1965.
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alt, und wir wollen ihm die Zeichnung nicht zutrauen. Auch ist die
Behandlung des Stiches mit den anderen frühen Arbeiten dieses Künst-
lers nicht übereinstimmend. Der Verfertiger war sicher als reifer Mann
dem M. Luther nahe, nicht Lorch, welcher 1545 noch in Lübeck bei
einem Goldschmied in der Lehre war. Wir glauben jetzt einen unbe-
kannten Monogrammisten annehmen zu dürfen, obgleich das Blatt schon
längere Zeit dem M. Lorch zugeschrieben wird.
2) [P. 28.] Der Papst, halb Mann und halb Drache mit drei Köpfen,
steht links im Ornate mit einem langen Knotenstock über der rechten
Achsel. Der mittlere Kopf ist mit der Tiara geziert, und oben auf
dieser ist s. v. ein Haufen Menschenkoth. Der Kopf zur Linken trägt
eine Pickelhaube, und der dritte ist ein Engelskopf. Ein Fuss hat
einen Huf, und der Drachenschwanz reicht unter dem Rocke herab.
Gegenüber steht ein Mann im kurzen Mantel, an dessen Gürtel ein
leerer Beutel hängt. Er trägt einen Spiess, an welchen zwei Ruthen
gebunden sind. Der Mann hat einen langen Bart, und während ihm
der Dreiköptige mit der rechten Hand Geld reicht, streckt dieser zu-
gleich die Krallen nach dem Spiesse aus. In der Mitte oben steht die
Jahrzahl 1555. Rechts daneben ist in dem uns vorliegenden Exemplare
eine verwischte Stelle, wo vielleicht ein Monogramm gestanden, aber
wieder weggenommen wurde. H. 5 Z. 6 L. Br. 4 Z. 7 L.
Der Verfertiger dieses Spottbildes ist jener des vorhergehenden,
0b aber M. Lörch ist eine andere Frage.
Bartsch beschreibt drei einzelne Holzschnitte, und No. 4 das Werk
mit türkischen Gostümen und Ansichten, aber nur nach dem Titel des-
selben. Passavant bringt das Verzeichniss auf 22 Nummern, kennt
aber des genannte Werk ebenfalls nur nach dem Titel. Zu dem von
Bartsch N0. 1 beschriebenen Holzschnitt mit der Sündiluth bemerken
wir. dass in sehr seltenem Drucke oben die Uebcrschrift steht: Di
Hislori von der Sindfluth steei geschriben im I Buch Mose am VI.
VII. VIII. IX. Capitel. Von zwei Platten. H. 11 Z. 9 L. Br. 18 Z. 3L.
Das von Bartsch No. 2 beschriebene Blatt mit der von Thieren
umgebenen nackten weiblichen Gestalt, die Natur vorstellend, hat das
Monogramm zwischen der Jahrzahl 15 70. Bartsch gibt 1565 an,
es scheint aber eine Wiederholung vorhanden zu seyn. Dus Blatt von
1570 ist grösser, als das von Bartsch beschriebene. H. 12 Z. 9 L.
Br. 9 Z. 1 L.
Das Werk über Sitten, Gebräuche, Costüme und Ansichten in der
Türkei ist nirgends beschrieben, und wir gehen daher zur Ergänzung
der Artikel bei Bartsch No. 4 und Passavant No. 11 näher darauf ein.
Auf vielen Blättern kommt das Monogramm vor. Die Zeichen wech-
seln aber auch auf anderen Holzschnitten und auf Kupferstichen. Wir
haben oben nur eine Auswahl gegeben.
Nach Bartsch IX p. 51 l No. 4 enthält das erwähnte Werk 129 Blätter,
und der genannte Schriftsteller gibt folgenden Titel an:
Wohlgerissene und geschnittene Figuren, in Kupfer und Holz,
durch den kunstreichen und weltberühmten Melcher Lorch, für die
Makler Bildhauer und Kunsllicbenden an Tag gegeben Anno 1619.
Auch auf eine Ausgabe von 1646 macht Bartsch aufmerksam. Er ver-
fuhr aber bei der Anzeige dieses Werkes höchst oberflächlich, und
es könnte wohl seyn, dass folgende Ausgabe gemeint sei:
Dess Weitberühmbten, Ifunstreiclten und Wolerfahrnen herrn
Melchior Lorichs, j Flensburgensis. l Wolgerissene und Geschnittene
Figuren zu Boss vnd Fuss snmpt schönen Türkischen Gebärden
und allerhand was in der Türkeg I zu sehen. Alles nach dem
Leben und dem perspeclive Jedermann vor l Augen gestellet. [