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ifkntonio Allegri.
loses frohes Spiel treiben. Von besonderem Reiz
aber ist Maria, von einer süssen Befangenheit
in ihrer doppelten Bewegung: an ihrem Betpulte
knieend und halb in holder Versehälntheit ab-
wehrend, halb doeh wieder, die Hand auf der
beklemmten Brust, liebevoll und sehnsüchtig
dem Engel sieh zuwendend. Die zierliche Bewe-
gung der beiden Figuren lässt sich in späteren
Bildern des gleichen Inhalts öfters wiederlinden.
Ueber die Veranlassung des Bildes ist keine
Nachricht überliefert (s. Verz. a) N0. 5).
Besser erhalten ist das andere Gemälde: Ma-
donna mit dem auf ihrem Sehoosse kauernden
Kinde, gen. Madonna della Seala, beide in
liebkosender Haltung (iiberlebensgross). Es be-
fand sich wahrscheinlich über dem östlichen
Thore der Stadt, welches Porta Romana hiess,
entweder an der äusseren Mauer oder in einem
Zimmer, welches zum Thorgebäutle gehörte, bei
der Kirche S. Michelc dall" Arco. Vasari sah es
noch, wie aus seinen Worten hervorgeht, an dem
alten Platze aüber dem 'l'horeu. Bei baulichen
Veränderungen, welche unter dem Papste Paul III-
1555 mit dieser Kirche und demzufolge auch mit
jener Mauer vorgenommen wurden, liess man
des verehrten Bildes halber die Mauer, darauf
es gemalt war, stehen und machte sie zur Rück-
wand eines daran gebauten Kirehleins. Da das
Bild ziemlich hoch angebracht gewesen, wurde
auch der Bau erhöht und Stufen errichtet um
hinaufzuführen : woher der Name Madonna della
Scala. Im J. 1812 wurde das Kirchlein einge-
rissen, und nun das Gemälde mit grosser Sorg-
falt durch den Baumeister Pietro Bicchieri von
der Mauer abgelöst und (mit Erlaubniss des fran-
zösischen Präfekten) in die Akademie gebracht.
Es trägt doch auch mannigfache Spuren der Be-
schädigung; so insbesondere durch die Anhef-
tung von Weihgescl1enken, die es sich als ölfent-
liches Kultusbild gefallen lassen musste, wie
z. B. das Aufsetzen einer silbernen Krone, welche
Maria sogar noch um die Mitte des 18. Jahrh.
trug. Das zärtliche Spiel von Mutter und Kind,
ihr liebevolles lächelndes Sieh-zuneigen ist hier
in wenigen ausdrucksvollen Zügen auf die an-
ziehendste Weise versinnlicht. Vasari lobt an
dem Bilde insbesondere das anmuthige Kolorit
bei der Freskobehandlung und fügt bei, dass es
namentlich von den fremden Reisenden, die 5011515
Nichts von Corrcggio kannten und also hier den
Meister zuerst kennen lernten, auf s Höchste be-
wundert wurde. Das scheint doch anzudeuten,
dass sich das Bild an der Aussenwand der Stadt-
mauer befand (s. das Verz. a) N0. ö),wie dieWorte
Vasarfs sopra una porta streng genommen
bezeugen, und mithin dem von dieser Seite Her-
ankommenden sofort sichtbar war. Dass aber
Correggio die Aufgabe zuliel an dieser Stelle
wie zum Schutze der Stadt und zum Empfang
der Eintretenden die Madonna zu malen, das
beweist, zu welchem Ansehen er damals in Parma
gelangt war.
H. Die Domkuppol zu Parma.
Wie es ihm auch späterhin in Parma gegangen
sein mag: dass er zu jener Zeit, da er die Male-
reien in S. Giovanni ihrer Vollendung entgegen-
führte , als Meister eine höchst ehrenvolle Stel-
lung in Parma einnahm, dafür bietet sich noch
ein anderes und bedeutsameres Anzeichen. Im
Herbste des J. 1522 erhielt er nämlich von dem
Kapitel des Doms zu Parma den Auftrag, den
gesanimten Chor (mit der Chorkapelle) und die
Kuppel derKirehe auszumalen. Correggio scheint
diese Arbeit erst einige Jahre später, nachdem
er mit der anderen in S. Giovanni zu Ende war,
begonnen zu haben; eine Anzahl von Oelbildern,
welche wir später betrachten, ist noch vorher
entstanden.
Der mit den Geistlichen und Bauvorstchern
der Kathedrale abgeschlossene Vertrag ist vom
3. Nov. 1522 (s. die Urkunde bei Pungileoni, II.
183). Er bestimmt, dass nAntonio de Corrigiaw
Alles was zum Chor gehöre und die Kuppel nebst
Bögen und Pfeilern, nebst Gewölben und Ni-
lschen, jedoch mit Ausschluss der umlaufenden
Kapellen, mit lllalereien zu schmücken habe,
deren Gegenstände ihm gegeben würden und
iwelche die Natur, die Bronze oder den Marmor
nachzuahmen hätten, nje nachdem es der Ort und
idie Bestimmung des Baues, sowie die Schick-
llichkeit (ragione) und die Schönheit der Malerei
selber verlangenw. Dagegen machen sich die
Bauvorsteher anheisehig dem Meister Antonio
100 Dukaten zur Verzierung dieser Malereien
(wahrscheinlich mit Gold) und zum Lohn für be-
lsagte Malerei 1000 Dukaten in Gold zu geben,
lauch die Gerüste herzustellen und den Bewurf
lder Mauer auf ihre Kosten zu besorgen. Von
Seiten Correggids ist dazu bemerkt: nachdem
er sich die Arbeit, um weiche es sich handle,
angesehen, könne er dieselbe zur Ehre des Ortes
und zu ihrer (d. h. der Besteller sowol als des
Malers) eigenen Ehre nicht für weniger als für
1000 Dukaten übernehmen; wobei er sich ausser
den übrigen Nebenerforrlernissen noch eine
grosse Kammer oder geschlossene Kapelle zur
Anfertigung der Zeichnungen ausbedang. Die
Satzwendung, welche vom Lohne spricht, lässt
eigentlich auf eine höhere Forderung schliessen,
Wals die Besteller zugestanden; und in der That
yfindet sich in dem zu Parma noch vorhandenen
Schriftstück von der Hand des Meisters die
Summe von 1200 Dukaten angegeben, aber aus-
lgestrichen und darüber 1000 gesetzt. Man scheint
also wahrend des Vertragsabschlusses noch nicht
ganz einig gewesen zu sein, Correggio jedoch
am letzten Ende nachgegeben zu haben. Oder
es fand ein Ausgleich statt. Bei Tirabosehi fin-
det sich die Wendung, die er einer früheren Ver-
öifentlichung des Vertrags durch Aifö (Vita del
Parmigianino, p. 30) entnahm, dass der Maler
1200 Dukaten im Ganzen verlangte, wobei er
sich verpflichtete deren 100 auf den Goldgebrauch