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Leon Battista. Alberti.
geworden. Es ist nicht von Bedeutung und han- teresse. Fast immer, wo sie ein Gesetz oder ein
delt insbesondere von den Mafsen und Verhiilt- Muster aufstellen, berufen sie sich auf das Alter-
nissen zum Zwecke der richtigen Zeichnung des thum; diesem (lurclnveg sind die Werke und
plastischen Werkes, sowie von einer Vorrich- Künstler entnommen, welche der Betrachtung
tung zum sogenannten Punktiren. 1435 folgten werth erscheinen. Und dennoch sind diese Bü-
dann jene dem Bruncllesco gewidmeten drei eher für das Kunstleben des 15.Jahrh. in hohem
Bücher von der Malerei. Ausser den unten ge- Grade bezeichnend. Sie geben der Begeisterung
nannten Uebersetzungcnbefandsichhznidschrift- desselben für das künstlerische Schaffen einen
lich in der Bibliothek des Hauses Nani in Vene- treffenden Ausdruck, indem sie den grossen all-
dig auch eine 1720 geschriebene griechische gemeinen Werth der Malerei und der Architek-
Uebertragung von einem llIalerPanagiota Doxara tur, der Kunst überhaupt auf das Lcbhafteste
aus MOrGa- Allßil hat Alberti Selbst einen kür- und in ganz idealer Weise hervorheben; sie su-
zeren Auszug unter dem Titel Rudimenta oder nhnn nndl-el-Seits den FQ1-tga1]g' der zeitgenössi-
Eielnentd Pintdme gegeben, der in Hn-ndsßilfiiildn sehen Kunst praktisch zu fördern, indem sie cin-
itßiißnisßil lllld iPItCiHiSCh CXiSlIiTCII 8011- gehende Vorschriften, vorwiegend technischer
Die Wichtigstg Sghl-iff, sind dig zghn Bücher Art, geben. S0 Sßilildüfilliiß Sßilfift iib6l' die bitt-
von der Baukunst, De 1-9 aedificatoi-ia, lerei den grossen Einfluss derselben auf alle
welche Alberti wahrscheinlich auf Anregung des Kunst, sowie die wunderbare Macht ihrer alles
Leonello von Este entwarf und 1451 dem Papste Ferne und Vergangene lebendig vergegenwär-
Nikolaus V. widmete. Von einem italienischen tigendcn Darstellung. Daran reiht sie eine An-
Texte sind nur die drei ersten Bücher, in Al- zahl von Regeln, welche im Ganzen genommen
berti's eigener IIandschrift und mit vielen Kor- den praktischen Zweck haben, die Zeitgenossen
rekturen, bekannt. Das lateinische Werk gab von den Schranken der noch fortwirkenden
erst Albertfs Bruder, Bernardo, mit einer Dedi- Giotto-Schule losznlösen und ihnen dagegen den
kation des Angelus Politianns zu Florenz, 1484 Weg durch technische Fortschritte zur
(1485, quarto calendas januarias) heraus; man vollen Freiheit der Erscheinung zu zeigen. Dazu
nahm es als eine Sachverständige und antiqua- wird als ein wesentliches Mittel auch das fleis-
risch gelehrte Erlauterung- des Vitruv, der eben sigste Studium der Natur empfohlen, wie andrer-
um dieselbe Zeit bekannt wurde. Die zehn Bü- seits Alberti für den Künstler eine breite wissen-
cher handeln: 1) von den Plänen; 2) von den schaftlichc und literarische Bildung als unent-
Mdteiißiißn; 3) Vnn der Leitung dCY Arbeiten; bchrlich ansieht (sicher schon desshalb, weil der
4) vom Ganzen desBauwerkes; 5) von den zu- Humanist die Gestalten der antiken Mythe und
fälligen Umständen: 6) von den Ornamenten und Poesie diu-ch die Malerei auf's Neue verherrlicht
der Verzierung; 7) VOR der den heiligen Gßbäll- sehen wollte). Ist hier auch von der eigenen Zeit
Albcrtfs nirgends die Rede, so empfinden wir
der Profan-Arehitektuf; 9) Voll der VCYSC-ilöne" doch überall den vollen Zug der anhcbenden Re-
Ynng der PriVnnbniltßnä w) Vßn den VCYÜCSSC- naissancc, wie denn auch deutlich ihre vorwie-
Ydngen der begangenen Fehlen Udbdi die VCY" gend malerische Bedeutung in jener Bewunde-
Snhieddnen Auflagen nnd Ußbdlnetznngdn des rung Alberti zum Bewusstsein gekommen ist.
bald und lange Zeit hindurch vielgesuchten Bu-
ches s. unten. Den ursprünglichen italienischen 111. Seine architektonischen Grundsätze.
Text gab zuert Bonucci im vierten Bande der Was die Werke über Architektur anbe-i
Opere volgari. Dort finden sich noch zwei kleine, langt, so ist zunächst merkwiirtiig, wie Alberti
ebenfalls von Alberti herrührende Schriften, in der umfassendsten Weise Vitruv benützt hat,
nämlich eine Lehre von der Perspektive, welche ohne sich auf ihn zu berufen und ohne seiner
das erste Buch von der Malerei in Aussicht ge- Quelle naher zu gedenken. Die Mehrzahl seiner
stellt hatte, und ein 'I'rattato über die fünf Säu- Erörterungen beruhen auf Aussagen des römi-
lenordnungcn (J cinque ordini architettonici). sehen Baulehrers. Alberti hat zuerst denselben
Zur Ausbreitung des Ruhmcs, in welchem A. erneuert, sein Studium verbreitet und die Anre-
ini 16. und 17. Jahrh. stand, hat dieses Werk gung zu den vielen Uebersetzungcn und Kom-
über Architektur wol am meisten beigetragen. mentaren gegeben, welche bis zu Serlio die ganze
Man fand, dass bisher die Grundsätze und Be- Renaissance auf das Lebhaftestc beschäftigt ha-
dingnngen der Baukunst niemals so klar (large- ben. Indessen ist unser Meister weit mehr als
legt worden. Ihn selbst nannte man den ilorcn- blosser Kommentator des Vitruv. Er übertrifft
tinisehen Vitruv, und schon sein Zeitgenosse seinenVorgänger an vielseitiger Betrachtung des
Ugolino Verino (1442-4500; De Illustr. Urbis Bauwesens, scheidet alles Undeutliche und Ver-
FlorcntiaeLib, sagte von worrenc so viel wie möglich aus, sucht seine
ihm, dass er nicht geringer als Euklides sei und Grundsätze folgerichtiger(lurchzufiihren, ergänzt
den Vitruv selber übertreife, ihn und bringt ihn überall auf eine grössere Klar-
Mit der Kunst jener Epoche selber besehäfti- heit des Ausdrucks. Was aber gründlich den
gen sihh diese Schriften gar nicht; sie enthalten Meister der Renaissance von dem römischen
überhaupt keine historischen Angaben von Iu- Theoretiker unterscheidet, das ist die hohe und