2149.
677
anniversarium. Obiit die purificationis Mariae (2. Februar) anno
LXXXVIII. Daraus musste man srhliessen. dass der Künstler den
2. Februar 1488 gestorben sei. Die Original-Urkunde hatte aber Hügot
nicht vor sich, sondern einen Auszug. in welchem der Schreiber 1488
statt 1498 oder 1499 gesetzt haben könnte. Im YVickrams Urbar von
St. Martin fand Hügot selbst wieder. dass Martin Schongauer 1490
eine Erbschaft gemacht hatte. Die Glaubwürdigkeit des Auszuges aus
dem Bruderschnftsbuche ist also erschüttert, und Hans Burgkmair ver-
dient dnher mehr Berücksichtigung.
Es frägt sich aber, ob M. Schongauer in Colmar geboren wurde.
Im Jahre 1462 war er vermuthlich noch nicht in jener Stadt; denn
damals wurden die Bilder des Hauptnltzires in St. ltlartin dem Gnspard
Isenman, einem geringeren Meister, übertragen. Sie befinden sich jetzt
im Museum zu Colmar. Im Jahre 1473 malte M. Schongauer das be-
rühmte Bild der hl. Maria im Rosenhag in der genannten Kirche. Seine
frühere Anwesenheit in Colmar ist nicht documentirt. Im Bürgerbuche
kommt unter dem Jahre 1445 ein Goldschmied Kaspar Schongauer vor,
welcher 1468 starb. Diess war vielleicht der Vater unsers Künstlers,
wohl ein Augsburger, der demnach mit seinem Sohne nach Colmar
übersiedelte. Albert Dürer traf 1492 in Colmar wieder einen Kasper
Schongauer, dieser muss demnach Martin's Bruder gewesen seyn. Ludwig
Schongauer, ein zweiter Bruder unsers Meisters, blieb lange in Augs-
burg, und er allein kommt im Bürgerbuche der Stadt vor. Ueber ihn
haben wir aber unter LS No. 1343 gehandelt. sowie über seinen Sohn
Martin, so dass wir zwei Martin Sehongnuer haben.
Da die Spur unsers berühmten Meisters nicht in Augsburg ent-
deckt werden konnte. wandten sich die Kunstforscher nach Ulm. wo
ein älterer und ein jüngerer Martin Schön oder Schongauer, dann
Barthel Schön u. s. w. eingebürgert gewesen seyn sollen. Allein Pro-
fessor Hassler (Verhandlungen des Vereins für Kunst und Alterthum
in Ulm und Oberschwaben 1855 S. '76) hat alle Ulmischen Urkunden
und Copialien auf das Sorgfältigste durchgegangen, aber nicht in einer
einzigen den Namen Schön oder gar Martin Schön oder Schongawer
gefunden, was zu Grüneisems Buch (Ulms Kunstleben 1840) und zum
Küustler-Lexicon bemerkt wird. Der Name Martin kommt aber als
der eines oder mehrerer Maler vor, von 1398 bis 1461. Nur ein
Ludwig Schongawer ist 1479 eingetragen.
Bartsch VI. p. 103 1T. beschreibt 116 Blätter von M. Schongauer.
Nur auf Kupferstichen kommen die Initialen vor, nie auf Gemälden.
Auf Zeichnungen sind die Initialen mit der I-lausmarke fast durch-
gängig von fremder Hand hinzugefügt. E. Harzen (Naumauiüs Archiv
VI. S. 4x liest: Martin Stecher, mit Hindeutnng auf den traditionellen
Martin Stichaeus, welchen Schober als Lehrer des A. Dürer angibt.
Passavant II. p. 109 gibt einen Anhang von 17 Blättern, welche in
neuer Zeit von Silberplatten im Museum zu Basel gezogen wurden.
Es existiren nur 18 Exemplare. Dem Verzeichnisse von Bartsch fügt
Passavant einige Bemerkungen bei, besonders hinsichtlich der alten
Copien. Wir haben aber auch sehr schöne neue Copien von Alois
Petrak in Wien, in Originalgrösse. Darunter ist die Passion, B. No.9
bis 20. Ferner copirte Petrak N0. 23, 25, 28, 30, 34-45, 46, 58.
Supplemente zu Bartsch und Passavant.
1) Christus am Oelberge betend. Im Vorgrunde schlafen die Apostel.
und links hinter dem Felsen kommen die Häscher hervor. Rundes Blatt,
Durchmesser 4 Z.
Die Platte scheint ursprünglich nicht zum Abdrucke bestimmt ge-
wesen zu seyn. Wir kennen nur einen schönen neuen Abdruck.