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Giovanni Battista, Aleotti.
men, was eine wissenschaftliche Kenntniss sei-
nes Faches voraussetzte.
Im Dienste des Herzogs Alfonsds II. von Este
stand er als Baumeister und Ingenieur 22 Jahre
hindurch; er trat mithin, da der Herzog 1597
starb, schon 1575 diese Stelle an. Wahrschein-
lich als Nachfolger des Galasso Alghisi 1573),
dessen berühmtes Werk über Festungsbailten A.
von diesem selbst erwarb. A. versah jenes Amt
um eine Besoldung von 15 Scudi monatlich, und.
als nach dem Tode Alfonsds II. Klemens VIII.
Ferrara als offenes Lehen im J. 1598 dem Kirchen-
staate zuwies, wurde A. in seiner Stellung be-
stätigt und zum Architekten des apostolischen
Stuhles ernannt.
In demselben Jahre, den 4. Mai 1598, br stellte
auch derGemeinderath der Stadt Ferrara Aleotti
zu ihrem Baumeister; zunächst mit einem jähr-
lichen Gehalt von 130 Scudi, der dann 1599 auf
300 Scudi erhöht, später jedoch (wie aus einer
städtischen Gehalttabelle von 1622 erhellt) wie-
der auf 150 Scudi herabgesetzt wurde. A. scheint
in dieser Stellung, die insbesondere wegen der
Regulirung der Pogewässer von Wichtigkeit war,
mannigfaeh angefeindet worden zu sein; doch
wurden seine Dienste sowie seine Unentbehrlich-
keit von der Behörde immer auf's Neue aner-
kannt. Und so verblieb denn auch A. im Amte
bis zu seinem Tode. Anderseits wurde der Mei-
ster vom Herzogs zu allen Arbeiten unablässig
verwendet, die nur irgend in sein Fach schlugen:
zu Festungsbauten, Landverbesserung, Grenz-
und Wasserberichtigungen.
Seine bauliche Thätigkeit hatte er mit der
Herstellung der öffentlichen Gebäude begonnen,
welche das Erdbeben von 1570 beschädigt hatte.
Darunter insbesondere das Schloss , den Wohnw
sitz der fürstlichen Familie, dessen Befestigung
er zugleich weiter führte. Nach seinen Zeich-
nungen wurden alsdann in Ferrara gebaut: die
Kirchen S. Barbara und S. Carlo, das Oratorium
S. Margarita, der Thurm der Kirche S. Francesco,
sowie derjenige des Palazzo della Ragione (1603),
die Fassade und der Thurm des Palazzo del Pa-
radiso (Universität; vollendet 1610), das Thorl
S. Paolo und das sogenannte Festungsthor. Von
ihm ist auch der Entwurf des Grabmals für Lod.
Ariosto, das, früher in der Kirche S. Benedetto)
zu- Ferrara aufgestellt, jetzt im Lesesaal der
dortigen Bibliothek sich befindet; ausgeführt)
wurde dasselbe von dem Bildhauer Aless. Nani"
(s. diesen). Die von ihm 1597 erbaute Kirche S.
Maria della Rotonda wurde dagegen nach einigen
Jahren, um die Festungsbauten erweitern zu
können, wieder abgerissen. Auch andere Bau-;
werke von seiner Erfindung, in der Umgegend)
von Ferrara," sind nicht mehr erhalten. An der
Kathedrale der Stadt rührt von ihm der Ausbau
des Thurmes her. Diese Bauten verrathen
einen geschickten Meister, sind aber ohne be-
sondere Eigenthümlichkeit und in dem gewöhn-
lichen Charakter jener Epoche: von ziemlich
schwerfälliger Ausladung der Formen und der
zwar wirksamen, aber etwas plumpen Manier
der Ornamentation.
Grösseren Beifall noch als diese Gebäude fand
das Theater, das er 1606 für die Akademie der
Intrepidi erbaute. Es galt damals für Eines der
schönsten in Italien, ging übrigens durch eine
Feuersbrunst im J. 1679 zu Grunde (die Ueber-
reste erst 1801 weggeräumt). Erhalten ist da-
gegen noch, wenn auch in schlechtem Zustande,
das grosse Theater Farncse in Parma,
eines der geräumigsten in Europa , in der Weise
der Amphitheater des Alterthums 1618-1619,
auf Befehl des Ranuceio I. Farnese, von A. in
Holz gebaut. Eine Zeitlang scheint der Bau-
rncister desselben unbekannt gewesen zu sein;
Algarotti hielt es für ein Werk des Pzrlladio, mei-
stens wurde es im 18. Jahrh. dem Vignola zuge-
schrieben. Der Pater Ireneo Aifö von Parma, der
sich mit der Kunstgeschichte seiner Vaterstadt
viel beschäftigte, hat dann aus einem zeitgenössi-
schen Berichte (in Marcello Buttigly, Descrizione
dell' apparato per le nozze del Duca Odoardo,
1629, p. 267) unzweifelhaft festgestellt, dassA. der
Erbauer des Theaters gewesen. Auch die innere
Eintheilungy die allmiilige Erhöhung, die Or-
chestra, die Ränge, der obere Säulcngang sind
nach den Angaben alter Schriftsteller angeord-
net. Doch ist mit den Stufensitzen das moderne
Logensystcm verbunden; über den Stufenreihen
erheben sich zwei Säulenordnungen, eine do-
lrischc und eine jonische, welche die Logen ent-
halten. Darüber dann als Abschluss reiches
Gesimse mit Balustrade und Statuen. Die antike
Form ist nur für den Zuschauerraum beibe-
halten; diesem liegt die Biihne, wie beim
eigentlichen Theater, im viereckigen Anbau
gegenüber. Modern war ferner die reiche Orna-
mentirung der beiden Eingänge zum Saale,
welche, nach Art der Triumphbogen gebildet,
Reiterstatuen trugen. Die dekorativen Male-
reien im Inneren riihrten von Lionello Spada und
Domenico Ourti her. Der Zuschauerraum fasste
5000 Menschen (nicht 10,000, wie Buttigly an-
gibt). Erweitert wurde das Theater etwas später
noch vor 1629 durch den Marchese Enzo
Bentivoglio. Der ganze Bau ist für die pracht-
liebenden italienischen Höfe jener Zeit bezeich-
nend; und so war auch, ungeachtet der zu Grunde
gelegten antiken Form, die Ornamentation in dem
prunkenden, etwas schwerfalligen Charakter der
Epoche. Eröffnet wurde das Theater erst 1628,
gelegentlich der Hochzeit des Fürsten Odoardo
und der Prinzessin Margarita von Toskana, mit
der festlichen Aufführung eines grossen Turniers
Mercurio e Marte (von Achillini) und eines
Schäferspiels Teti e Flora (dasselbe wurde 1628
gedruckt, mit der Angabe auf dem Titel, dass 65
zu Parma in dem vom Herzog erbauten "mal-l'a-
viglioso teatroa dargestellt worden). Sogar zu
Aufführungen zu Wasser, zu Naumachien, konnte
das Parterre hergerichtet werden, und wirklich