394 Antonio Allegri.
nen Fluss des über alle Gestalten ergossenen von einem solchen Verhältnisse berichtet, ohne
Aethers. übrigens den Namen des Begarelli zu nennen;
Und dann, die lauterste Freude und Seligkeit auch spricht er nur wie von einem Gerüchte:
ist in dem Chor der Genien und Engel, in diesen Correggio habe sich von seinem Freunde, der in
blühenden Knabengestalten, welche mit der jenen Tagen die Bildhauerkunst übte, kleine
Schönheit unvergänglicher Jugend die unbefan- Modelle verschafft; dadurch oder durch ähnliche
genste Lebenslust verbinden. "Unsagbare Hei- Mittel sei sein Talent befähigt worden die vor-
terkeit und Lachen des Paradiesesn fand schon trefflichste Malerei auszuführen u. s. w. Bald
Scannelli (Microcosmo p. 276) in der Domkup- darauf hat Vedriani in seinen kurzen Biografien
pel, und Annibale Caracci schrieb an Lodovico: Modeneser Künstler (Dei Pittori etc. Modonesi.
"Die Genien Correggids athmen, lebenund lachen Modhhh 1551 p_ 50) diesen Zug Weitel-ausgebi]-
mit einer Anmuth und Wahrheit, dass man mit det; 0b auf Grund einer Ueberlieferung oder aus
ihnen lachen und sich freuen muss". In der eigener Zuthat, ist nicht abzusehen. Correg-
That, nie sind Mädchen und Knaben so natürlich gio sei daran verzweifelt in der Kuppel des Dorns
und doch fast geschlechtslos, so voll momenta- mit der Menge der entworfenen Figuren zu
nen Lebens und doch in idealer Jugend und Stande zu kommen; denn unmöglich, Männer,
Gesundheit, nie so hinreissend geschildert wor- Frauen und Kinder den Stellungen anzupassen,
den. Nicht minder reizend als die noch unbe- die er für seine Verkürzungen bedurfte. Da
rührten Körper, frei von jeder kümmerlichcn habe ihn Begarelli ermuthigt und ihm alle Figu-
Zierlichkeit, sind die lockigen Köpfe mit dem ren mit den nöthigen Geberden, Ziigen und Be-
unendlich behaglichen kindlichen Ausdruck. Wegungeu so wol gebildet, dass Correggio sie
Lauter Götterkinder und doch anspruchslos im habe (in der richtigen Verkürzung und im rech-
heiteren Spiel ihres weltlichen Daseins aufge. ten Lichte) malen können und derart wunderbar
gangen. Hier, in den Kindern und den holden unterstützt zur Unsterblichkeit aufgestiegen sei.
Geschöpfen der reifenden Jugend, ist Correggio Ja, nach Vedriani wäre auch der ilmlaufende
im Ausdruck naiver Empfindung freier und grös- Fries, d. h. wol die Genien mit den Kandelabern
ser als irgend ein Meister. Dass ihm verhält- hinter den Aposteln, erst von Begarelli in Thon
nissmässig das Erhabene und Feierliche weit geformt und darnach von Corrcggio gemalt wor-
weniger gelingt, zeigen im Gegensatz dazu die den. Die lrrthümlichkeit dieser Aussage aufzu-
Apostel. Ihr bewegtes Gebahren verträgt sich weisen, wäre überflüssig; wer nicht in allen die-
nicht mit der gemessenen Ruhe, die ihnen der sen Figuren nicht bloss der Erfindung nach son-
Meister doch lassen möchte, und in ihren man- dern auch in der Durchbildung der Formen und
nigfachen Wendungen, halb dem Himmel halb Stellungen sofort den ausgesprochenen Charak-
dCY Ende in, fehlt ihrer GrÜSSe Wie der Kühn- ter Correggriois erkennt, der hat kein Auge für
heit ihrer Bewegungen die Einfachheit. den Meister. Vedriani scheint es vor Allem da-
rum zu thun gewesen zu sein, seinen Landsmann
XXI. Oorreggio als Bildhauer und Architekt. übrigens ein vortrelflicher Thonbildner zu
Die Domkuppel hat Veranlassung zu der in- verherrlichen. Nicht möglich bloss sondernaueh
teressanten Frage gegeben, wie weit Correggio wahrscheinlich, dass Begarelli dem Maler mit
auch B ildh aller gewesen sei Der täuschende seinem plastischen Geschick bei der Verfertigung;
Schein nämlich, zu dem die Figuren rund und Von Müdeilßn Zllf Hand War; aber Sicher niii"
körperhaft hervortreten, ist nicht bloss erreicht dann dessen Anänhß und unter dessen Leitung"-
durch das vollendete Verstiindniss der Verkür- Man ildt dann noch Weitere Ziige hinzugefügt:
zung und Modellirimg, sondern insbesondere noch Weiche eine nahe Beziehung Zwischen Biidiiiiiier
durch die meisterhafte Beobachtung der Wir- und Maler bezeugen sollten. Correggio soll sel-
kung im Wechselspiel von Licht und Schatten. bei iii Thon und fiir Begamiii gearbeitet hilhßn,
Nach der Natur konnte dies der schwierigen und und drei der Statuen, hin-Pans dessen Kreuzab-
schwebenden Stellungen halber nicht beobachtet iiaiime (jetzt in s- Donlenißo Zn Mßdenn bßhnd"
sein. Andrerseits erscheint es unmöglich, aus hdh) besteht, VOI1 der Hand unseres Meister?
der blossen Kenntniss des Körpers heraus und Seln- Anßh diese Angabe Scheint nnS Vedriani
ohne weitere Hülfsmittel diese auf das kühnste (P- 50) Znstälnnlßn; Slititdfeiwiihnt noch Richard"
bewegten Figuren zu bilden. Der Gedanke lag S011 (Description etc. II. 675) diese Figuren aus
nahe, Correggio habe sich dieselben aus Thon Thon als Werke Correggids, bestimmt sie im"
geformt und dann in das Licht was er brauchte her als Maria am Fusse des Kreuzes von den
gesetzt. Das bedingte allerdings eine genaue Frauen gehalten und fügt hinzu, dass sie Weit
Kenntniss der plastischen Kunst. Daher kam vorzüglicher seien, als die Statuen BegarellfS-
man auf die Vermuthung denn mehr ist es Als die ganze Gruppe von ihrem ursprünglichen
nicht dass unser Meister mit dem bekannten Platze entfernt wurde, wollte man sogar in der
Bildner Begarelli von Modena, der auch in Parma Achselhöhle des Hieronymus die eingegrabenen
gearbeitet hat, näher bekannt gewesen, und dass beiden Buchstaben AA entdeckt haben (s. Fun-
beide sich gegenseitig unterstützt hätten. Meines giIGOni, Ü- 195), wonach also auch diese Fläiii
Wissens hat zuerst Scannelli(Microcosino,p.275) von der Hand des Malers hätte sein müssen-