Antonio Allegri. 363
liess, dass Lombardi dem jungen Meister seinen
Dank für das Bild mit jenem Geschenk des Co-
dex abgestattet habe, oder umgekehrt. Voraus-
setzungen, die auch dann noch zweifelhaft blie-
ben, wenn das Porträt mit grösserer Sicherheit,
als Werk Correggids anzusehen Wäre (s. Verz.
N0. 5).
Sehen wir von diesem, zudem zweifelhaften
Bildnisse ab, so ist keines auf unsere Zeit ge-
kommen, das mit einigem Rechte für das Werk
(lorreggids gelten könnte. Diejenigen, Welche,
ihm in verschiedenen Galerien noch zugesprochen
werden, sind alle zum Mindesten zweifelhaft,wenn
nicht offenbar unäeht (s. Verz. b) N0. 41-44) ;W
davon das Eine in der Galerie von Parma, viel-
leicht das eines Grafen Sanvitale, noch am ehe-
sten einige Ziige der correggesken Hand zeigt,
auch nach der Ansicht des Stechers Toschi, allein
doch bloss als vdem Correggio zugeschriebene
bezeichnet werden konnte und ihm ebenfalls
nicht angehört. Auch ist uns keinerlei Nachricht
erhalten, dass er Bildnisse gemalt habe. Es magi
ihm dennoch vorgekommen sein, etwa für ein-l
zelne wohlhabende Privatleute von Parma; Por-
träts solcher Persönlichkeiten aber, welche die
Geschichte nicht gezeichnet und deren Anden-
ken erloschen ist, sind in Italien äiusserst wenige
erhalten. Für Correggio und die Abgeschieden-
heit seines Lebens ist es charakteristisch, dass
llllll die (iielegenheit zu solchen von der Ge-
schichte geschützten Bildnissen nicht wurde.
Weder kam er mit den grossen Herren in Berüh-
rung, noch stand er in Verkehr mit den hervor-
ragenden liliinnern der Kunst und Wissenschaft.
Vielleicht lag auch das scharfe und energische
Erfassen individueller Bestimmtheit weniger in
Seinem Talente.
XII. Gorreggio in der Heimat. Die erste grosse Arbeit:
Madonna des hl. Franziskus.
Sichere Nachrichten über die künstlerische
Thiitigkeit des Meisters sind uns erst von sei-j
uem zwanzigsten Jahre an überliefert. Die erste
beglaubigte Kunde von einemWerke seiner Hand
{ST- aus dem J. 1514-; und eben dies Bild selber
fßt uns glücklicherweise erhalten. Nacheiner
1111 Archiv zu Correggio befindlichen Urkunde
vom 4. Juli 1514 hatte ein (guirino Zuccardi dem
Mmoritenkloster des hl. Franziskus daselbst ein
Haus unter der Bedingung vermacht, dass von
den München in der Klosterkirche ein Bild ge-
stiftet würde; diese überliessen das Haus dem
Färben des Quirino und empfingen dafür von ihm
efnß Summe zur Bestellung des Bildes. Sie be-
riefen zu dieser Arbeit den jungen Allegri und
gingen mit ihm, unter Zustimmung des Vaters,
d?! der zwanzigjährige Antonio noch minderjäh-
"g war, am 30. August 1514 einen Vertrag ein,
däffnach sich der junge Meister verpfiichtete, das
31111 um 100 Dukaten zu malen und von dieser
Summe die eine Hälfte sofort empfing, die an-
dere nach Vollendung des Bildes empfangen
sollte. Auch ist noch mit dem Datum vom 4. Okt.
1514 die Urkunde erhalten, darin Pietro Landini
angehalten wird, die für das Gemälde bestimmte
,Tafel noch in diesem Monat fertig zu machen.
lln den Büchern des Klosters ist dann unter dem
4. April 1515 die letzte (zweite) Zahlung an den
Maler verzeichnet. C. hat also, angenommen,
dass er die Tafel Anfang November erhalten, das
Bild in etwa 6 Monaten vollendet.
Aus der Bestellung selbst, aus der Sorgfalt,
mit der die Franziskaner die ganze Angelegen-
Wheit betrieben, erhellt deutlich, dass ihnen der
Auftrag von besonderer Wichtigkeit erschien,
und ohne Weiteres lässt sich annehmen, dass sie
den angesehensten Maler der Stadt damit be-
trauten. Pungileoni gibt auch die Rechnungen
über das dem Meister für den Rahmen gelieferte
Gold und Ultramarin (ersteres im Preis von 40,
letzteres von 3 Lire). Es scheint daraus hervor-
zugehen , dass Correggio selber den Rahmen
vergoldet und mit Farbe geziert habe, ein Fall,
der sich auch sonst bei Malern jener Zeit findet.
Dieses Altargemälde (auf Holz) , die sogen.
Madonna des hl. Franziskus, befindet sich
gegenwärtig in der Galerie zu D re s de n (s. Verz.
1a) No. S). Es zeigt uns den Meister noch in der
Jugendperiode des Schaffens und in einer ge-
wissen Abhängigkeit von seinen Vorgängern. In
der Komposition ist noch die architektonische
Strenge, die gebundenere Weise der Schulen des
Quattroeento. Maria, das Kind auf dem Sehoße
haltend, sitzt unter einer von jonischen Säulen
getragenen Bogenhalle auf einem erhöhten
Thronsessel; am Untersatze desselben, zu den
beiden Seiten stehen in die Architektur mit ein-
geschlossen zwei naekte Engel, ein Medaillou
haltend, darauf Moses mit den Gesetzestafeln
abgebildet ist. Ueber dem Haupte der Jungfrau
auf der lichten Luft ein Kranz von Engelsköpfen
und zu jeder Seite zwei frei schwebende nackte
Figuren kleiner Engel, wovon die eine gefliigelt.
An den Seiten des Thrones je zwei Heilige, so
angeordnet, dass der hl. Franziskus, anbetend
dem Kinde zugewendet, und Johannes der Täu-
fer, auf das (lhristnskind deutend, dem Beschauer
am iriichsten sieh gegenüber in einer Linie be-
finden; dann weiter zuriiek einerseits neben Jo-
hannes die hl. Katharina mit der llIartyrpahne
und den einen Fuss auf das Rad gestützt, antlrer-
scits der hl. Antonius von Padua mit Lilie und
Buch neben dem hl. Franziskus. Durch die
starke Erhöhung des Sitzes thront die Jungfrau
hoch über den Heiligen und streckt schützend
die geöffnete Hand zum Franziskus hernieder,
während das Christuskind segnet.
Die Anordnung im Ganzen (auch die gemalten
Nßasreliefs im Sockel des Throns) erinnern an
das Bild des Bianehi Ferrari im Louvre , der in
Modena Corrcggids Lehrer war. Besonders deut-
lich aber tritt das Vorbild des Mantegn a her-
vor, nicht bloss in der Bestimmtheit der Zeich-
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