Volltext: Aa - Andreani (Bd. 1)

584 Giovanni Antonio Amadeo. 
 
geren Antheil daran hatte. Wahrscheinlich im thurmartigen Fi-alen zur Ausführung brachte, 
Herbst 1499 war er ganz nach Mailand zuriick- welche auf den vier Kuppelpfeilern als Gegen- 
gekehrt, und im J  1503 die Kuppel in der Haupt- last sich erheben. Noch heute heisst die eine 
sache vollendet, wenigstens bis zu der Lanterne, dieser Fialen derngugliotto delAmadeou. An dem 
die gleich der Kuppel aus dem Achteck gebildet Pfeiler, den sie krönt, führte er eine Schnecken- 
ist und selbst wieder eine kleine Kuppel trägt. treppe auf, deren Konstruktion damals neu war; 
Bald darauf aber scheinen andere Architekten, und oben am Ende der Treppe in einer kleinen 
insbesondere Andrea Fusina und Cristoforo So- Nische liess er sein Bildniss in Relief anbringen 
lari, die Gediegenheit des Baus, sowol seinen mit der Inschrift: Jo. Antonius Homodeus Ve- 
Bestand an sich als seine Fähigkeit den Thurm nere. Fabrice Mli. architectus. Es ist das ein- 
zu tragen, der sich darüber erheben sollte, in zige Bildniss, welches sich im Dome findet von 
Zweifel gezogen haben; sie wussten es dahin zu den vielen Architekten, die daran beschäftigt 
bringen, dass sich Amadeo 1508 vor einer Ver- gewesen. Dass er selber dort sein Andenken 
sammlung der Bauvorsteher gegen die Einwände überliefern wollte, ist wol anzunehmen, da man 
jener Baumeister zu verantworten hatte. Er ihm schwerlich nach jenenBeschuldigungendiese 
stand damals allein; sein Beschützer Lodovico Ehre hätte widerfahren lassen. 
Moro war schon 1500 gestürzt und sein Genosse Sonst scheint er in den letzten Jahren seines 
Dolcebuono 1506 gestorben. Zwar stellten sich Lebens kaum mehr thätig gewesen zu sein. Wir 
manche Meister auf seine Seite, und es bildeten wissen nur noch, dass er 1513 nach Lodi berufen 
sich zwei förmliche Parteien; allein, wie auch wurde und dort den oberen Theil der Kirche der 
seine Vertheidigung ausgefallen sein mochte, Incoronata mit einer Brüstung schmückte.  
zur Fortsetzung des Baus wurde er nicht zuge- Was aber seine Mailänder Kuppel anlangt, so 
lassen. Man scheint insbesondere getadelt zu ist dem Meister im vorigen Jahrh. die Gerech- 
haben, dass die Kuppel, auf vier Pfeilern sich tigkeit erwiesen worden, welche ihm seine Zeit 
erhebend, dennoch aus dem Achteck gebildet vorenthielt. Um 1750 dachte man endlich daran, 
worden und somit ein Theil derselben in der zur Vollendung des Kuppelbaus darüber die 
Luft stände; wenigstens machte ihr dies der hohe thurmartige Fiale zu errichten. Das Gut- 
Anonymus des Morelli, der seine Notizen nicht achten der Sachverständigen ergab, dass man 
lange nach jenen Verhandlungen schrieb, zum ohne Gefahr und ohne Aenderung der Kuppel 
besonderen Vorwurf. Man glaubte daher, dass das Werk unternehmen könne. Und so geschah 
die Fortsetzung des Werkes Gefahr bringen es denn auch; freilich nach einem neuen Ent- 
könne  der Anonymus bemerkt, die Kuppel Wurf (des Architekten Croce) , da das alte M0- 
könne nicht gut vollendet werden  in der dell des Amadeo nicht mehr aufzufinden war. 
That wurde der Bau eingestellt und erst um die Seitdem ist die vollkommene Sicherheit von 
Mitte des 18. Jahrh. wieder aufgenommen. J eden- Amadeds Bau festgestellt. Von ihm ist wol auch 
falls War Amadeo 11m den Ruhm Seiner Arbeit, in der Hauptsache der Entwurf für die äussere 
fast um sein ganzes Ansehen gebracht; man Form der Kuppel: ein gradliniger achteckiger 
ging damit um, ein neues Modell anfertigen zu Körper mit gothischem Detail und gekrönt von 
lassen, und zudem wurde Ende 1519 an seiner mächtigen Fialen, der dem ganzen Bau geschickt 
Stelle Crist. Solari zum Baumeister des Domes angepasst ist. 
ernannt. Der Meister war damals schon ziem- 
lich hoch bei Jahren; die mancherlei Kränkun-   
gen und Aergernisse aber, die er als Dombau- VL Charakteristik 
meister erfahren, scheinen sein Ende beschleu- Die Bedeutung des Meisters für die oberita- 
nigt zu haben. Wie sehr ihm der Dombau am lienische Kunst des 15. Jahrh. ist erst neuer- 
Herzen gelegen, erhellt aus dem Umstande, dass dings an den Tag gekommen; der hervor- 
er im J  1514 an die Bßllvorßtehßr eine Sohen- ragende Antheil, den er an der Ausbildung der- 
kung unter Lebenden machte, bestehend in selben nahm, erheischte diese ausführlichere 
einem Grundbesitz von 420 Ruthen im Gebiete Darstellung. Zudem fallt durch diese neuen 
von Giovenzano, von dem er sich nur den Niess- Nachrichten einiges Licht auf die Entwickelung 
brauch vorbehielt, und in der jährlichen Summe der lombardischen Kunst des Quattrocento, die 
von 200 Lire, die er zur Ausstattung von Töch- bis jetzt noch wenig aufgeklärt ist. Insbesondere 
tern der am Dom beschäftigten Bildhauer be- hat man die lombardische Architektur jener Zeit 
stimmte. Nach jenen bitteren Erfahrungen zu ausschliesslich als ein Werk des Bramante 
mochte er diese Freigebigkeit bereuen; wenig- von Urbino angesehen oder wenigstens zu all- 
stens setzte er für den Rest seines Vermögens gemein mit dessen Namen den eigenthümlichen 
in seinem Testament vom 21. Mai 1520 einen Stil derselben bezeichnet. Als das vorzüglichste 
Verwandten zum Erben ein. Er starb 75 J  alt Denkmal dieses Stils ist aber die Fassade der 
den 27. Aug. 1522. Certosa bei Pavia zu betrachten, nicht als eine 
Seit 1503 war der Kuppelbau eingestellt wor- vereinzelte Erscheinung, die ohne Beispiel für 
den; doch ist wahrscheinlich, dass Amadeo noch sich allein stünde. In der venezianischen Re- 
während jener Berathungen eine der grossen naissanoe finden wir ganz verwandte Bauten, so-
	        
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