Leon Battista Alpßgpii
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tiner Meisters Bernardo vor, dem allein er bis-
her die Leitung der neuen Bauten, insbesondere
den Bau des vatikanischen Palastes und die Ver-
änderungen in Sta. Maria Maggiore, überlassen
hatte. Letzterer war nach des Vasari Angabe,
die, wenngleich nicht unbestritten, doch wol be-
gründet ist, der Architekt und Bildhauer Ber-
Ilardo Rossellino. Diesen beschäftigte der Papst
zwar auch weiterhin; doch gab Alberti in allen
architektonischen Dingen den Ausschlag und lei-
tete so thatsächlich alle monumentalen Unter-
nehmungen, während Bernardo im Wesentlichen
auf die Ausführung beschränkt blieb. Im Ein-
zelnen lässt sich der bestimmte Antheil Albertfsl
an den verschiedenen Bauten nicht mehr nach-
weisen; doch sollen viele Zeichnungen, deren
Ausführung Bernardo verstand, von Alberti ent-
werfen sein (nach der Handschrift des Camal-
dulensers Silvano Razzi in der Magliabecchiana).
Und so stand überhaupt unter Alberti das ganze
Bauwesen. Mit seinem Rathe wurde auch die
von Augustus herriihrende Leitung der Acqua
Vergine hergestellt, sowie die Fontana Trevi
erbaut; doch ist dieselbe später, unter Klemens
XIL, gänzlich verändert werden. Wie Alberti
auch in Ingenieurarbciten bewandert war, geht
aus dem Auftrage hervor, den ihm nach der Er-
zählnng des Biondo der Kardinal Prospero C0-
lonna als Herr von Nemi gab, nämlich das in den
See von Nemi versenkte Schiif 'l'rajan's wieder
an die Oberliächc zu fördern. An Biondds Aus-
sage ist nicht zu zweifeln, da er selber Zuschauer
bei dem merkwürdigen Unternehmen war; und
so ist es wol aus Albcrtfs einfachem sachlichen
Interesse zu erklären, dass er in seinem Werke
vom Bauwesen, als er der Sache gedenkt (lib. V.
eap. 7), seinen eigenen Antheil an derselben
nicht Weiter berührt. Dass er aber damit zu thun
hatte, lässt sich aus seinen Worten schliessen:
vI-Iinsiehtlich des Schiffes lh-ajanis, das in jenen
'l'agen aus dem See gehoben wurde, habe ich die
Bemerkung gemacht, dass das Pinicn- und Cy-
presseirholz ausnchmend hart geworden Wahr.
So grossen Einfluss hatte übrigens Alberti auf
den Papst, dass er ihn bewegen konnte, den
grossen Umbau der Peterskirche, der seit 1452
begonnen war, wieder aufzugeben, weil er seinen
Absichten nicht entsprach. Schon waren die
Mauern dazu .13 Ellen hoch aufgeführt, als sie
wieder eingerissen wurden; der Bau sollte dann
Wol nach Albertfs Plänen von Neuem begonnen
Werden. Doch ehe noch dazu ein Anfang ge-
macht war, starb der Papst.
Dasselbe Ereigniss scheint Alberti zur Riick-
kehr nach Florenz bewogen zu haben, wo er
Ohnedem ungern vermisst wurde. Schon damals
War er als hervorragender Architekt in ganz
Italien zu grossem Ansehen gelangt, und jeder
Fürst, jede kleine Republik des Landes hätte
gern seine Thätigkeit in Anspruch genommen.
Allein wir wissen schon, wie den Meister seine
allseitige geistige Regsamkeit wenig zu prak-
tisehem Wirken gelangen liess. Diessmal hatte
ihn Antonio Canigiani dringend nach Florenz
eingeladen. Vor 1455 wird er kaum dahin zu-
riickgereist sein; denn noch 1453 hatte er in Rom
als Augenzeuge die Schilderung der Verschwö-
rung des Stefano Porcari gegen Nikolaus nie-
dergeschrieben und 1454 von dort die neue Zeich-
nung zu der Fassade von S. Francesco nach Ri-
mini gesandt. In Florenz finden wir ihn nun als
Thcilnehmer an den Unterhaltungen, die Lorenzo
und Giuliano de' Medici in der Zurückgezogen-
heit zu Oamaldoli pflegen und aus denen Cristo-
foro Landini den Stoff zu seinen Quaestiones
Camaldulenses schöpfte. Auch bei dem Gastmahl
war Albcrti, das 1464 Lorenzo Medici den grie-
chischen Gelehrten Philotimos von Konstantino-
pel und Aretophilos von Athen zu Ehren gab.
iAn der beginnenden Verbreitung griechischer
Bildung sehen wir so den Meister als Genossen
der Fürsten ebenfalls theilnehmen.
Als Architekten beschäftigten ihn damals in
Florenz mehrere Bauten für die Familie Ru-
c el lai. Den Historiker Bernardo Rueellai hatte
er schon in Rom gekannt, da er demselben nebst
Lorenzo de" Medici und Donato Acciajoli bei der
Untersuchung der Alterthümer als Führer diente.
11m Auftrage des Giovanni di Paolo Rucellai
hatte er um 1456 die Marmorbelegung der Haupt-
fassade von Sta. Maria Novell a weiterzufüh-
ren, die auf Bestellung eines Turino Baldesi
(Testament desselben von 1348) schon weit frü-
her begonnen war. Er war hier an das Muster
des schon ausgeführten unteren Theils gebunden ;
schwerlich hätte Alberti selber das Princip der
Inkrustation angenommen, das seinen eigenen
architektonischen Grundsätzen widersprach. Da-
her ist auch diese Fassade seinen übrigen Bau-
ten ungleich; nur in dem hervorragenden mitt-
leren Theil findet sich ein Anklang an den Palast
Rucellai (s. unten). Darum zweifelt Ricci, dass
von Alberti die ganze Fassade herrühre, und
wirklich nennt der Dominikaner Giovanni Ca-
sella nicht ihn, sondern Giovanni Bertini als
Baumeister. Allein dieser mag den Bau nach
Albcrti's Zeichnungen nur geleitet haben. Bis
zum Hauptgesimse über den Rundbögen war die
Inkrustation im Wesentlichen schon vollendet,
und der obere Theil; Pilasterordnung mit Gie-
,bel, erinnert doch an die Bauart des Meisters,
Wvährend er zu beiden Seiten die volutenmässig
geschweiften Formen offenbar anbraehte, um die
Pultdächer der Seitenschiife zu verbergen. Die-
rselbcn sind das erste Beispiel der von der Ba-
lrockarchitektur so vielfach angewandten Volu-
ten, hier aber, so wenig klassisch auch die Form.
list, nicht unpassend und in Einklang mit dem
Ganzen angebracht. Denn dieses war auf eine
vorwiegend malerische Wirkung angelegt, und
dass Alberti dieselbe erreicht, dass er der gan-
zen Fassade eine anmuthige Bewegung gegeben
hat, ist nicht zu leugnen. Unbestritten ist von
ihm das schön behandelte, fein und massvoll or-