346 Antonio Allegri.
bei Fed. Barroccio von den Zeichnungen Cor- Reiz und Relief gemalt hat, wie eru. Und an
reggids, welche jener von Parma mit sich nahm. einer anderen Stelle: vDer Malerei machte er ein
Und doch hatte sich derselbe zur Aufgabe ge- grosses Geschenk, indem er die Farben behan-
maeht, Vasari zu ergänzen und seine Irrthümer delte mit achter Meisterschaftii. Auch sonst
zu berichtigen; er hatte also auch auf seiner lom- rühmt er bei den einzelnen Werken die kolo-
bardischen Reise, die er eigens, um die dortigen ristische Ausführung, wie insbesondere bei der
Schulen kennen zu lernen, im Auftrage des Kar- Madonna des hl. Hieronymus, welche überhaupt
dinals Leopold von Medici unternommen, über den Malern durch ihre wunderbare Färbung als
Correggio nichts erfahren können. In Parma nahezu uniibertrcffliche Leistung erschienen sei;
selbst schien schon gegen Ende des 16. Jahrh. zwei andere Gemälde, Die hLNacht undChristus
dessen Gedächtniss so gut wie erloschen zu sein. am Oelberg , welche sich damals in Reggio be-
Annibale Caracci vernahm dort nichts, wie schon fanden, erregten durch ihre besondere Licht-
bemerkt, was ihm die Falschheit der Vasarischen Wirkung offenbar seine eigene rückhaltlose Be-
Nachrichten aufgedeckt hatte. Ja, eine der grös- wunderung. Allein hinsichtlich der Auffassung
seren dortigen Arbeiten des Malers war so ver- der Form, der Zeichnung und der Komposition
gossen, dass Caracci, der doch dessen Werken macht er allerlei, wenn auch nicht ganz offene
mit begeistertem Eifer nachging, nicht einmal Vorbehalte. vWiire Antonio aus der Lombardei
von deren Existenz Kenntniss erhielt. herausgekommen und in Rom gewesen, so hatte
Der Schatten aber, der von Vasaris Schil- er Wunder gethan und Vielen zu sehaifen ge-
derung auf den Menschen fiel, schien für eine macht, welche zu seiner Zeit für gross galten.
Weile auch den Ruhm des K iinstl ers zu ver- Da seine Bilder so gut waren, ohne dass er antike
dunkeln. Bald nach seinem Tode, wie wir gese- noch gute moderne Werke gesehen, so ergibt
hen, stand dieser hoch in den Augen der ein- sich von selbst, dass, wenn er diese gesehen
sichtigen Zeitgenossen; allnlilliä jedßßll Scheint hätte, er seine Arbeiten unendlich verbessert
der mehr 0ßlel' nlindßr leise Tkldel, Welchen flßl" und dergestalt fortschreitend die höchste Stufe
Aretiner seiner Bewunderung beimischt, weiter erreicht, hätten. Das war es also, woran es ihm
sich verbreitet und das Urtheil bestimmt zu ha- nach der Meinung Vasarfs fehlte; Ausbildung
bßn- Ein Zellglliss ilßfill haben Wir Sclißil in nach der Antike und nach den Werken Rafaefs
Lod. Doloe gefunden. Auch die Anerkennung. und Michelangelds, d. h. klassische Zeichnung
WBlOhG ihIDLOIIIäLZZO (imTrattato dellaPittura, und Behandlung- (191- Fgrm ggwig Grösse und
Milano 1534) widerfahren iäiSSt, lSt Illlf eine bß- Rythmug der KQmpQ5itiQn_ Wil- Wgrdßn später
dingte; sie beschränkt sich auf den Koloristen Sehen, wie beide Anstände wenig am Platze wa-
(p. 27), rühmt seine Lichtwirkungen (p. 211"), ren, da Correggio von vornherein ein ganz an-
insbesondere diejenigen, wobei das Licht deres Ziel verfolgte. In gleichem Sinne lässt
welches Lomazzo vzweites Hauptlichte nennt sich Vasari noch an einer anderen Stelle verneh-
von einer Figur im Bilde selber ausgeht (p. 219), men. Hätte er nicht seine Werke so vortrefflich
nennt ihn aber doch schliesslich unter den Kolo- ausgeführt, seine Zeichnungen würden ihm un-
risten vmehr eigenthümlich als hervorragend" ter den Künstlern nicht den Namen verschafft
(P. T33 1 Pin tO-Sto Singolar ehe rare). Und mehr haben, welchen seine Bilder haben. Nun weiter;
noch; in seiner Idea del Tempio della Pittura miese Kunst h_ die Maierei) ist so Schwei-
(Milnno 1539). Worin er in der allegorischen und hat so viele l-Iauptseiten, dass Ein Meister
Weise seiner Zeit die sieben Grundsäulen be- sehr häufig sie nicht alle erreichen kann. Es
zeichnen will, Welche den Tempel der Malerei gibt Viele, die göttlich gezeichnet haben, aber
tragen, und nach diesem Schema seine Theorie in der Färbung unvollkommen geblieben sind;
verbringt, nennt er als diese Hauptstiitzen neben und wieder andere haben bewundernswerth ge-
lliantßgna, 1190331119, Rafael, Michelangelü und malt, aber nicht halb so gut gezeichnet. Das
'i'izian noch Gßlld- FCYYüYl und Pßlid- (in C3- Alles hängt von dem Verständniss ab und von
ravaggio. Von Correggi0 ist kaum beiläufig die der Uebung, welche man sich in der Jugend er-
Rede. Hierin spielt freilich Willkür des Theo- wirbt, der Eine im Zeichnen, (im. Andere im
retikers mit; allein unseren Meister hätte er so Malen. Weil man aber Alles lernt, um es in sei-
nicht umgehen können, wenn Clißsßln unter (1611 nen Werken zu jener Vollkommenheit zu brin-
Größten Sein Platz Schon gßsißhertgewesen Wäiß- gen, welche überall Zeichnung und Kolorit ver-
So hatte man sich alhnälig daran gewöhnt, bindet: so verdient desswegenCorreggio grosses
Correggio nur als Koloristen zu betrachten, WO- Lob, indem er den Gipfel der Vollkommenheit
rin dann Borghini allerdings so weit ging zu be- in den Werken ei-ieicht hat, Weiche er in Oei
haupten: man könne sagen, dass er im Kolorit und in Fresho gemaiim Diese letzte Schiiissfoi-
alle Meister übertroffen habe. Von seiner Kunst gerung, in ihrer unerwarteten Wendung fast ko-
im Uebrisen war kaum die Rede. Stellt man misch, ist charakteristisch nicht bloss für Va-
Vasarfs Urtheile zusammen, so kommt man garils Schreibweise, solidem insbesondere fiii-
zu demselben Ergebniss. vFür gewiss lässt sich sein Verhalten zu Correggio. Man erwartet:
annehmen, Sagt er einmal, dass kein Künstler G. war zwar ein vortrefflicher Kolorist, allein
besser mit den Farben umging, noch mit mehr auf die Zeichnung hat er sich nicht so sehr ver-