378 Antonio Allegri.
Hemdchen iibergeworfen) , während dieses mit dabei doch Correggio nach einer gewissen sitten-
kindlich ungestümem Muthwillen sich seitwärts bildlichen Realität strebt und daher der Maria
wirft, mit dem ausgestreckten Händchen nach eine Art von morgenländischem Kostüm gegeben
Etwas greifend; im Hintergrunde ist Joseph mit hat; turbanartig durchschlingt ein Tuch ihre
Zimmermannsarbeit beschäftigt. Mengs rühmt Flechten, und ein langes Gewand mit engen Acr-
an diesem Bilde namentlich die Abtönung des meln bedeckt sie bis zu den mit Sandalen beklei-
Liehtes dem Hintergrunde zu, das Schweben der deten Füssen.
Dinge in del' Luft. Welelie Sie der Ferne zu immer Obwcl das Bild durch Uebermalungen gelitten
dichter umhüllt, die Umrisse immer mehr leekeit, hat, die es früher sogar bis zur Unkenntlichkeit
die Liehlier dämpft und in die Sellelten Leieli" entstellt haben sollen, jetzt aber zum Theil wie-
iiglieit bringe Es ist des Eizitlem der Dinge der abgenommen scheinen, hat es doch heute
wie in einem zarten Schleier von Licht und Luft, noch eine gi-osse koloristische Wirkung. Es ist
auf des Feinste diesem lösenden Elementen in in den Lokalfarben wie im Gesammtton sehr tief
der Natur ueellemlliuildeil, des hier die Hellduu" und satt gestimmt; auch thcilweise das Fleisch,
kel den Heuplielz des Bildes uusmuellli- so dass man auch hierin die Absicht des Malers
Demselben Jahre 1520 wird weiter noch die erkennen wollte, der Madonna ein morgenlän-
lliadonna mit dem Kinde in der Galerie von disches oder zigeunerhaftes Ansehen zu geben.
Neapel zugeschrieben, bekannt unter dem Na- Hiebei aber werden Uebermalung und Ver-
mßll der ZiugH-Pellu (Zigeunerin, des elgell- putzung das Ihrige mit verschuldet haben. Den-
thümlichen Kopfputzes wegen) oder der Ma- noch ist, und trotz der Tiefe, dem Bilde ein edel-
donna del Coniglio (nach dem Kaninchen, steinartiges Leuchten geblieben.
das sich auf demBilde findet). Eine Vermuthung,
dlslälch XVII. Charakter dieser Madonnenbilder. Die stillende
1d: Bieistliäiiuig desselben irgend eine Nachricht Madonna" Falsche Oonegglolih Ems Homo' Ghrlslms
erhalten ist. Ganz willkürlich und ohne jeden auf dem 0elber5e'
Anhaltspunkt ist zudem die Annahme, dass hier Wie man in der Zingarella des Meisters Gat-
Correggio in der Madonna das Bildniss seiner tin zu erkennen gemeint hat, so hat man über-
jungen Frau gegeben habe; dullei es Völlig uu- haupt vermuthet, dass ihm zu diesen verschie-
berechtigt wäre, auch hieraus auf jene Entste- denen Madonnenbildern Züge seines häuslichen
hungszeit zu schliessen. Doch ist, nach dem Lebens die Motive gegeben haben. Das wäre
Bilde selber zu urtheilen, nicht unwahrschcin- nicht unwahrscheinlich, wenn nur Sein Erstge-
lieh, dass es in den Beginn von Correggids Thä- borner, Pomponio, nicht erst im Sept. 1521, also
tigkeit zu S. Giovanni fällt. Es gibt von diesem nach der Zeit, in welche man gemeinhin jene
Werke eine ganze Anzahl von Wiederholungen Gemälde setzt, zur Welt gekommen wäre. Im
oderKopien, von denen einige den Anspruch ma- eigenen Hause kann er also, wenn diese Zeitbe-
elieu, Original zu Sein (S- Veiz- b) Ne- 50_53); uu- stimmung richtig ist, jenes anmuthige Spiel von
zweifelhaft ist das lichte Bild, wenn auch stark Mutter und Kind, das den verschiedenen Dar-
retuschirt und zum Theil iibermalt, dasjenige zu Stellungen zu Grunde liegt, nicht belauscht ha-
Neapel, wohin es aus der Galerie des Hauses ben. Gleichviel übrigens, welche Natur der Ma-
Farnese zu Parma gekommen ist (s. die Ge- ler beobachtet und zu seinen Kompositionen be-
schichtedes BildesVerz.a) No.24). Ganzweltlich, nützt hat: diese naiv menschliche Auffassung
ein liebenswürdig mahrchenhaftes Idyll ist wie- war nicht Ergebniss irgend einer äusseren An-
der die Auflassung. In schöner Landschaft sitzt regung, sondern seines eigenen Genius. Wir
Maria (im Profil) unter einer Palme, auf dem werden später sehen, wie sich die unbedingte
Schooße das eingeschlafene Christuskind, mit Verweltlichung der christlichen Stoffe in ihm wie
dem einen Arme es umfassend, mit dem andern in den übrigen Meistern der Renaissance, doch
seinen Fuss stützend; liebevoll neigt sie sich zu zugleich ganz eigenthümlieh und noch entschie-
ihm herab und berührt sein Haupt mit ihrer dener vollzog. Spielend aber, heiter, unbefan-
Stirne. Ueber ihr in der Palme und zwischen gen in das rein Sittenbildliche hinüberstreifend,
Wolken schweben ungefiügelte Genien, von de- ganz unbekümmert um das religiöse Gewicht des
nen Einer, mehr hervortretend, Zweige wie zum Gegenstandes ist diese Anschauung selbst da,
Schatten und Schutze herunterneigt. Alles ist wo man ein stärkeres Hervortreten des Feier-
Stille und Ruhe in dem Bilde; Ruhe auch schei- liehen erwarten sollte. Dies besonders in der
nen die Genien in leisem Spiele herabzubringen, Anbetung der Madonna. Es ist, wie wenn die
ohne Scheu verweilt das neugierig die Gruppe Mutter an dem vor ihr liegenden Kinde ihre rechte
betrachtende Häsehen im nahen Grün , und Ma- Freude hätte und mit den offenen bewegten Häu"
ria selbst senkt den Kopf wie in halbwachem den zum Spieleeslockte;undindieser knieenden
Schlummer. Gleich einer stillen Traumersehei- Stellung lässt sie sich ebenso gut denken, wie sie
nung verschweben auch die nackten Gestalten eben das Kind aus dem Bade genommen und Iluil
der Engel nach oben in einem zarten, das Kör- es trocknen wird. Die Heiligkeit des Momentes,
perhafte wie auflösenden Lichte. Seltsam , wie da die Jungfrau die Göttlichkeit des Kindes ahnt