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schildern vermochte. Hier aber treten die Män- sich in der Malerei nur denken lassen, durch den
nercharaktere bedeutsam hervor, und doch fehlt Fleiss, damit es ausgeführt ist, durch die Im-
ihnen innerliche Bedeutung. An sich ist der hl. pastirung, die Weichheit, die Anmuth und das
Georg von einc1' edlen männlichen Anmuth, aber Verständniss des Helldunkelsw und endlich;
dem harmlosen Ausdruck, der schönen siegbe- vsind die anderen Bilder Correggids vorzüglich,
wussten Stellung lässt sich weiter nichts abge- so ist dieses wunderbare Die schöne Biisserin
winnen. Am meisten fällt Johannes auf, eben liegt mit aufgelöstem goldigen Haar in einer
erst zum Jünglinge reifend, von fast weiblicher Höhle unter dunkelcm Laubwerk, ganz einge-
Weichheit und Rundung der Glieder und sinn- schlossen von heimlicher Stille; mit dem einen
lichem Schmelze des Fleisches; fast lockend gebogenen Arm stützt sie das Haupt, der andere
sehen die schwellenden Formen des Schenkels umfasst das Buch, das auf dem Boden liegt und
aus dem lose umgehängten, pelzgefiitterten, darin sie liest, mit sinnend trämnerischein Aus-
rothbraunen Gewand. Von ächtem Reiz aber druck in dem etwas gesenkten Gesichts. Fast
sind wieder die spielenden Gcnienknaben, sowol die ganze Gestalt umhüllt ein tiefblaues, dunkel-
der lose Uebermuth der kleinen Waffcnträger leuchtendes Gewand; nur die reizenden Füssc
als der mehr ruhig gehaltene Putto mit der sehen hervor und die üppige Brust, welche daS
Kirche, ein Geschöpf von der lieblichsten Natür- Buch fast berührt, mit den glänzenden Armen.
liehkeit. Diese Putti machten, wie Scannelli (Mi- Von der feinsten Wirkung ist das schimmernde,
crocosmo p. 294i, berichtet, das Entzücken des aus der duukeln Umgebung zart sich hebende
Guido Reni aus. Als ihn zu Bologna. in seinxir Fleisch, insbesondere der milde Schein des An-
Werkstatt Modencser Ilcrreu aufsuehteu, da gcsiehtes, das im Halbsehattcn liegend von dem
frug er, ob jene Puttcn gross geworden waren Widerschein erleuchtet wird, der vom Arme und
und sich noch auf jener 'I'afel des S. Pietro Mar- dem Buche ausgeht. Von Reue und Schmerz ist
731W befänden, WO 91' Sie gelassen habe; dem! in den höchst amnuthigen Zügcn wenig zu spü-
lebendig und von beseeltemFleiseh seien sie ihm ren; vielmehr hat ein still glückliches Ausruhen,
erschienen, so dass er kaum glauben könnte, sie dem sich höchstens die leise triiumerische Weh-
seien Kinder geblieben, und sich gerne aufs muth der Einsamkeit beimischt, diese Glieder
Neue davon überzeugen möchte. Ausserdem aber gelöst und die Seele zu sinnender Betrachtung
ist auf ihren zarten Körpern das Spiel des Hell- gesammelt. Eine Schönheit, die wol nur für eine
dunkels, der lichten Schatten und Halbtöne vom Weile auf die Welt verzichtet hat und deren
grössten Zauber; wie vergeistigt ist das Leben Zauber in dieser Abgeschiedenheit und ahnungs-
des Fleisches in diesem feinen Hauch des Lich- vollen Stille der Natur um so stärker wirkt, als
tes. Sehr anmuthig ist auch das seitwärts ge- er unbewusst erscheint. Nichts ist versäumt der
neigte miidchenhafte Haupt der Maria, wenn Erscheinung den höchsten Reiz zu geben, alles
gleich die Verkürzung eine seltsame Schwel- Einzelne vollendet (wie denn Mengs die Darstel-
lung einzelner Formen herbeigeführt hat. Auch lung der Haare nicht genug bewundern konnte),
ihrer Gestalt ist übrigens die Verkürzung nicht die Behandlung satt und leuchtend, tief und klar
förderlich gewesen; ihre Kniee berühren den zugleich wie Emailmalerei. Das Bildchen ist auf
Oberkörper, und so richtig dies von unten ge- Kupfer; und zwar sei, wie Einige behauptet ha-
schen ist, im Bilde erwarten wir diese Wirkung ben, die Fläche vergoldet oder versilbert i?) ge-
nicht und gewöhnen uns schwer an den Schein Wesen, um derFärbung eine grössereDurchsich-
Pinßr solchen Verschiebung. tigkeit und höhere Leuchtkraft zu geben. Ein
Endlich besitzt die Dresdner Gallerie noch die Verfahren: das der lllaler auch Sfmst noch imgi"
berühmte kleine Magdalena, ein Bildchen, Wendet haben 50H
von dessen Entstehung und Bestimmung mir Neben der Madonna entsprach insbesondere
nicht das Geringste bekannt ist. Pungileoni ver- die liebliche Figur der Magdalena dem Talente
mlltllet, dass es eines der letzten Werke des Mei- des Meisters. Der leise sinnliche Zug, der ihrer
sters sei und in das J 1533 falle, bringt aber reizvollen Erscheinung auch in der Busse noch
dafür keinen Beweis bei. Doch macht die Sieher- beigemischt ist, verbunden mit der tiefen Erre-
heit, die fertige Meisterschaft der Behandlung gung des Seelenlebens, welche diese Gestalt
wahrscheinlich, dass es aus der spätcrn Zeit von kennzeichnet, gibt ihr überhaupt einen vorwie-
Üßrreggids Schaffen stamme. Es befand sich gend malerischen Charakter, und kein Meister
lange im Besitze der Herzogc von Modena und hat diesen so vollendet zum Ausdruck zu bringen
wurde von diesen als ein kostbares Gut gehütet gewusst, als Correggio. Bekanntlich spielt die
und in hohen Ehren gehalten (s. Verz. a) No. 30l, Magdalena namentlich in der Malerei des 17.
tlahcr es wol so vortrefflich erhalten ist. Das Jahrh. eine grossc Rolle; in der ganzen Anzahl
kleine Gemälde, das dldgincourt nicht anstand der schönen Biisserinnen dieser Zeit lassen sich
für das Meisterwerk des Künstlers zu erklären, die Einflüsse der correggesken Anschauung ver-
zeichnet sich sowol durch die Anmuth der Dar- folgen-
Stellung als den Schmelz der Behandlung und Auch hat der Meister selber die Magdalena
die feine Vollendung aus. Mengs sagt von ihm, öfters dargestellt; in der Madonna des hl. Hiero-
Ilass es alle Schönheiten in sich sehliesse, vdie nymus bezeichnet ja diese Figur gerade die
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