Volltext: Aa - Andreani (Bd. 1)

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rade der Kontrast verstärkt die Wirkung. Dazu emporblickend, zu seinen Füssen ein halb lie- 
kommt der Zauber des Helldunkels, hier stark gendes, wenig verhülltes Mädchen, als Genius 
genug ausgesprochen, dass ihm auch ein wenig gedacht, mit dem Modell des Doms; auf der an- 
gebildetes Auge beikommen kann. Wie in eine deren Seite der hl. Rochus, eine stämmige Figur 
unendliche Tiefe wird der Blick durch die all- im Pilgerkleid, sitzend im Schlafe an einen Stein 
mälige Abtönung des Lichts in das Dunkel hin- gelehnt, die kräftigen Glieder in der Ruhe auf 
eingezogen; mit merkwürdiger Sicherheit sind das Natiirliehste gelöst; in der Mitte zwischen 
alle Gestalten und Dinge im Raum an ihren rich- beiden der kahlköpfige hL Geminian, kniecnd 
tigen Platz gestellt. Und so erhält man die Em- im prächtig bauschenden Bischofs-Mantel, halb 
pfindnng vollständiger Wirklichkeit, während es der Madonna zugewendet und mit der einen IIand 
doch eine ganz ideale iiberirdische Welt ist, in zu ihr hinaufdeutend, andrcrseits mit Blick und 
welche uns dieses vom Kinde ausgehende Licht Hand sich nach aussen an die Gemeinde rich- 
einfiihrt. Deutlich aber tritt hier zu Tage , wie tend. Trotz dieser doppelten Bewegung ist diese 
Correggio auf Idealität des Ausdrucks, auf reli- Figur die gleichgiiltigste; das Wiirdevollc mit 
giöse Würde der Gestalten, auf einen tiefer sie der Erregung zu verbinden hat auch hier Cor- 
beseelenden Inhalt verzichtet, dagegen seine reggio nicht vermocht. Sonst ist das Ganze 
Menschen in voller Natürlichkeit bildet und die maßvoll bewegt, und von um so grösserer Wir- 
adelnde, erhebende Wirkung durch die maleri- kung das wunderbare Spiel von Licht und I-Iell- 
gßhe Behandlung des Lichts hervorbringt. Aehn- dunkel. Fast in vollem Lichte und doch in etwas 
lich wie in der Nacht sahen wir ihn schon in seinem tieferem Ton steht das Christkind auf der glän- 
Christus am Oelberg verfahren, der gleichfalls zenden Glorie; von ihm aus stuft das Lieht sich 
für Reggio bestimmt eine ähnliche Art der Be- ab in den umgebenden Gestalten und mildert 
leuchtung zeigt. Allein so schön diese Wirklln- sich, indem es in die beleuchteten Schatten über- 
gen, so meisterhaft sie durchgeführt sind: es ist geht, heller auf dem Sebastian, tiefer auf den 
nicht mehr der Zauber einer in Sich vollendeten Genien und besonders reizvoll auf dem Antlitz 
und bßSeßlten Erßßhelnllng, Snndern der Relz der Maria. Kräftig stimmen zu diesem 1nannig- 
nlnes gewöllllllcllen aber durch besonder" male" fachen Leuchten des Fleisches die breiten Mas- 
risehe lllittel erhöhten Nntnrlehßns- sen der Lokalfarben; das rothe Kleid, der blaue 
Später bestellt als die Nacht aber früher voll- Mantel der Madonna, der grüne des Geminian. 
endet ist ein andßrßß Bild der DreSdenW Gn- Diesem Bilde gibt die Anordnung der auf 
lerie: die Ma donna de s hl. S ebastian. Diß- Wolken hoch thronenden Madonna und der un- 
ser Auftrag wurde dem Maler im J. 1525 von der ter ihr gruppirten Heiligen eine gewisse Feier- 
Briiderßchnft (ißS hl- Sebastian, ßlner Sclllllinßn- lichkeit. Doch ist auch hier in der Maria und 
gilde zu Mmienn ßfthßilt; jßdnnh schwerlich, dem munter bewegten Kinde, in den umspielen- 
wie früher der Maler Lnd- David nnd Später den Genien und der zu Füssen des Sebastian ge- 
MengS und Mnrtini annehmen, nur Erfüllung lagerten Modanina der Charakter des Liebrei- 
eines Gelübdcs, das die kurz vorher von der Pest zenden vorherrschend; und namentlich hat 
heimgesuchte Stadt gethan hätte. Diese Mßi- letztere Figur, unter diesem Namen-als Schutz- 
nllllg beruhte WOl nur auf der Gegenwart des hl- engel von Modena  seit lange bekannt, immer 
Sebastian, Welcher der Heilige Snlnher Gelübde für eines der anmuthigsten Geschöpfe Correg- 
war; doch erklärt sich diese Gegenwart einfach gids gegolten. In ihr fand Scannelli (Micro- 
aus dem Namen jener Briiderschaft. Das Bild cosmo, p. 290) die höchste Grazie, und in ihrem 
war für den 1525 vollendeten Altar der Kapelle Ausdruck ein so liebenswiirdiges und beschei- 
dcs hl. Geminian in dem Chore des Doms zu M0- denes Lachen, dass es jede andere Anmuth über- 
dena gemalt, wo es auch aufgestellt wurde (über treffe. In der That ist die Kleine, in dem zarten 
die Geschichte und die Restauration des Bildes Uebergange vom Kinde zur Jungfrau  ein M0- 
 Eine der schönsten Schöpfun- tiv, davon eine ganze Richtung der modernen 
gen des Meisters. Umtlossen von einem lichten Kunst einen zweideutigen und daher hässlichen 
warmen Schein, der allmälig in einen hellen Ne- Gebrauch gemacht hat-l eines der ansprechend- 
bcl sich abtönt, dal's-IN Zarte Engelsköllfe hnr- sten kleinen Wesen, das man sich denken kann. 
vorblicken, thront Maria in leicht sitzender Stel- Von der Heiligkeit ihres Berufs hat sie keine 
lung auf Wolken, das nackte Knäblein ganz von Ahnung; sie ist voll fröhlichen unschuldigen 
vorn gesehen auf dem Schoosse. Wie von einem Muthwillens und von unbewusstem Reiz durch 
Halbkranze ist sie von Genien umgeben, die ne- ihre weichen reifenden Formen. Muthwillig" sind 
ben und unter ihr auf den Wolken ihr munteres auch die um die Jungfrau gaukelndcn Engels- 
Spiel treiben oder mit kindlich froher Andacht knaben, wenngleich der Eine betend die Hände 
auf das Christkind deuten oder zu der Gruppe faltet. Zwei davon tummeln sich auf den Wol- 
der Heiligen sich herabneigen. Dieser sind Drei; ken, wie wenn es ihr Spielzeug wäre, der Einß 
der nackte Sebastian, eine blühende Jünglings- sitzt gar rittlings darauf; daher man das Bild 
gestalt, mit an den Baum gebundenen Händen, bisweilen scherzweise und mit einem Aniiug von 
aber mit halb gewendetem Körper und verzück- Tadel die Reitschule genannt hat. Dass aber 
tem Ausdruck nach der Mutter mit dem Kinde für dies junge Volk der heilige Vorgang eine
	        
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