640
J 0st Amman.
für Frosehauer thätig war, wie aus seiner"
Zeichnung des Buehhändlersymbols erhellt, das
Froschauer den von ihm verlegten Werken nach
damaligem Gebrauch beizufügen pflegte. Verz.
der Holzschn. N0. 184. Im J. 1560 siedelte er
nach Nürnberg über, wo er bis zu seinem Tode
verblieb. Hier entwickelte er nun eine umfas-
sende künstlerische Thätigkeit, die sowol durch
die Vielseitigkeit des Meisters als durch die
Masse dessen, was er zu Stande brachte, stau-
nenswerth ist. Vorerst wird er nur mehrere
seiner nicht datirten Einzelblätter herausgege-
ben haben, bis sich durch die vom Kupferstechcr
Steph. Herman in Ansbach herausgegebenen
Blätter sein Ruf weiter verbreitete und ihm
viele Bestellungen eintrug. Hier trat er auch
mit Virg. Solis in Verbindung und gab mit ihm
die Folge der französischen Könige auf Kupfer
heraus; den Zeichnern und Formschneidern
Hans und Martin Weigcl stand er gleichfalls
nahe. Den grössten Einfluss auf seine Thätig-
keit hatte aber seine Bekanntschaft mit dem be-
rühmten Buchhändler und Kunstfreund Sigmund
Feierabend in Frankfurt a. M. A. hat für diesen
jedenfalls schon 1563 oder 1564 zu arbeiten
begonnen, da in der von Feierabend verlegten
Frankfurter Bibel von 1564 schon Holzschnitte
von unserem Künstler vorkommen. Ein Viertel-
jahrhundert lang war er dann für diesen Ver-
leger unermüdlich thiitig, und wie dessen
Werke die grösste Verbreitung fanden, so
wurde nun auch der Künstler in den weitesten;
Kreisen bekannt.
A. soll auch die Malerei in Oel und auf Glas
geübt haben, doch lässt sich kein derartiges
Werk von ihm mit Sicherheit nachweisen. Auf-
fallend ist, dass sich vcrhältnissmässig so we-i
nige von seinen Zeichnungen erhalten haben,
wenn es nämlich wahr ist, was Sandrart den
Schüler Amman's, Georg Keller, von seinem
Meister sagen lässt, dieser habe während seiner,
Kellers, vierjährigen Lehrzeit so viele Stücke
gezeichnet, dass sie kaum auf einem Heuwagen
hätten fortgeführt werden können. Das künst-
lerische Hauptverdienst Ammans besteht in der
Illustration für den Holzschnitt. Obgleich er
auch die Radirnadel mit Geschick handhabte und
uns mehrere werthvolle Arbeiten, besonders
Bildnisse, in dieser Form hinterlassen hat, so
bewährte sich doch sein Talent hauptsächlich in
der Zeichnung für den Holzschnitt. Da zu jener
Zeit die Formstecher eine eigene Zunft und zwar
von zahlreichen Mitgliedern bildeten, so lieferte
der Künstler meistens nur die Zeichnung (oft auf
dem Holzstock selbst), die der Formstecher
mehr oder weniger künstlerisch ausführte. Das
wird auch bei Amman der Fall gewesen sein.
Dass er aber selbst das Schneiden verstanden
und zuweilen geübt hat, erhellt aus dem Schnei-
demesser, das er manchmal seinem Mono-
gramme beifügt; und gerade die Blätter, auf
denen dasselbe sich findet, zeigen mehr künst-
lerischen Charakter und eine schärfere Be-
stimmtheit der Zeichnung. Z'u ihnen gehört ins-
besondere die Folge der Kartenblätter, die ganz
das Gepräge der Eigenhändigkeit des Schnittes
an sich tragen.
A. war mit seltenen Gaben ausgestattet,
die seine wunderbare Betriebsamkeit uner-
miidlich auszubeuten wusste. In einer besseren
Zeit und unter günstigeren Verhältnissen, die
ihm eine höhere Aufgabe als die Hiichtige Illustra-
tion gestellt hätten, wäre er ohne Zweifel eine
Zierde der deutschen Kunst geworden. Aber
indem er alle Kräfte dem Illustrationswesen
widmete und der vielfachen Nachfrage in diesem
Fache rasch genügen musste, fand er die Zeit
nicht, die Natur gründlicher zu stndiren, und
ebenso musste diese Schnellzeichnerei der
künstlerischen Durchbildung Eintrag thun. So
kam in seine Darstellungen eine stehende Ma-
nier, die freilich auch in dem allgemeinen Cha-
rakter der damaligen Kunst begründet war.
Doch behalten seine Blätter immer den grossen
Werth, uns ein wahres und lebendiges Bild jener
Zeit zu geben und so zur Kulturgeschichte der
Epoche einen wesentlichen Beitrag zu liefern.
Seine Schilderung erstreckt sich auf die ver-
schiedensten Gebiete des Daseins, sowol auf die
Beschäftigungen im friedlichen Kreise der Fa-
milie als auf die stürmischen oder abenteuer-
lichen Szenen des Kriegs- und Lagerlebens; er
weiss alle Stände in der Mannigfaltigkeit ihrer
Berufsarten vorzuflihren und überall in Kleid
und Sitte das Charakteristische der Zeit treifend
hervorzuheben.
Wie schon bemerkt, sind die noch erhaltenen
Handzeichnungen des Künstlers nicht so häuüg,
als man glauben sollte. Die Aechtheit der in
verschiedenen Auktionskatalogen erwähnten
Blätter ist zumeist zweifelhaft: gewöhnlich sind
die Bezeichnungen der Besitzer ohne Kritik auf-
genommen. Einzelne der durch Stich oder Pho-
tographie verötfentlichten Zeichnungen (s. im
Verz. b). Im Berliner Kupferstiehkabinet
ündet sich eine reiche Anzahl fast durchgehends
lleissig ausgeführter Originalzeichnungen (Fe-
der); wir führen die vorzüglichsten hier an. Sie
sind sämmtlich in 4., wo nicht ein anderes Maß
angegeben ist.
Ein Quartbüchlein, stammbuchartig eingerich-
tet,-im J. 1615 im Besitze des Georg Püntzing,
enthält von unserem Meister eine Vignette, ein
Wappenschild, 6 Bll. Kinder, einzeln mit Früch-
ten, oder in Gruppen. Ferner: Abraham will
Isaak opfern. J udith mit dem Kopf des Holo-
fßfnßs, ganze F ig. H1. Hieronymus mit dem
Löwen. 9 mythologische Bll : Ikarus, Fama,
Pomona, Venus, Ganymed, Vulkan, Neptun,
Mars Venus und Amor, Herkules. 2 Bll. Rei-
tende Soldaten. Ein Fahnenträger. Drei
Bll. Landsknechte (Studien zum Reissbiich-
lein). 2 Bll. Allegorien. Der von drei Hun-
den angefallene Hirsch, braun schattiit.