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Antonio
mällegli;
von der er in schwerer Krankheit gepflegt wor-
den sei, gemalt haben. Eine Nachricht, diezu sehr
einer Künstleranekdote gleich sieht, um glaub-
haft zu sein, und wol in Rom als eine der ver-
schiedenen Fabeln über das Leben des Meisters
umlief, als Sandrart daselbst im J. 1634 das Bild
beim Kardinal Borghesc zu Gesicht bekam. Pun-
gileoni dagegen meint, Correggio habe es sei-
ner Schwester Katharina als Angebindc zu ihrer
Hochzeit gemalt, da sie sich mitjenem Vicenzo
Mariani vermälte, (ler mit dem Vater Pellegrino
ein Grundstück gepachtet hatte. Man setzt ge-
wöhnlich diese Hochzeit in das J. 1519; 0b nach
einem sicheren Zeugnisse, ist nicht ersichtlich.
Also nahm man an, dass Correggio das Bild in
demselben Jahre gemalt hatte; während das
kleine Gemälde zu Neapel in das J. 1517 gesetzt
wurde. Indessen findet sich ein äusserer An-
haltspunkt für dieses Datum ausser jener angeb-
lichen Inschrift (auf dem Petersburger Bilde)
nicht. Ebenso wenig Grund ist aber, das Pariser
Bild dem J. 1519 zuzuweisen; denn dass dieses
ein Hochzeitsgeschenk für die Schwester gewe-
sen sei, ist zwar ein ganz hübscher Einfall, aber
auch nichts weiter. Wenn wir dennoch diese
Bilder in die Jahre 1517 oder 1518 setzen, so
geschieht dies aus inneren Gründen; d. h. aus
Merkmalen der Darstellungsweise und insbeson-
dere der malerischen Behandlung, von welcher
später die Rede sein wird.
In diesen Werken tritt die Selbständigkeit des
Meisters entschieden zu Tage. Der religiöse
Gedanke, welcher dem Motiv zu Grunde liegt,
ist ganz zurückgetreten; die christliche Vision,
(larin die Vermälung der jungfräulichen Katha-
rina mit dem Christuskinde durch den Ring die
völlige Hingabe an das Ewige bezeichnet, ganz
in die Gegenwart eines heiter sinnlichen Lebens
übergegangen. In das Ideale erhoben ist dasselbe
nicht mehr durch Feierlichkeit der Anordnungr
oder des Ausdrucks, sondern durch die Glut und
Feinheit der zum Ton vergeistigten Farbe, durch
das beseelende Licht, welches auch die Schatten
aufhellt und die Körper gleichsam durchzittert,
endlich durch die zarte, liebevolle Freudigkeit
der die Gestalten belebenden Empfindung. Diese
Verklärung des sinnlichen Lebens hat schon Va-
sari wahrgenommen, WO er im Leben des Giro-
lamo da Carpi erzählt, wie denselben in Modena
zumeist dies göttliche Bild entzückt habe, des-
sen Köpfe so schön seien, dass sie im Paradiese
gemacht schienen. "Auch ist es nicht möglich,
fügt er hinzu, schönere Haare zu sehen, schönere
Hände und ein Kolorit, das aumuthiger und na-
türlicher ist". Es ist das Pariser Bild, welches
Vasari im Auge hat. Wie sehr dieses überhaupt
schon die Zeitgenossen zu schätzen wussten,
zeigt sich auch darin, dass Uge da Carpi in seiner
neuen Manier es in Holz schnitt (s.Verz. der Stiche
N0. 224 a). Auch die Haltung der Figuren ist _in
ihrerNatürlichkeit von grossem Reiz ; Menschen,
die von dem Glück ihres stillen Zusammenseins
ganz erfüllt sind, allerdings ohne den Ernst
eines geheimnissvollen Gehaltes, aber auch ohne
die Unruhe einer tieferen Beziehung. Sogar der
hl. Sebastian der bekanntlich immer dieser
Vermiilung beiwohnt mit seinen Wunden und
Pfeilen ist ganz Seligkeit, ganz Leben sein warm
leuchtendes Fleisch. Ein Zug der süssesten Liebe
scheint die Gestalten innerlich zu verbinden;
nur wer ungerecht und blind den Maßstab der
älteren und strengeren Kunst an dieses Werk
einer neuen Epoche anlegte, konnte darin, wie
einige Kritiker das gethan, den Charakter der
Wollust finden. Auf dem Pariser Bilde erblickt
man im Hintergrunds noch das Martyrthum der
Sebastian und Katharina.
Eigenthiimlich ist diesem Bilde auch der gol-
dene, wie von Innen durchgliihte Ton des Flei-
sches, der schon ganz Ergebniss der eigenen
malerischen Anschauung Correggids ist. Wir
werden ihn in mehreren seiner Werke finden,
bis auch er in jenen feinen Schimmer von Licht
und Luft sich auflöst, der in den späteren Ge-
mälden des Meisters die besondere Farbe der
Dinge gleichsam zu verzehren scheint.
S0 sehen wir den jungen Meister seit 1513 bis
zum Beginne des J. 1518, den Aufenthalt in Al-
binea abgerechnet, in seiner Vaterstadt vielfach
beschäftigt. Dass ihn gleich seine ersten Werke
zu Ansehen gebracht, ergibt sich nicht bloss aus
den verschiedenen Bestellungen, sondern auch
aus dem Kaufpreise, den er z. B. für seine Ma-
donna des hl. Franziskus erhielt. Die Summe
von 100 Dukaten oder400 Lire (Pungileoni II.
69), welche wir ungefahr zu 300 Gulden siidd.
Währung anschlagen können, war sogar für die
damalige Zeit beträchtlich; sie war auch höher
als manche andere Bezahlung, die Correggio
empfing, und muss zum Theil W01 aus der Natur
jenes Vermäehtnisses erklärt werden. Doch aus-
ser diesen Nachrichten von seinen Werken und
den Beziehungen, darin sie ihn uns zu Privaten
und Kirchen zeigen, wissen wirso gut wie nichts
von dem Leben, das er bis zu seinem 24. Jahre
in der Heimat zubrachte. Erhalten sind nur
einige Taufakte, sowie notarielle Urkunden,
darin er als Zeuge genannt ist. S0 ist er unter
dem 12. Jan. 1511 als Taufpathe eines Antonio
aus dem Hause Vigarini, unter dem 4. Okt. 1516
als Gevattcr einer Anastasia Elisabetta, Tochter
eines Giannantonio Tbvaglielo angeführt; den
14.Juli 1 517 in Gemeinschaftmitjenem Melchiorre
Fassi, der ihm das Bild der hl. Martha bestellt
hatte, als Zeuge bei der Lesung des Testa-
mentes einer Giovanna da Montecorvino zu
welcher Zeit er also schon von Albinea nach
Correggio zurückgekehrt war ebenso im Jan.
1518 bei einem Akte des Notars F. A. Bottoni,
endlich noch den 17. März 1518 als Taufpathc
einer Rosa, Tochter des Francesco Bertoni (in
den Taufbiichern von S. Quirino). Jedenfalls
hatte er also bis zu diesem Tage seinen eigent-
lichen Wohnsitz in der Vaterstadt. Dass sich'