69_4
Andrea del Gastagno.
so wird erzählt, habe von Antonello da Messina, hältnissen auf. Sein Vater, Bartolommeo di Si-
den er persönlich gekannt, das neue Verfahren mone, war Landmann in der Nachbarschaft von
gelernt, das dann, von ihm nach Florenz ge- Florenz und liess den Knaben früh als Waise
bracht, die Künstler lebhaft beschäftigt habe; zurück; den Namen der Mutter wusste dieser
als darauf Andrea und Domenico auf Bestellung später nicht einmal anzugeben. Für einen Ver-
gemeinschaftlich in dem Hospital von S. Maria wandten hatte er dann die Heerde zu hüten.
Nuova arbeiteten, da habe sich Andrea bei die- Dürfen wir Vasari glauben, so zeigte sich zuerst
sem einzuschmcieheln gewusst, ihm so das Ge- sein Talent, als er einmal einen wandernden
heimniss der Oelmalerei abgesehen und endlich, Maler bei der Arbeit beobachtet hatte und nun
um dessen Besitz allein zu haben, dem Gefähr- an Wänden und Steinen menschliche Figuren
ten an einer Strassenecke aufgelauert und dort nachzuzeichnen versuchte; gelegentlich sei Ber-
den Todesstoss gegeben. Diese Sage denn nardetto de'Medici auf ihn aufmerksam gewor-
Bie iätnißhts Weiter Welche dem Castiigno mehY den, habe ihn mit sich nach Florenz genommen
als vier Jahrh. angehaftet, hat sich schliesslich und dort in dcrKunstunterweisen lassen. Einige
durch die Veröfßntlißhnng V0n Zwei einfachen behaupten, er sei Schüler des Masaecio gewesen;
Urkunden als vollständig grundlos erwiesen. allein seine spätere Thätigkeit weist auf einen
Diese Urkunden lehren uns, dass Andrea den solchen Lehrer nicht zurück. Vielmehr müssen
19. Aug. 1457 aus dem Leben schied, Donlenieo wir annehmen, dass er den Einfluss der grossen
aber erst zehn Jahre später, am 15. Mai 1467, Bildhauer seiner Zeit, insbesondere des Dona-
eines natürlichen Todes starb. tello, erfahren und Untericht in der Malerei von
Die geschichtliche Forschung, welche jene Paolo Uccelli empfangen habe. Jenen Einfluss
dramatische Erzählung auf Nichts zuriiekführt, bezeugt der plastische Charakter seiner Dar-
hat auch untersucht, welche Stelle A. in der Ma- stellungsweise; die Gewalt der Bewegung in
lerei seines Zeitalters einnimmt, in wie weit er seinen Figuren (wesshalb ihm Vasari gagliardis-
dieselbe förderte und welcher Art seine Kennt- simo nelle movenze nennt), die heftige Spannung
nisse und Talente waren. Er begann in Florenz der Muskeln, endlich die wie in Stein gehauene
seine Thätigkeit zu einer Zeit, da die Kunst des Gewandung weisen deutlich auf das Vorbild des
Mittelalters in eine neue Bahn eintrat. Bis da- Donatello. Andrerseits bewahrt er sich als gros-
hin hatte die Kunst, vorwiegend unter religiösen sen Meister in der Perspektive; sein Abendmahl
Einflüssen entwickelt, nach einigen Richtungen im Refektorium von S. lilaria Nuova wurde
einen hohen Grad von Vollkommenheit erreicht; schon von Vasari (im Leben Mantegnas) als ein
allein in der Wahrheit der Darstellung vermochte Meisterstiick der Linearperspektive angesehen,
sie die Probe einer genauen Prüfung nicht zu das den Werken des Piero della Francesca und
bestehen. Noch hatte man die Natur nicht bis des Mantegna kaum nachstände. In diesem
in's letzte und kleinste Detail studirt, noch Streben nach Genauigkeit der Zeichnung und
kannte man nicht die wissenschaftlichen Gesetze der Naturnachahmung so wie in der Nachbildung
der Perspektive, und man begriff, dass ganz be- der iiusseren Merkzeichen heftiger Empfindung
stimmte und tiefere Kenntnisse für einen weite- zeigte A. eine entschieden realistische Kraft,
ren Fortschritt der Kunst unerlässlich seien. wenn er es auch zu vollkommenerKorrektheit
Dahernun eineAnzahlKünstler auftraten, welche in der Wiedergabe der Natur niemals brachte.
neue Probleme zu lösen versuchten (auch in der Auch seine plastische Auffassung der Form hat
Skulptur und Architektur), in der Perspektive diesen realistischen Charakter. Dabei hatte er
und Anatomie, oder endlich in der Malerei durch nichts Ideales in seinem Wesen noch in seinem
neue Bindemittel. Zu diesen Meistern, welche Talente; es fehlte ihm an jeder Erhebung des
die höchste Stufe der Kunst vorbereiteten, ob- Geistes, und eine gewisse bäiurische Rohheit
wol sie selber diese nicht erreichten, gehörte hing ihm zeitlebens an. Daher auch Vasari den
auch Andrea; er zählt zu der Gruppe der Dona- Mangel an Reiz und Anmuth in seinen Gestal-
tello, Ghiberti, Brunelleschi, Uccelli, Pesellino, tcn hervorhebt. Damit stimmt ganz überein,
Baldovinetti und Domenico Veneziano, deren dass er im Kolorit den Besseren unter seinen
Zeitgenosse er war. Diese Letzteren, Pesellino, Zeitgenossen weit nachsteht. Eine gewisse Ge-
Baldovinetti und Domenico, machten, unabhän- walt der Darstellung aber wird man ihm immer
gig von Jan Van Eyck, den Flamändern und zuerkennen müssen.
Antonello da Messina, ernste Versuche der Ma-
lerei mehr Glanz, Tiefe und Schmelz zu geben, 11' 36m6 welke-
indem sie die Farbenpigmente mit den Firnissen Von den Anfängen seiner Kiinstlerlaufbahn
mischten, die vorher nur als Deckmittel für die ist nichts bekannt. Wir wissen nur aus seinem
Oberfläche der fertigen Temperamalereien ge- eigenen Zeugniss, dass er lange und schwer sich
dient hatten- A11 fließen Neuerungen nahm An- abarbeitete, Armuth und Krankheit auszustellen
drea keinen unbeträchtlichen Antheil, und so hatte, und dass er 1430 in eben demselben Hos-
hat er zur Entwickelung der Horentinischen Ma- pital von S. Maria Nuova darniederlag, das die
lerel "mm unwesentlich belgetragen- Sage zum Schauplatze seiner angeblichen Misse-
A. wuchs in niederen und ungünstigen Ver- that macht. Aber allmälig schwang er sich zu