Antonio Allegri. 409
Und dem ist er ohne Wanken treu geblieben. nicht wahrscheilnliclä, dgsst Coäreggio diedSPge
Ein deutlicher Unterschied lässt sich innerhalb der Antiope un in em a yr en verwan e ten
dieser zweiten Periode höchstens in der Behand- Zeus als bacchisehen Walddämonen habe dar-
lung des Kolorits wahrnehmen; und auch dieser stellen wollen. Vielmehrzeigtlder Bogen in der
ist ein solcher nicht, der eine neue entschiedene Hand des schlafenden Weibes einfach eineWald-
Abtrennung zuliesse. Nach den erhaltenen Wer- nymphe an, die im heimlichen Dickicht von der
ken zu scliliessen, deren Zeit ungefähr anzuge- Jagd auszuruhen scheint, und die Gegenwart des
ben möglich ist, scheint nämlich, dass Correggio ebenfalls schlafenden kleinen Genius, des Amors,
bis zum J. 1524 etwa, also bis zur Vollendung erklärt sich bei Correggio ganz von selbst. Zlllll
der Malereien in S. Giovanni, in der Färbung des Verständnisse des Bildes ist jedenfalls jede Sdage
Fleisches (wie überhaupt) einen wärmeren in's vollkommen überflüssig und eier ein Irin er-
Gliihende gesteigerten Lokalton hat, dagegen niss. Wir haben früher schon gesehen, dass der
seitdem die Wärme und Lokalfarbc des Flci- Meister um die eigenthiiniliehe Bedeutung der
sches immer mehr in ein feines Lichtgrau ab- mythologischen Gestalten die er meistens wol
tönt und auflöst, das den farbigen Schein in die auch nicht kannte sich wenig kümmerte und
schimmernde Hülle einer mild durchleuchteten ihre Schönheit frei benutzte, um seine sinnlich
Luft hereinnimint. Immer mehr wirkt nun der heitere Anschauung eines in's Ideale erhobenen
Zauber des Helldunkels an sich, der die Farbe Naturlebens zum Ausdruck zu bringen. Das
vcrgeistigt und gleichsam verzehrt. Ausserdem Bild erklärt sich ganz von selbst und fordert
lässt sich noch von manchen der späteren Werke nicht im Mindesten heraus an bestimmte Figuren
sagen, dass sie eine grössere Freiheit ungewöhn- der griechischen Sage zu denken.
liellei Bewegung Zeigen? allein Von allen gilt des Die siisse Ruhe des Schlafes ist vielleicht nie
nicht, (in in der Gegenstand den Chdrelfter fier anziehender geschildert werden. In einem warm
Beweäilieiii mitbestimmt; dndessen ist in ein" durchleucliteteii Waldduiikel liegt die Nymphe
gen der Bildergwelche, w" noch zu betmchlien auf ansteigendem Boden, völlig nackt, die üppi-
habcn, zwar keine heftig? Bewegungl aber eine gen Glieder in der natiirliehsten Ruhe nachlässig
solche, Welche den, geheimsten llloldenten der gelöst, den einen Arm iiber das zuriickgelehnte
Natur abgelauseht ist und daher zu ihrer Dar- Haupt gelegt von ergießt sich das Licht über
stelliing die vollste Sicherheit in der Belierr- die breiten Flächen des Körpers, der von einem
schlmg der Fifniwn voraussetzt; Dies Zusilmmen- blauen unter dem Rücken liegenden Tuclie schim-
gendmmen mit Jenen] Unterschied des Llchttons mernd sich abhebt; nur auf dem Haupte mit dem
und der zunehmenden Auflösung der Lokalfarbe Arme spielt im Hendmlke] ein plalbschatten, da-
kann vielleicht mit einigem Rechtndazu dienen, rin der Ausdruck des Lebens, der Stillen Bewe_
die Zeit der Bilder wenigstens annahernd zu be- gung des Athmens noch gesteigert erscheint
stimme" Neben ihr liegt beflügelt der lieblichste Amor,
Demzufolge Wäre von den mythologischen tief in Schlaf so natürlxhfvärsunken, wiä nur
Malereien das unter der Bezeichnun Jupiter ein Kind es vermag. u er anderen eite,
und Antiop e bekannte Bild iIl der äßlßiiß des mehr in das Dunkel des Waldschattens zurück-
Louvre zu Paris ZiwYSt Zll Setzen. ES befand tretend, ein bockfiissiger Satyr, ein inährehen-
sich 1627 in dßisßininlnng der Herzöge Von Mnn- liaftes Wesen und doch Fleisch und Blut, vor
tnil (S- die Gesßlliellie des Bilden VCYZ- d) NQ- 3ll- dem Baumstamnie her, daran die N m he ruht,
Ueber seine Entstehiingszeit und ursprüngliche das Gewand emporhebend, das er eldeii), um der
Bestimmung fellli? jede Ndelirielii- Die Verinn- vollen Nacktheit ihres Körpers sich zu freuen,
thilng Pnngilednils: es nei in jener Zeit gemalt, zurückgezogen zu haben scheint. Rings eine
als sich Correggio nach Beginn seiner Malereien jenerbezauberndenWaldlandscliaften mit Durch-
in S. Giovanni des Krieges halber ,VOI1 Parmfl blick in eine leuchtende Ferne, wie sie einzig in
wieder entfernt habe, also im J. 1521, ist ohne ihrer Art der Meister zu malen verstand, von
jede geschichtliche Grundlage. Dennoch mag grossem Zuschnitt der Formen, tief leuchtendem
das Bild ungefähr in diese Zeit fallen. Es hat Laub und mit dem vollen Hauch den Natur.
wie schon die Vermiilung der hl. Katharina im Auch die Schatten in dem dunkleren Fleisch des
Louvre, die wol dem J. 1518 zuzuweisen ist Satyr warm und licht, die vollendet modelhrten
ln- p. 368), den warmen in vollem Lichte gliihen- Glieder sehwellend und sich rundend in den fein-
den Fleischton und mag nur, ausgezeichnet durch sten Uebergängen, die Formen von merkwürdi-
einc breitere Fülle des Lichts und die vollendete ger Naturwahrheit, aber breit und gross gesehen.
Sicherheit der Behandlung, einige Jahre später Hart streift der geschilderte Moment die Grenze
entstanden sein. Auch jene Bezeichnung des des Anreizes zur sinnlichen Lust, und doch ist
Gegenstandes beruht auf keiner historischen die Darstellung ganz frei dßV0n; Sie gibt llic
Ueberlieferung; erst neuerdings ist jener Name leuchtende Schönheit des nackten Leibes preis,
aufgekommen. Es galt früher einfach für eine ihrer unbewusst hingestreckt in der reinen Lust.
Schlafende Venus; in dem Inventar der Gonzaga des Schlafes, tllindldel" Sdiyih lfiäigigänwdliilgt
von 1627 ist es als vVcnus und schlafender Cu- nur, Wie Wer l S0 die eldn ei in de 1'019
Pidß und ein Satyru bezeichnet. ln der 'I'hat ist Auge zu betrachtendem Genuss zu fesseln. Eine
Meyer, Künstler-Lexikon. I. 52