Alfonso I.
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tur war er nicht unbewandert; als guter Kriegs-
mann verstand er sich auf das Festungswesen
und wusste Pläne dazu selbst zu zeichnen. So-
gar in der Malerei scheint er sich versucht zu
haben. Auch die damals sehr ausgebreitete Be-
theilignng an künstlerischen Dingen zugegeben,
ist doch schwer zu begreifen, wie derFürst, von
den politischen Wirren schon hinlänglich in An-
spruch genommen, zu allen jenen Kunstübungen
Zeit und Gelegenheit gefunden.
Von besonderem Interesse jedoch n. geschieht-
lieh beglaubigt ist der Antheil, den er an der
Ausbildung des 'I'öpferhandwerks gehabt.
Wie weit er auch hierbei selbst Hand angelegt,
ist allerdings mit Sicherheit nicht auszumachen;
doch ist unzweifelhaft, dass er in seinem Ge-
biete auf die Pflege und Verbreitung; dieses
Kunstgewerbes, das bekanntlich in der Renais-
sance eine hervorragende Stelle einnahm, von
grossem Einfluss gewesen. Es wird erzählt, er
habe sich zu seinem eigenen Gebrauche solchen
Geschirrs bedient, da er sein Silbergeräthe zur
Bestreitung von Kriegskosten verkauft hatte.
W01, denkbar, dass ihn dies antrieb, auf die
künstlerischen Formen der Töpferei sein Augen-
merk zu richten; um so mehr, als damals über-
haupt auf schöne Thongefiisse besonderer Werth
gelegt wurde. Barotti meldet, aus seiner Hand
seien Gefäisse und Platten, mit bewundernswer-
ther Meisterschaft und Schönheit geformt, her"
vorgegangen.
Diese Nachrichten stammen aus der Lebens-
beschreibung des Herzogs von Paolo Giovio,
dem etwas jüngeren Zeitgenossen desselben, u.
finden also darin eine gewisse Bürgschaft; wie
wol überhaupt in diesem Gewährsmann fast alle
Mittheilungen über die künstlerische Thätigkeit
Alfonsds ihre Quelle haben. Giovio berichtet;
vOft zog er sich in ein geheimes Gemach zurück,
das er zu seiner Werkstatt eingerichtet hatte,
und dort gab er sich mit ergötzliehen Arbeiten
ab, wie mit dem Drechseln von Flöten, Schach-
spielen und kunstreichen Büchsen. AIISSOTÖGIIL
fertigte er manchmal sehr schöne Gefäisse ans
Erde, nach Art des 'l'öpfergeschirr's, welche
Beschäftigung ihm dann sehr zu gute kttlllxr
An derselben Stelle spricht Giovio von seinem
Geschick im Kanonengiessen; er habe darin, so-
wol in der Mischung der Metalle als in der Her-
stellung ungewöhnlich grosser Geschütze, die
besten Meister übertroffen. Für seine Beschaf-
tignng mit derlei Dingen gibt übrigens Gio.
Batt. Giraldi (Commentarir) delle eose di Fer-
rara, tradotto per Lod. Domenichi. Venetia 1556,
p. 149) noch einen merkwürdigen körperlichenl
Grund an, wobei auch er das Geschick des Für?
sten im Guss der Kanonen über halle grossen
Meistern rühmt.
II. Fabrikation von Thongefässen. Erste Vergughe
in Porzellan.
Jene dürftigen Nachrichten über die Fabrikaä
tlon von feinen Töpferwaaren im Gebiete von
Ferrara, angeregt durch direkten Betrieb Alfon-
sds, hat Canrpori (s. unten) neuerdings zu ergän-
zen gesucht. Dar-nach fallt die Zeit, in welcher
der Herzog aus Kriegsbedrängniss sein Silber-
geräthe verkaufte und also auf die Anfertigung
von Thongeschirr sich verlegte, in das J. 1510
(nach einem Bericht des Bellingeri, Abgesandten
des Fürsten nach Mailand, im diplomatischen
Archiv von Modcna). Doch finden sich die ersten
Spuren einer Fabrikation von lllajoliläa-Gefäi-s-
sen im Gebiete von Ferrara schon früher. Schon
1495 kommt der Name eines Frate lllelchiorre von
,Faenza mit der Bezeichnung Mastro di lavori di
terra. vor , und 1501 in den Ausgabebiichern des
Hofes die Notiz einiger an den Meister Biagio di
Faenza geleisteten Zahlungen, zum Theil für
Ornamente eines im neuen Sehlosse gesetzten
Ofens; auch 1503 n. 1506 wird der Meister noch
genannt. Dann aber ist von derlei Arbeiten bis
zum J. 1522 nicht mehr die Rede. Dagegen
scheint der lllerzog in dieser Zwischenzeit seinen
Bedarf an feinen Tfhonwaarcn aus Venedig be-
zogen zu haben, Die Korrespondenz des Gia-
como Tehaldo, seines Gesandten bei der vene-
tianischen Republik, gibt (lafiir sichere Anhalts-
punkte; aus derselben vom J. 1520 erhellt, dass
Alfonse mit der Besorgung solcher Gefaisse Ti-
zian beauftragt hatte und deren eine Anzahl
durch Vermittlung des llialers wahrscheinlich
nach Zeichnungen desselben auch wirklich
erhielt. Jedenfalls war also die eigene Fabrika-
tion im Schlosse zu Ferrara damals noch nicht
weit gediehen. Doch sieht man, dass der Herzog
an diesen Dingen lebhaftes Interesse nahm, und
es ist wol möglich, dass jene Vasen zugleich als
Muster bei den schon begonnenen Versuchen gel-
ten sollten.
Im J. 1522 findet sich dann der Name eines
mit festem Gehalte angestellten Töpfers, des
Antonio da Faenza, dem 1528 Catto, eben-
falls von Faenza, folgte. Als dieser 1535 starb,
wurde die Stelle nicht wieder besetzt, und es
scheint demnach, dass damals die Fabrikation
wieder einging. Wichtiger aber als die Namen
der 'l'üpfer' sind die der Maler, welche die Zeich-
nungen zur Ornamentzrtion der Gefässe lieferten
oder diese selber unmittelbar auftrugen. Es ist
kein Zweifel, dass die Gebrüder Dossi, welche
von Alfonso viel beschäftigt wurden, auch in
dieser Hinsieht für ihn thätig waren. Es findet
sich vom J. 1528 die Notiz von einer an Dosso
Dossi fiir solche Zeichnungen geleisteten Zah-
lrmg , sowie einer anderen an seinen Bruder
Gio. Battista fiir Anfertigung von Modellen zu
Henkeln.
Uehrigens scheint diese herzogliche Fabrik
nur für die Fürsten selbst, nicht für Privatleute
gearbeitet zu haben (nFabri k des Schlosscsa heisst
sie in einem Inventar von Gcräthschaften des
Kardinals Ippolito II. von Este). Da man die
Erde von Faenza kommen lassen musste, wurde
die Herstellung wol zu kostspielig.
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