das Bild malte.
Andrea verkaufte es dann doch dem Marchese
Gonzaga, wie wenn es sein eigenes Werk wäre.
Im J. 1455 erhielt er von den Bauvorstehern
von S. Maria del Fiore den Auftrag, das
Reiterbildniss des Heerführers Niccolo di To-
lentino zu malen, als plastische Nachahmung,
auf einem Sarkophage (der ebenfalls gemalt ist,
wie wenn er auf Konsolen aus der Mauer vor-
spränge) , begleitet von zwei bewaffneten Krie-
gern. Es sollte das Gegenstück werden zu dem
Denkmal, das früher von Paolo Uccelli für den
Heerführer John Hawkwood in derselben Weise
war gemalt worden (s. Verz. N0. 7). In der Aus-i
fiihrung befolgte Andrea dieselben Gesetze der
perspektivischen Ansicht, wie Uccelli (er mag sie
von diesem und Donatello gelernt haben); das
Ganze ist genau so gemalt, wie wenn es von!
unten und an dem Orte der Aufstellung gesehen
wäre. Doch nicht bloss in dieser Hinsicht, son-
dern auch als Darstellung des Lebens ist das
Bildniss wol gelungen; die Zeichnung ist kühn
und breit, wenn auch die Formen etwas schwer
sind, und in der ganzen Erscheinung zwar nicht
gerade Grossheit, aber eine leidenschaftliche
Kraft. Nur das Ross (ein Passgänger) ist weni-2
ger glücklich als dasjenige des Denkmals Uc-l
celli's; man erkennt, dass Andrea mit der Ana-
tomie und Bewegung des Pferdes weniger ver-i
traut war. Das Gemälde, wovon das Pferd
1524 durch Lorenzo di Credi restaurirt wurde,
jetzt auf Leinwand übertragen, befindet sich noch
im Dom.
Die sonst noch erhaltenen Werke, welche dasi
Gepräge Oastagnds tragen, sind durch keine Ur-
kunden beglaubigt und tragen weder Namenl
noch Datum. Doch ist ihm wol mit Grund dasi
Fresko einer Kreuzigung zuzuschreiben, das sich
in der Loggie des Hospitals der Oblate (bei
S. Maria Nuova) beiindet. Seine realistische
Weise zeigen dann auch entschieden einige
Fresken in S. Croce (ebenfalls zu Florenz):
die Figuren Johannes des Täufers und des Fran-
ziskus in Einer Nische, in den Formen über-
scharf charakterisirte Akte mit starker Aus-
prägung des Knochensystems, der Muskeln
und Adern, Johannes zudem alt und von ganz
gewöhnlicher Gesichtsbildung.
Fortwährend mit Wandmalereien beschäftigt,
behielt Andrea wenig Zeit übrig zur Ausführung
von Altartafeln. Doch ist ein Bildniss von ihm
in der Galerie Pitti zu Florenz, das in der
Zeichnung kühn und fest und mit viel Sorgfalt
gemalt ist; es beweist, dass der Meister was
auch schon in der Richtung seines Talents lag
fiir Bildnisse Geschick hatte. Ueber einige Bil-
der in verschiedenen Galerien, welche den her-
ben Charakter, die plastische Schärfe seines
Stils zeigen, sowie über einige andere, die mit
Unrecht seinen Namen tragen, s. das Verzeich-
mss.
Andrea im J. 1457 wahrscheinlich an der
Pest und wurde im August in S. Maria de'Servi
zu Florenz begraben.
("rowe und ("aimlz-aselte.
Verzeichniss seiner Werke.
I. Fresken. Sämmtlioh zu Florenz.
1) Im Kloster degli Angeli: Kreuzigung.
Christus am Kreuze zwischen Maria und
Benedikt, den hh. Johannes und Romualdo;
am Fusse des Kreuzes Maria Magdalena.
s. Text.
2) Ebenda: Kreuzigung mit denselben Fi-
guren, aber ohne Magdalena. s. Text und
Stiche N0. 1.
3) Im Museo Nazionale (Bargello): Folge
von Heroen und Sibyllen; jetzt auf Leinwand
übertragen. Früher in der Villa Carducci
(Pandoliini) zu Legnaja bei Florenz. s. Text
und Stiche N0. 4.
4) In S. Apollonia, Refektorium: Das hl.
Abendmahl. Früher zumeist dem Uccelli
zugeschrieben. s. Text.
5) E b ende, über der Thüre des ersten Kreuz-
gangs: Christus im Grabe zwischen zwei
Engeln. s. Text.
6) Im Dome: Denkmal und Reiterbildniss
des Heerführers Niccolo di Tolentino (gem.
1455). Jetzt auf Leinwand übertragen.
s. Text und Stiche N0. 3.
7) In der Loggia des Hospitals der Ob late:
Kreuzigung. s. Text.
8) In S. Croce: Johannes der Täufer und
der hl. Franziskus in Einer Nische. s. Text.
II. Tafelbilder.
9) Florenz, Galerie Pitti: Brustb. eines
bartlosen Mannes. Auf Holz. s. Text.
10) Florenz, Akademie: Altartafel. Maria
mit dem Kinde zwischen den hh. Cosmas,
Damian, Täufer, Magdalena, Franziskus
und Katharina. Früher in S. Ambruogio.
Dort dem Botticclli zugeschrieben; doch
zeigen mehrere Figuren die Formgebung
des Castagno sowie die stilisirte Gewan-
dung, durch welche sich derselbe öfters aus-
zeichnet. Auch hat die Malerei dengrau-
grünen Ton, welcher dem Meister eigen ist.
11) Ebenda: Hl. Hieronymus vor einem Kru-
ziiix, mit dem Steine die Brust schlagend.
Von Andrea selbst oder aus seiner Schule.
Die Gewänder sehr sorgfältig behandelt.
s. Stiche N0. 2.
12) Im Museum zu Berlin: Maria mit dem