200 Leon Battista Alberti.
namentirte Hauptportal. Er zeigt sich hier in
der dekorativen Ausstattung dem sonst geniale-
ren Brunellesco überlegen. Wo Alberti orna-
mentirt, weiss er immer den Ernst des architek-
tonischen Eindrucks durch eine heitere Leben-
digkeit zu mildern, ohne die Grenzen klassischer
Einfachheit zu überschreiten. Vollendet wurde
die Fassade, wie die Inschrift im Fries meldet-
Johannes Oricellarius (d. h. Rucellai) Pauli Fi-
lius Ann. Sal. MCCOCLXX im J. 1470. Doch
scheint die mittlere Hauptthiire erst nach dem
Tode des Gio. R., und zwar durch Fürsorge sei-
nes Sohnes Bernardo, fertig geworden zu sein;
in der porphyrnen Schwelle derselben findet sich
die Inschrift: Bernardus Oricellarius.
Bedeutender war der Palastbau, welcheni
Alberti für Giovanni (nach Anderen für Cosimo)
Rucellai, wahrscheinlich zwischen 1460 und 1466
in der Strasse la Vigna aufführte: noch heute
eines der hervorragendsten toskanischen Denk-
mäler der Renaissance. Alberti that hier (unge-
fahr gleichzeitig mit Bernardo Rossellino) einen
entschiedenen Schritt über den bisherigen floren-
tinischen Palastbau hinaus. Die blosse Rustika-
fassade mit Rundbogenfenster der Brunellesco,
Michelozzo und Giuliano da Majano bereicherte
er mit Pilastcrstellungen (zwischen den Fenstern,
die unterste dorisch oder toskanisch), indem er
zugleich, um diesen volle Geltung zu sichern,
das Relief der Rustika mässigtc. Noch ist die
Durchführung dieses Princips einförmig, an
strenge Regelmässigkeit gebunden, während die
Wirkung von dem feierlichen Ernst dcr früheren
Paläste viel cingebüsst hat; aber es bleibt ein
Fortschritt zu dem grösseren Reichthum und Le-
ben, womit die Renaissance die antiken Formen
für ihre weltlichen Zwecke verwerthet und kom-
binirt und womit schliesslich Bramante jene von
Alberti vorbereitete Bauweise vollendet hat.
Gegenüber vom Palastc stehen noch einige Ueber-
reste einer ebenfalls von Alberti erbauten Halle
(Loggia) der Rucellai, die diesmal, trotz seines.
principiellen Festhaltens am geraden Gebälk,
über den Säulen Bogen hat. Auch rührt von ihm
die Zeichnung her zu den1 Palast Rucellai in derl
Strasse della Scala, später Palast Stiozzi, jetzt
im Besitz des Fürsten von Piombino. Hier brachte
Alberti, seinem alten Grundsatz getreu, wieder
Säulenhallen (zwei Loggien je gegen Mittag und
gegen Abend) an mit geradem Gebälk und ohne
Bogen. Der Bau ist jetzt fast gänzlich verän-
dert. Endlich errichtete er für die Rucellai 1467
eine Kapelle, im Inneren mit der Nachbildung
des heil. Grabes von Jerusalem, nach einer Zeich-
nung, welche Gio. Rucellai an Ort und Stelle
selber hatte nehmen lassen. Die Kirche S. Pan-
crazio, der sie angefügt war, steht nicht mehr;
das Oratorium des S. Sepolcro aber ist erhalten
und 1809 von Giuseppe Orazio Rucellai restau-
rirt und auf's Neue geschmückt worden. Es ist
ein feiner Zierbau von Feldern aus verschieden-
farbigen: Marmor zwischen kannelirten Pilastern.
Die Inschrift über der Thüre besagt, dass Gio.
Rucellai, der Sohn des Paolo, dieses Heilig-
thum nach dem Bilde des Jerusalemer Gra-
bes 1467 habe machen lassen. Eine Villa,
welche Alberti für dieselbe Familie in Qua-
racchi bei Florenz aufführen liess, ist später
auf einen Zweig des Geschlechtes Pitti über-
gegangen.
Ziu' Zeit Paul's I. (1464 bis 1471) finden wir
Alberti wieder in Rom. Er scheint damals den
Plan zu einem bedeckten Säulengang auf der
Engelsbriicke gemacht zu haben, wovon Vasari
die Zeichnung besass. Zur Ausführung dessel-
ben kam er nicht mehr; er st. zu Rom 1472.
Zwar ist diese Angabe bei Mathias Palmerius
(De temporibus suis ab anno 1449 ad 1482 in:
Tartini, Script. rer. Ital. I. 256: an. 1472 Leo
Baptista Albertus vir ingenii atque doctrinae
elegantis Romae moritur egregio Architecturae
codice relicto) wol erst später eingeschoben, da
sie in der älteren Ausgabe fehlt. Allein die
Pfriinde von S. Martino de Gangalandis wurde
am 26. April desselben Jahres anderweit ver-
geben, war also durch seinen Tod erledigt. Nach
Du Fresne und Mazzuchelli (s. unten) wäre er
1480 gest., nach anderen noch später, da er noch
1483 zwei Schriften vollendet habe (s. Bandini,
Biblioth. Leopoldina III. 307. 309 und Guhl,
Künstlerbriefe I. 32). Da er in Rom gest, so ist
auch wol die Angabe, er sei im Erbbegräbnisse
seiner Familie in S. Croce zu Florenz beigesetzt,
irrthiimlich (s. Poccianti, Catal. degli scrittori
fiorent. p. 113).
Albertfs Bildniss besitzen wir auf einer Denk-
münze seines Bautiihrers für S. Francesco, Mat-
teo Pasti von Verona; ein Exemplar derselben
in Silber befindet sich in der Pariser Bibliothek.
Nach Vasari soll sich ein Bild des Alberti an
dem Grabmal der Isotta in S. Francesco zu Ri-
mini befinden, nach neueren Angaben an dem-
jenigen des Sigismondo Malatesta. Seine gest.
Bildnisse s. unten.
Die Bedeutung dieses Meisters für die Kunst
der Renaissance liegt schon in seiner Persönlich-
keit, wie in seinem vielseitigen Wirken ausge-
sprochen. Merkwürdig aber ist, wie er schon
das Wesen der architektonischen Schönheit be-
griffen und insbesondere das der Renaissance
praktisch durchgeführt hat. Denn er behandelt
die antiken Formen als ganz selbständige lllittel
des künstlerischen Ausdrucks und sieht, dass in
ihrer Verbindung, unabhängig von der Kon-
struktion, also in der rein formalen Erscheinung
des Aufbaues die eigentliche künstlerische Wir-
kung liegt. Wenn er hierbei schwankt, bald zu
eng sich hält an gewisse strenge Gesetze des
lAlterthurns, bald zu weit geht in dekorativen
Fassaden, die blos maskirende Prachtstücke sind,
so zeigt sich darin nur, dass er die richtige Mitte
der Neues ans dem Alten bildenden Freiheit
noch nicht gefunden hat.