Volltext: Aa - Andreani (Bd. 1)

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Antonio Allegri. 
kürzere Zeit. Den 14. Okt. schloss nämlich Al- 
legri zu Reggio einen Vertrag mit einem Privat- 
manne ab, hinsichtlich eines diesem zu liefern- 
den Bildes (s. unten); war aber am 1. Nov. wic- 
der in Parma, da er an jenem Datum mit dem 
Prior der Benediktiner über die Bemalung des 
Frieses in S. Giovanni übereinkam (Pungileoni 
Il. 174). Somit scheint Correggio zu seiner Ar- 
beit in der Kuppel hauptsächlich die zweite 
Hälfte des J. 1521 und das J. 1522 verwendet zu 
haben, eine Zeit also von etwa anderthalb Jah- 
ren. Doch muss das Werk schon im Mai 1521 in 
einer die Mönche befriedigenden Weise begon- 
nen gewesen sein, da sie dem Meister, wie wir 
gesehen, am 15. dieses Monats die Ehre erwie- 
sen, ihn zum Laienmitgliede ihrer Genossen- 
schaft zu ernennen. Im J. 1523 wird er dann das 
Uebrige gemalt haben, etwa was von den Zwi- 
ckeln noch unvollendet war, den unter der Kup- 
pel rings umlaufenden Fries und insbesondere 
die Halbkuppel in der Chornische. Dass er mit 
jenem letzten Betrage von 27 Dukaten am 23. Jan. 
1524 die ganze kontraktlich festgesetzte Bezah- 
lung erhalten, besagt seine eigenhändige Quit- 
tung; darin bezeugt er, vdie ganze Bezahlung und 
den Rest seines Lohnes für die in der besagten 
Kirche ausgeführte Malereiu empfangen zu haben 
und erklärt sich nfür zufrieden und befriedigt 
und gänzlich bezahlt" (contento et satisfatto et 
integramente pagato). Eines der wenigenSchrift- 
stiicke  Antonius manu propria steht darun- 
ter  , das uns von der Hand des Künstlers er- 
halten ist.  
Dass die Arbeit schon gegen Ende des J. 1522 
weit vorgeriickt. war und nicht bloss bei den Be- 
nediktinern, sondern auch in weiteren Kreisen 
zu Parma grossen Beifall fand, das erhellt aus 
einem ileuen Auftrage, der ihm im Nov. jenes 
Jahres von Seiten der Domgeistlichen zukam. 
Spätestens um diese Zeit wird er daher den Ent- 
schluss gefasst haben, ganz und gar mit seiner 
Familie in Parma sich niederzulassen. Die 
Uebersiedelung setzt Pungileoni in das Frühjahr 
15225, nachdem der Prozess mit den Verwandten  
seiner Frau geschlichtet und ihm deren Besitz- 
thum ausgeliefert war. Allein es zeigt sich kein 
Grund anzunehmen, dass er so spät erst Frau 
und Kind ganz zu sich habe kommen lassen. 
Vielmehr in der zweiten Hälfte des J. 1522 in 
Parma vollauf beschäftigt und mit Aussicht auf 
weitere grosse Arbeiten, hat er sich dort wol 
schon damals mit der Familie häuslich einge- 
richtet. In Beziehung und Berührung mit der 
nahen Vaterstadt blieb er natürlich immer. 
Ein grosser Theil dieser Malereien in S. Gio- 
vanni ist erhalten, aber in iiblem Zustande. Viel- 
leicht sind von den grossen Fresko-Werken des 
Cinquecento, soweit sie überhaupt noch vorhan- 
den sind, keine so sehr vernachlässigt, so schutz- 
los den zerstörenden Zufällen der Zeit, dem Staub 
und der Feuchtigkeit, überlassen worden, als 
ldie Kuppelgemälde Oorreggids in S. Giovanni 
'und im Dome. Wie gleichgültig sich dagegen 
bald nach Ableben des Meisters die Parmesanel" 
verhielten, haben wir schon gesehen; das scheint 
auch später nicht anders geworden zu sein, als 
diese Schätze von den Caracci gleichsam neu 
entdeckt waren und bis in die jüngste Zeit Ge- 
genstände des Studiums und der Bewunderung 
geblieben sind. Neuerdings sind wenigstens, ehe 
jsie ganz zu Grunde gehen, die Kompositionen 
 durch die Aquarelle (in der Akademie von Parma) 
und die darnach ausgeführten Stiche (s. Stiche 
N0. 106-119) in treuer und würdiger Form 
erhalten. 
Von eigenthiimlicher Erfindung ist die Aus- 
malung der Kuppel. Sie ist nicht, wie sonst 
die Freskomalercicn jener Zeit, architektonisch 
in Felder abgetheilt, was übrigens auch bei der 
Kuppelform seine besonderen Schwierigkeiten 
hiitte. Eine einzige Darstellung erfüllt vielmehr 
den ganzen Raum. Es ist Christi Himmel- 
fahrt im Beisein der auf Wolken sitzenden 
Apostel, das Ganze als Vision des unter ihnen 
befindlichen greisen Johannes gedacht. Nur eine 
massige Anzahl von Figuren, in kolossalem Maß- 
stab, ist auf die grosse Kuppellliiche vertheilt. 
Eine klare Wirkung, eine deutliche Erselnrinnng 
des Ganzen und seiner verschiedenen Theile wa- 
rcn nur auf diese Weise möglich; um so mehr 
als die Kuppel, ohne Lanterne, kein direktes 
Licht hat und nur von vier tiefer liegenden Sei- 
tenfenstern erhellt wird. Hier konnte die Malerei 
nur durch eine grosse Einfachheit der Anord- 
nung und durch ihr (eigenes Licht zuihrem Rechte 
kommen. Christus schwebt zwischen lichten 
Wolken, deren Ränder von einer Unzahl von 
Engelsköpfen gleichsam eingesiiumt sind, wie 
von himmlischem Glanze verklärt aufwärts. 
"Tiefer, wo die Kuppel sich erweitert, in der 
mannigfaltigsten Weise ihm zugewendet, sitzen 
zu je Zweien gruppirt in den ungebundensten 
Wendungen die Apostel auf Wolken, umgaukelt 
von Engeln oder vielmehr KIHtbOH-Gtblliell, die 
auf und zwischen den Wolken ihr fröhliches, 
kindisches Spiel treiben und die ernsten Gestal- 
ten über ihnen schwebend zu tragen scheinen. 
In der That ist hier Wenig oder Nichts mehr 
von dem feierlichen Ernst des religiösen Kultus, 
von der Weihe des christlichen Gotteshauses, 
welche die Darstellungen der älteren Meister zu 
wahren suchten. Vielmehr ist das Ganze eine 
Verherrlichung; frei bewegter, von den Fesseln 
der Schwere gelöster leiblicher Schönheit, die 
nur gesteigert wird durch den Ausdruck erhöh- 
ter Erregtheit des inneren Lebens. Darauf hatte 
es auch Oorrcggio besonders angelegt. Im Raume 
schwebend bis zu völliger Täuschung sollten die 
Gestalten erscheinen; daher auch die Verschie- 
bung der Körper dargestellt ist, wie wenn sie 
wirklich von unten gesehen aufwärts sich be- 
wegten. Hier ist vollständig und mit kühner
	        
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