566 Niccolö Alunno.
mit männlicher Strenge eigenthümlich; er be- zenen Ton hat, welchen die Umbrier von den
sitzt vollständig die Energie der Darstellung, Sienesen überkommen haben. Zu jener Zeit
welche die ältere iiorentinische durchweg von scheint überhaupt A. in Diruta gearbeitet zu ha-
der übrigen toskanischcn Kunst unterscheidet. ben. Denn noch ist daselbst eine auf beiden Sei-
Alunno, wahrseheinlich in Fongno zu der Zeit ten bemalte Prozessionsfahne erhalten, welche
geb, als der liorentinische Einiiuss dorthin ge- für die Briiderschaft von S. Antonio Abate
langte, wuchs in Umbrien unter diesen Verhält- gefertigt W31" (S- Verz- Ne- 2)- Auf der einen
nissen auf Es ist sehr möglich, dass er Benozzo Seite der hl. Antonius und die Kreuzigung; auf
selber zum Lehrer hatte, und jedenfalls hat er der anderen zwei Heilige und die Geieeehlng-
sich nach dessen Werken gebildet. Doch erfuhr Die Engel in der Klellzigung erinnern inSbesen-
er noch andere Einwirkungen, die sich damals dere an diejenigen Bertelemmeewe (Ü Telnlne-Se,
in Umbrien geltend machten Piel-O (19113, Frau- während der Heiland in der Weise des Benozzo
cesca hatte eine andere Spielart der florentini- gehalten ist-
schen Kunst nach den Marken gebracht; nach Etwas später finden wir Alunno vielfach in
dieser bildete sich Signorelli aus und trug so zu Assisi beschäftigt. Doch ist von einem Haupt-
der Ausbreitung einer zweiten Form des um- werke daselbst, den Malereien, womit er, wieVa-
brisch-tlorentinischen Stiles bei, welche in ihrer sari berichtet, die ganze Fassade der Kirche S.
herben Kraft die Vorstufe zu Miehelangelds Maria degliAngelibedeckte,niehts mehrerhalten.
Kunst wurde. Dazu kam endlich eine dritte Rich- Vorhanden sind dagegen noch: Eine verstüm-
tung, welche einen von jenen ganz verschiede- melte Kreuzigung an dem I-Iochaltar von S. Ori-
nen Ausgang genommen. Fast gleichzeitig mit spino, Eine Maria der Barmherzigkeit mit Hei-
den Florentinern hatten einige venezianische und ligen und Szenen aus dem Leben des hl. Ru f i
paduanische Meister für ihre Malereien in den nusin derBrüderschaft gleichenNamens(s.Verz.
Städten der Marken Absatz gefunden; insbeson- No. 3 und 4). Diese Bilder, zum grosseu Theil
dere Antonio und Bartolommeo Vivarini und ihr beschädigt, gehören indess nicht zu den bemer-
Schüler Crivelli. Diese hatten eine Mischung kenswerthen Arbeiten des Meisters. Ebenso eine
von venezianischer Art mit der des Mantegna Fahne, früher in S. Francesco zu Assisi und
eingeführt. Es war eine seltsame Vereinigung noch kürzlich in der Sammlung Ramboux zu
von byzantinischen und plastischen Formen, die Köln; auf ihr ist die Jungfrau dargestellt,
eher Gebilde von Stein als die Natur nachahm- welche fiir das von der Pest heimgesuchte Volk
ten; mit gewöhnlichen und verzerrten Typen, die Hiilfe des Heilands ertlcht (Verz. No. 5).
aber wirksam durch die Gewalt, mit welcher die Besser ist das Brllehßfüek Einer Mßdenna mit
Leidenschaft darin ausgedrückt war, überhaupt Heiligen nnd Engeln im Dem Zll Assisi. Hier
von grosser Kraft der Darstellung, und daher sind besonders die Heiligen und die Figuren der
W01 im Stande zahlreiche Bewunderer zu ünden. Predella von guter Bewegung und regelmiissigen
Alunno, den man, obwol dies öfters geschehen, Zügeni Während die Jungfrau um? die Engel
nichtgerade einengrossenKünstlcrnennenkann, mehr das Ungelenke von Benozzos Gestalten
verstand es in den verschiedenen Perioden sei- haben (Verz- NO- 6b
ner Thätigkeit zwischen 1450 und 1500 jene Diese Gemälde gehen wol einer grossen Altar-
eigenthiimlicheu Ziigc der Florentiner, Venezia- tafel vom J. 1465 voraus, von welcher verschie-
ner und Paduaner bis zu einem gewissen Grade dene Abtheilungeu (nicht vollständig) als ge-
zu verbinden, ohne das besondere umbrische trennte Bilder in der Brera zu Mailand hän-
Gepräge zu verlieren, das seinen letzten Aus- gen (Verz. No. 7). Das Hauptbild stellt die
druck in Perugino finden sollte. Er war der Jungfrau mit dem Kinde von einem Engelchor
Schüler des Bartolommeo di Tommaso von Fo- umgeben vor, die Bruchstücke einzelne Gestal-
ligno, welcher Gehülfe des Benozzo Gozzoli ge- ten von Heiligen. Die Starrheit der Figuren, die
Wesen. Dass er, wie bemerkt, in seiner Jugend Verzerrung der Züge, die scharfe höchst ent-
persönlich mit dem Florentiner bekannt war, schiedene Färbung machen das Werk wenig an-
scheint auch das erste der von ihm erhaltenen ziehend. Weit günstiger wirkt ein Bild vom
Gemälde zu bestätigen, das schon eine gewisse J. 1466, das von der Brüdcrschaft der S. Anuun-
Reife bekundet Es ist 1453 darin und wird ziata zu Perugia bestellt war und sich jetzt in
jetzt in der Kirche S. Francesco zu Diruta der Galerie daselbst befindet; Die Verkiindi-
aufbewahrt. Diese Altartafel, daran die Flügel- gung mit Gott-Vater in der Glorie, welcher den
bilder und die Predella fehlen, stellt die Jung- hl. Geist hefnbeendet, und mit den hh. Philipp
frau zwischen den hh. Bernardino und Franzis- und Jnliene (VeYZ- Ne- 3)- Der Verkündende
kus vor, welch Letzterer zu seiner Seite die Engel ist durch seine natürliche und heitere An-
kleine Figur des Donators hat (s. Verz. No. 1). muth sehr ansprechend, die Madonna von be-
Die Gruppe zeichnet sich durch stille Sammlung scheidener Liebenswürdigkeit, in den Figuren
und zarte Innigkeit der Empfindung aus, wenn überhaupt mehr Weichheit und Fluss. Doch ist
auch die Figuren in der Zeichnung mangelhaft, auch hier die Nachwirkung von Benozzds Bei-
in der Haltung nicht frei von Steifheit sind und spiel noch fühlbar. Dass diese einen charakte-
die Färbung jenen braun-röthlichen, verschmol- ristischen Zug seiner ganzen Thätigkeit bis zum