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sehaften entschieden gezeigt habe. Um so weni-
ger aber ist in diesem Falle anzunehmen, dass
das Madrider Bild das ursprüngliche Original sei,
wenn man auch seine Geschichte, seinen Lauf
durch verschiedene Hände von dem Hause der
Ercolani aus bestimmt nachzuweisen versucht
hat (s. Verz. a) N0. 21). Uebrigens die Frage nach
der Aechtheit endgültig zu beantworten ist schon
(lesshalb schwer, weil das Gemälde lange durch
Uebermalung die wahrscheinlich der blinde
Eifer eines überkeuschen Besitzers, um die Blös-
Sen der Magdalena etwas zu verhüllen, verschul-
det hatte entstellt war und dann durch die
Ablösung derselben doch auch wieder gelitten
hat. Der Schwächen halber, welche die Behand-
lung zeigt, sind Passavant (Christliche Kunst in
Spanien, p. 153) und Waagen (Jahrbücher für
Kunstwissenschaft, I. 114) geneigt, es für ein
Jugendwerk des Meisters zu halten; während
Mengs es der anbetenden Madonna in den Flo-
rcntiner Uflizien zur Seite stellt, die er für eines
der geringeren Werke Correggids erklärt. Mit
der Bewunderung Vasari's und Girolamds aber
stehen diese Ansichten geradezu im Widerstreit;
und dass es ein J ugendbild sei, dagegen spricht
schon die freie, ganz gelöste Bewegung der bei-
den Gestalten, von jener Erregtheit, welche die
reifen Werke Correggids kennzeichnet. Auch
finden Waagen und Passavant in der Zeichnung
erhebliche Mängel, insbesondere in dem erhobe-
nßn. die Berührung abwehrenden Arm Christi.
Allein eben dieser Mangel macht-die Urheber-
schaft Oorrcggids bedenklich. S0 frei dieser
auch mit der Form oder vielmehr der Linie um-
geht, er hat eine zu gründliche Kenntniss des
Körpers und der Bewegung, um eine wirkliche
Verzeichnung sich zu Schulden kommen zu las-
sen. Andererseits ist der Profilkopf der Magda-
lena von grossem Reiz, und das Fleisch zum
Theil von jenem leuchtenden Ton, der dem Mei-
Ster eigen ist. Entweder also muss man voraus-
Setzen, dass das Bild in seinen schwächeren Par-
tien stark gelitten und nur theilweise noch die
Ursprüngliche Hand erkennen lässt; oder es ist
die gute Kopie eines Schülers , der das Original
in Einigem zu erreichen wusste, in Anderem
Ilieht. Daher man denn auch auf den Gedanken
gekommen, dass das Bild von C. zwar angefan-
gen, von einem Schüler aber vollendet worden
sei. Alles jedoch wol erwogen, möchte das Bild
am ehesten eine alte Kopie sein.
Aeeht dagegen ist jedenfalls die kleine das
Christuskind knieend anbetende Ma-
(lonna in den Ufiizien zu Florenz, welche
Sicher vor die grossen Arbeiten in S. Giovanni
lind nicht später als 1519 oder 1520 zu setzgn
1st. Das Bild zeigt, so reizend es ist, die Eigen-
Sfßllaften des Malers in etwas zaghafter Weise;
5011011 Mengs fand die Malerei im Kopf und inl
den Händen der Madonna schwächer, als sonst in
den Werken Correggids; in der That ist im Ko-I
lorit eine fast übergrosse Zartheit. Maria ist in
M e! ß 1' . Künstler-Lexikon. I.
ihrem Mantel eigenthüinlieh drapirt; von der
Hüfte sich aufbauschend geht e1' sehlcicrartig
über den Kopf herüber und dient dann noch mit
dem einen herabfallenden Zipfel dem Christus-
kindc zur Unterlage. Dieses Motiv, das man als
(Erfindung Correggids angesprochen und geta-
gdelt hat, ist nicht neu; es findet sich in Gemäl-
iden der Florentiner und der Deutschen Schule,
iauch in einem Bilde des Veronesers Girolamo
dai Libri, ist aber hier, schon durch die beigege-
benen Hirten, mit feierlicher Würde behandelt.
Davon freilich ist in unserem Bilde nichts. Es
ist wie ein liebcnswürdigcs Spiel, darin aller-
dings dem reichen, sich bauschenden Gewande
eine fast zu grossc Rolle übertragen ist; wie
spielend wendet sich auch die lächelnde Madonna
mit offenen Händen verehrend dem vor ihr lie-
genden holden kleinen Geschöpfe zu; und gleich
einer amnuthigen Idylle geht das Ganze in hei-
terer Landschaft vor, darin sich mit der Schön-
heit des südlichen Landes Theile einer klassi-
schen Architektur wirksam verbinden. Das Licht
ist insbesondere auf dem kleinen Christus und
der Madonna gesammelt und tönt sich dann all-
mälig in die Umgebung ab, fast wie wenn auch
hier von den Figuren ein eigener Glanz aus-
strahlte und weiter sich verbreitend allmälig aus-
klange. Das ist ganz in der Art des Correggio;
allein der Ton ist von einer ungewohnten Blässe
und entspricht dem fast allzu zierlichen Charak-
ter der ganzen Darstellung. s. Vcrz. a) N0. 22.
Weit entschiedener zeigt sich die Eigenthüm-
liehkeit des Meisters in der sogen. Madonna
della Cesta (la Vierge au Panier) , gegenwär-
tig in der Nationalgalerie zu London (s. Verz.
a) N0. 23). Das Bild, über dessen Entstehung und
ursprüngliche Bestimmung nur ganz Unsichcres
überliefert ist, fällt jedenfalls später als die an-
hetendc Madonna zu Florenz , wahrscheinlich in
die erste Zeit der Malereien in S. Giovanni, also
etwa in das J. 1520. Auch so noch scheinen
beide Werke nahe zusannnengeriickt; allein, wie
bemerkt, Correggio gelangte in rascher Entwick-
lung, deren einzelne Stufen wir nicht verfolgen
können, zu seiner eigenen Art, dieja auch schon
in der Vennälung der hl. Katharina wie in den
Fresken von S. Paolo ganz selbständige Schö-
lafungen gab. Wol mochte in seinen jungen Jah-
rcn auch nachdem noch ein Bild wie die kleine
Florentiner Madonna entstehen, darin sich die
eigene malerische Anschauung weniger energisch
ausspricht; allein da er zu voller Meisterschaft
schon gelangt war, konnte doch bald ein Bild
wie die Madonna della Cesta folgen, welche auf
eine nicht mehr schwankende Sicherheit hin-
weist. Die Darstellung ist diesmal ganz einfach.
Sie verläuft in dem stillen Kreise eines klein-
häuslichen Lebens: die sitzende Maria, in einer
Landschaft, neben sich einen Korb mit einer
Scheere und Linnen (daher der Name des Bil-
des), kleidet das auf ihrem Sehoosse sitzende
Christkind an (d. h. sie hat ihm eben erst das
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