Volltext: Aa - Andreani (Bd. 1)

Antonio Allegri. 425 
unmittelbar an die Natur erinnert; Correggio der aus der Nähe gesehen zu grell wirkt, in der 
hebt weit mehr den Ton hervor, den es von der richtigen Entfernung aber, gesänftigt und ge- 
leuchtenden Luft empfängt. kühlt durch die dazwischenliegende Luft, das 
Auch die Lokalfarbe der Gewänder, der richtige Ansehen gewinnt. Die Wirkung dieser 
Landschaft mildert Corrcggio in dem überall Fresken, so lange sie wol erhalten waren, muss 
hindringenden Licht. Wo lebhafte Farbe noth- in Licht und Farbe wunderbar gewesen sein; 
wendig ist, bricht er sie doch wieder durch die hier bildete der Strom der Lichter und Reflexe 
einfallenden Halbtöne , während er andrerseits mit allen Abstufungen bis zum Uebergang in die 
jedem Schatten den der Farbe des Gegenstan- dunkleren aber doch noch aufgchellten Schatten 
(ißß entsprechenden T011 gibt. Glänzende Fer- das lebendige Band zwischen den verschiedenen 
ben haben bei ihm nur die Wirkung, das milde Gruppen, Von seiner Dßmkllpljßi sagt der 011g- 
edelsteinartige Leuchten des Ganzen zu erhöhen. lische Malcr Wilkie , der in seinem Urtheil ein 
In demselben malerischen Sinne behandelt er feines koloristisches Gefühl bekundet; nDie Wir- 
auch sonst die Gewandu n g. Er charakterisirt knng des Ganzen ist höchst mannigfaltig durch 
keineswegs die Stoffe, wie z. B. die Venezianer, verschieden gefärbte Lichter und Schatten, 
die mit dem Schimmer von Seide, Sammet und welche die grösstmögliche Wirkung und Har- 
Brokat die höchste Farbenpracht zu erreichen nionie hervorbringen, und in der Färbung das 
wissen; auch ist es ihm nicht um rythmischcn reichste und schönste Fresko, das ich gesehen 
Faltenwurf, nicht um sorgsame Zeichnung zu haben. 
thun, sondern um malerische Anordnung und Noch ist zu bemerken, dass das unserem Mei- 
breite Massen, darauf das Licht mit zarten ster eigenthiimliche Helldunkel wesentlich von 
Uebergängen zu spielen vermag. Diese Behand- jenem verschieden ist, welches die Malerei Rem- 
lung der Gewänder, als ein wesentliches Moment brandts kennzeichnet. Bei diesem beleuchtet 
der Wirkung, ist in den folgenden Epochen viel- ein scharf einfallendes Licht eine einzelne Par- 
fach zum Muster geworden. tie, während alle anderen alhnälig in das umge- 
Nicht selten weiss Correggio den malerischen bende Dunkel zurücktreten und nun diese Ueber- 
Reiz seiner Bilder durch die landschaftlich c gänge das Helldunkel bilden. Bei Correggio ist 
Umgeb ung zu erhöhen, in deren Darstellung Alles licht, auch die tiefsten Schatten; eine Wir- 
er schon nach dem Zeugnisse Vasayiis von kei- kung in der Art der Rembrandtschen findet sich 
nem Lombarden und, wir können hinzufügen, mir iii Der Naßilt und im Christus am Oeiberge- 
von keinem Flol-entinel- übertrofel] wol-den Es ist der Unterschied der italienischen und der 
Auch in dieser, in der Landschaftsmalerei, muss ilortlißßilen Kunst, der SiCii in jenem Gegensätze 
er unter die ersten Meister gezählt werden. Na- ausspricht. In jener sind die Kontraste gemäs- 
mentlich verstand er bei allem Naturcharakter sigt und ausgeglichen durch ihr harmonisches 
ihr den grossen idealen Zug zu geben, den sie Ineinanderwirken.  
als Hintergrund für die Figuren der historischen Wir haben gesehen, dass bei Correggio die 
Malerei haben muss. Eigenthümlich war er auch koloristische Wirkung vor Allem im Spiel des 
hier. Ihre hl. Familien und mythischen Figuren Lichtes und Helldunkels beruht, und die Farbe, 
Setzte" die Maler Vßr ihm, auch Leonardo IIOCh, so glänzend sie öfters ist, im Wesentlichen nur 
in phantastische Landschaften mit weiten Fer- die Rolle hat jenem Spiel mehr Fülle und Kraft 
nen und ungewöhnlichen Bergformen. Correggio zu geben Diese Auflösung der Farbe als 301- 
hält sich näher an die Natur und gibt Zumeist cher, darin ihre Besonderheit zurücktritt, nimmt 
reiche Baumgruppen mit nliiclltigen Stämmen bei dem Meister zu, je mehr seine Kunst ihre 
und üppigem Laub, die einzelne Dllrchblißke ge- Eigenthümlichkeit entfaltet. Ein Unterschied 
währen auf eine miissigbewegte in schimmernde zeigt sich hier namentlich in der Behandlung 
Luft getränkte Ferne. Ein Walddunkcl, das des Nackten. Die Bilder der früheren Zeit, 
aber von mildem harmonischem Licht ganz er- etwa bis zur liladonna des hl. Sebastian, haben 
füllt ist. Auf diesem tieferen Grunde, dessen noch einen warmen bis in's Glühende gesteiger- 
Grün in"s Smaragdne spielt, ergliinzt hell das tenTon, während den späteren jener leuchtende 
Fleisch, während doch das gebrochene Licht und doch in ein zartes Grau gebrochene Glanz 
der geschlossenen Landschaft die weiche Wir- eigen ist, der der höchste Zauber der Malerei 
 kung des Helldunkels begünstigt.  Versetzt genannt werden kann, sofern in dem Alles um- 
aber der Maler seine Gestalten, wie in den Kup- fiuthenden Licht alle Stoff lichkeit getilgt und 
peln zu Parma, in das freie Himmclslicht, so doch der Charakter der Farbe noch gewahrt ist. 
lässt er die Wolken den dunkleren Grund für die Eine solche Vollendung der Malerei war na- 
lichten Figuren bilden, oder hebt die eine Gruppe türlich nur möglich durch die vollkommenste 
heller von der anderen ab, die mehr im Schatten Herrschaft über die technis chen Mittel; 
gehalten ist. in dieser Beziehung hat Correggio alle seine 
Denn auch der Freskoin alerei verstand er Vorgänger übertroffen. Er hat damals neben 
die gföggte Wirkung zu geben. Hier verlieh er den Venezianer-n, aber in eigenthümlicher Weise 
dem Nackten in den Schatten die äusserste und etwas vor ihnen, der Oelmalerei ihre höchste 
Wärme, fast bis zum entschieden rothen Ton, Ausbildung gegeben. Ihren Gebrauch hat er wol 
Meyer, Künstler-Lexikon. I. 54
	        
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