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Antonio
Allergri.
Vecchio lag und auf das Freie hinaussehend Auch seine Arbeitslast wie seine Arbeitskraft
einerseits an die Stadtmauer andrerseits an die waren ungeschwächt, unverkümmert. Zwar eine
nölfentliche Strassec grenzte, in der Gegend, grössere Anzahl von Werken scheint in den
welche zu Tiraboschfs Zeiten iiLe ca rotten hiess. letzten vier oder fünf Jahren vor seinem Tode
Es ist anzunehmen, dass Pomponio das Haus nicht entstanden zu sein; was ja ohnedem bei
vom Vater geerbt und dieser darin gewohnt der Sorgfalt, mit der er alle Gemälde vollendete,
hatte. auch seine staunenswerthe Meisterschaft in An-
Als Correggio diese neue Uebersiedelung be_ Anschlag; gebracht, nicht inüglich war. _Allei_n
werkstelligte, war er noch bei jungen Jahren, 13891116 ffllhßre Zelt 61116
im besten Mannesalter; und dennoch sieht diese cheli F fmäkßlt killt, bezeugen doflh fh"
Heimkehr in das kleine Landstädtchcn einer Welke (heser letzten Penodegfvle vortleFhci'
Abkehr von der Welt gleich, einem Bück er die neugewonnene Musse fur neue knnste
Zug aus dem größeren Wirkungskreise, den er lerische Aufgaben zu benutzen verstand.
in Parma gefunden hatte. Wer mag; entscheiden, Nur von zweien dieser Werke haben wir nä-
ob ihn Missmuth über die letzten Erlebnisse da- here Kunde über Entstehung" und Anlass. Ent-
selbst, Widerwille gegen die iiusseren SChWiß- weder noch in Parma, kurz bevor er es verliess,
rigkeiten, die mit umfassenden Aufträgen immer oder in Correggio bald nach der Heimkehr muss
verbunden sind, ob ihn vielmehr die Trauer um er sie gemalt haben. Diese allerdings weit ge-
die verlorene Gattin und sein geniigsamer Sinn griffene Zeitbestiminung" lässt sich aus den Nach-
so früh in die Heimat zuriicktrieben"? Ilaben wir richten entnehmen, die über die Gelegenheit
doch nicht einmal Kenntniss von seinem körper- ihrer Entstehung überliefert sind nnil gl-Qggg
lichen Befinden, von der Widerstandskraft seiner Wahrscheinlichkeit für sich haben. Vasari er-
physischen Natur; 11m Wie Viel Wßlligöl" 110011 zählt: "Unter anderen von seinen Werken sind
vom Wechsel seiner Gemüthszustiinde, seiner zwei Gemälde, welche er in Mantua für den
inneren Stimmungen. W01 aber ist uns aus den Herzog Federigo II. fertigte, der sie dem Kaiser
Umrisslinien Seines LßbßnS 11ml dem Charakter schicken wollte: eines solchen Fürsten wahrlich
seiner Arbeiten klar geworden, (iäSS 61', darin würdige Dinger Diese Notiz hatte Vasari wahr-
ganz ungleich seinen ebenbürtigen Genossen, scheinlich von (iinlio Romane, der bekanntlich
den Leonardo, Rafael und Michelangelo, nicht vom Herzoge viel beschäftigt, lange in Mantua
in's Weite 111111 GYOSSQ hinßllßstrebtß, 501150111 sich aufhielt; sie erscheint daher glaubwürdig.
ganz erfüllt von dem was er in engerem Um- Mengs aber bemerkt dazu, Vasari berichte, dass
kreisezuschaüen vermochteundimEinklang da- der Herzog die beiden Gemälde dem Kaiser
mit sein Genügen fand an einem stillen, in heim- Karl V. bei Gelegenheit seiner Krönung im J.
liehen Grenzen eingefricdeten Dasein. Von sei- 1530 zum Geschenk machen wollte. Diese nähere
nem Naturell, seinem Gemüthe, wie es in den Bestimmung findet sich bei Vasari nicht; sie ist
Werken sich offenbart, ist nicht denkbar, dass ihm von Mengs untergeschoben. Allein erfunden
es in einem wenn auch mässigen Bruch mit der war sie von Mengs nicht; sie beruhte auf einer
Welt sich getrübt hätte. Er hatte gar Nichts seit geraumer Zeit umlaufenden Ueberlieterung.
von dem in die Tiefe greifenden, bis zum Zwie- Dieselbe meldete auch, dass Giulio Romano, als
spalt fortschreitenden Wesen des Michelangelo. es sich darum handelte, für ein solches Ehren-
Und mir scheint, dieses heitere Gleichmaß der geschenk einen tüchtigen Meister zu finden,
Seele wird er sich immer mehr oder minder ge- unseren Antonio dem Herzoge empfohlen habe.
wahrt, mit ihr auch in den Hemmnissen und Zweifelhaft bleibt, ob gerade zur Krönungsfeier
Störungen des realen Lebens leicht sich zurecht- die Bilder dem Kaiser bestimmt gewesen. Pun-
gefunden haben. Eben desShßib War eS natür- gileoni setzt sie vielmehr später, in das J. 1532,
lieh, (m35 61' einer Lage auswich, die leicht und nimmt also an, dass sie nachträglich, etwa
Verdricsslichkeiten mit sich zog, und wieder als Erinnerung an den Mantuaner Aufenthalt
einlenkte in den stilleren Fluss des Daseins, der des Kaisers, diesem von Federigo II. übergeben
ihm allein behaglich war und ihm in seiner Lust worden wären. In der 'I'hat ist wenig wahr-
des Gestaltens den freien Gebrauch der Kräfte scheinlich, dass die Gemälde so rechtzeitig hät-
liess. In Correggio fand er diese Ruhe wieder, ten bestellt werden können, um gerade zur
die ihm Parma vielleicht nicht mehr gönnte. Ki-önung einzutreifen, und glaubhafter ist, dass
Und dass seine Schaffenskraft ungebrochen, erst gelegentlich oder in Folge derselben Cor-
dass sie noch den vollen frohen Zug hatte, der reggio seinen Auftrag erhielt. Oder vielmehr
ihre besten Erzeugnisse kennzeichnet, das be- in Folge der Erhebung zur Ilerzogswvürde, mit
weisen überzeugend jene Werke, welche wir in welcher Fedcrigo, der immer treu zum Kaiser
diese letzten Jahre zu setzen allen Grund haben. gehalten hatte, am 8. April 1530 nach der Krö-
Nicht minder deutlich bekunden sie die heiterste nung bekleidet wurde. Als dann Karl V. Mantna
Lebensauifassung dessen der sie hervorbrachte, im J. 1532 wieder besuchte, mag er die Bilder dort
seine unbefangene Hingabe an eine Natur, deren zuerst, ehe sie ihm nach Deutschland geschickt
glückliche Sinnlichkeit schmerz- und kampflos wurden, gesehen haben. Dass sie aber überhaupt
und eben desshalb ideal ist. für den Kaiser bestimmt waren, dafür spricht