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jenige der Danae, das die süsse Erwartung be- jener Einflüsse , eine von der Antike wesentlich
geisterter Lust begleitet. Und ob die Genien die verschiedene ist.
muthwilligen Genossen solcher Liebcsszenen Rafael und Michelangelo dagegen hatten sich
sind oder um die thronende Jungfrau den heite- viel mit dem Alterthum beschäftigt, jeder in die
ren Reigen bilden, immer ist es dieselbe Zu Kunst des Zeitalters tiefer es aufgenommen;
Scherz und Lust versammelte Schaar. Man kann beide blieben mit ihm in fOi-iiviiiii-eiidei- Bei-iih-
OS tddelh, das dem lllibler jeglicher Sioiil, das rung, auch wenn sie nicht unter seinem unmit-
Christenthum nicht minder wie die griechische telbaren Einduss standen. Dadurch aber musste
5329i 111W Zu lihhefßhgehel"Achsserhhg Solche? ihnen der Gegensatz dieser heidnischen zur
Lebensfreude Anlass gegeben. Von kirchlicher christlichen Welt deutlich in's Bewusstsein tre-
Feieilißhkeit ist, die hldddilliil dCS hl- PlTMIZi-S- tcn. Daher wol kam es hztuptsiiclnlich, dass sie
kus, sein erstes Jugendwerk, ausgenommen, in der Darstellung christlicher Stoffe den Aus-
auch in seinen Altartafeln nichts zu spüren, und druck des Heiligen, Göttlichen zu retten such-
Tiefe der religiösen Empfindung oder den Aus- tcn. Zudem lebten sie im Mittelpunkte der kirch-
druck einer das Menschliche übersteigenden lichen Macht; hier musste, auch inmitten ausse-
Göttlichkeit wird man in keiner seiner rcr und innerer Umwälzungen, die kirchliche
christlichen Gestalten finden. Unternimmt er es Kunst einen grossen und feierlichen Charakter
den Heiland in seinen schweren Leidensmomen- zu bewahren streben. Mit Einem Worte: sie ver-
ten zu schildern, so erregen diese Figuren wol hielten sich zu der heiligen Geschichte nicht
ein tief menschliches Mitgefühl, aber nichts we- naiv. Ihr innerer Zusammenhang mit diesen
nigcr als den Schauer der Ehrfurcht. Insbcson- Dingen, mit der christlichen Empiindungsweise
dere aber machen seine Madonncn wie seine war so gut wie vollständig gelöst; aber lllaria
Jesuskinder keinerlei Anspruch auf einen gött- musste noch immer die göttliche Jungfrau sein
liehen Beruf, noch geben sie sich den Ausdruck und das Kind in seinen Zügcn den Beruf des
einer in das Ueberweltliche ragenden Seele. Weltcrlösers verkünden. Gelang es auch nicht
Kein Zweifel 7 diese Verw Biiiiciiiing des mehr diesen Gestalten eine heilige ahnungsvolle
Chi-isieiithums, weiche übgi-liaupt im WO- Weihe zu verleihen, so liess s1cl1 ihnen doch der
Seil dei- Renaissmice lag, hat sich in keinem Ausdruck bedeutsamer Grösse oder einer das
Meister derselben so gründlich und so cntschic- Mßlißßhliche iihermgehdeh Schönheit geben-
den Vdilldgßhi als ih Coiietläio- Diese merk" In ganz anderem Falle befand sich Correggio.
würdige Thßißaßlle nähe? Zil Wiildigehi gehöTt Ihn hinderte nichts, auch für kirchliche Zwecke
wesentlich zur Kenntniss des Meisters. die heiligen Gegenstände ganz so wie Haine
Dass dem so sei, dass Corrcggio das Christ- künstlerische Natur ihn antrieb zu behandeln,
liche, den damals noch lebendigen Inhalt des ohne jeden Itlintergedanken, ohne jene Absicht
religiösen Bewusstseins, in der künstlerischen den über-weltlichen Charakter auszusprechen,
Darstellung noch mehr verweltlicht habe als welche z.B.Rafael'sTranstiguration kennzeich-
Michelangelo und Rafael, kann zunächst befrcm- nct. Er stand nicht in jenem näheren Verhält-
dend erscheinen. Denn weit weniger hatte er niss zur Antike, das zugleich zum Gegenszttz
jedenfalls von jener humanistischen Bildung, wurde; ebenso war er dem Kampfc, den die
welche mit der Erweiterung des Geistes die Kirche zu bestehen hatte, ferner gerückt. Und
Schranken der religiösen Verstellung einriss; so zeigt Correggio ganz unbefangen, wie weit
auch fehlte ihm das vertrauliche Verhältniss zur in ihm die Kunst mit den religiösen Stoifen und
Antike, das jene Meister in Rom eingegangen ihrer heiligen Bedeutung fertig geworden war.
hatten. Die Einflüsse des Alterthums hatte er Indem er ihnen gegenüber den lediglich künst-
aufgentimmen, soweit davon das ganze Leben lerischen Standpunkt einnimmt, vollzieht er in
damals durchdrungen war; soweit Sie ihn aber der hIalcrei unabsichtlich die Auflösung des
_in seiner Kunst zu fördern vermochten, durch Glaubens, des kirchlichen Christen-
die Schule des Mantegna empfangen. Eigene th ums. Er, im engsten Kreise aufgewachsen
Studien nach der Antike hatte er nach den Lehr- und somit, sollte man glauben, der altherge-
jahren wol kaum mehr gemacht, von ihrer An- brachten Macht kirchlicher Vorstellungen noch
schauungsweise nur durch dritte Hand Kennt- unterworfen, gerade Er zeigt sieh von ihnen
niss erhalten. Er nahm daher zu ihr eine freier-e vollständig losgelöst und behandelt ihre Stoffe
Stellung ein, ohne doch der Vortheile ihrer all- wie rein menschliche, in natürlicher Erschei-
gemeincn Einwirkung zu entbehren. Uehertlies nung, deren ideale Bedeutung lediglich auf dem,
sicherte ihm seine eigene Natur der Antike ge- Zauber ihrer Schönheit beruht. In ihm that da-
genüber eine entschiedene Selbständigkeit. Vcr- her die Kunst der Blütezeit den letzten und ente
wandt mit ihr war ihm die Freude an der Er- scheidenden Schritt zur Loslösung von den
seheinung, darin das innere Leben unbefangen Schranken des kirchlichen Glaubens, von der
zu Tage tritt; ganz verschieden jedoch von der J enseitigkeit der christlichen Gestalten. Drückt
Kunst des Alterthums war seine rein malerische Sie Yidßh ßill Göttliches aus, S0 besteht dies nur
Anschauung. Daher auch seine Behandlung der in dem gcläuterten Reiz, dessen die menschliche
Körperform wie der Gewandung, unbeschadet Natur überhaupt, ohne Bezug auf ein göttliche?!