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Das erste Hauptwerk, welches er im Auftrage des Raths zu fertigen
hatte, war ein jüngstes Gericht für den Rathssaal. Im Jahre 1501
begonnen, wurde dasselbe erst 1506 vollendet und mit einem schützen-
den Vorhang versehen aufgestellt. Verschiedene verhältnissmässig be-
deutende Summen finden sich in den Rathsrechnungen als für dieses
Werk betreffend verzeichnet: so 1502 eine erste Zahlung von 120 liv.,
bald darauf 405 liv. 2 d. um den Grund zu vergolden. Das spätere
Schicksal dieses Gemäldes ist nicht bekannt, man kann aber annehmen,
dass ein bedeutendes Werk zu Grunde gegangen ist.
Im Jahre 1503 geschieht seiner in den Rathsrechnungen nicht
Erwähnung; vermuthlich war er mit Ausschmücknng des bischöflichen
Palastes zu Sitten in Wallis beschäftigt. In den Rathsschriften findet
sich wenigstens die Oopie eines interessanten Empfehlungsschreibens,
womit die gnädigen Herren von Freiburg dem Bischof von Sitten,
Cardinal Schinner, ihren Landsmann für die Ausschmückung seines
"köstlichen Tafelwerkes" empfahlen. Vom Jahre 1505 ist ein Haupt-
werk unseres Meisters vorhanden, welches er für das Franziskaner-
Kloster in Freiburg malte, wo es noch aufbewahrt wird. Das Gemälde
enthält in zwei Abtheilungen eine Legende aus dem Leben des hl. An-
tonius von Padna: den Tod eines Geizigen, ein Bild von schauer-
erregender Phantasie, doch mit der grössten Naturwahrheit im Aus-
druck und den Geberden der dargestellten Personen, und von glänzend-
stem Colorit.
Im Jahre 1505 wurde Fries auch vom Rathe von Bern berufen,
um die Thranen eines Blut weinenden Madonnenbildes in der Domini-
kaner-Kirche zu untersuchen, ob nämlich die Thränen ächt oder
künstlich hervorgebracht seien. Laut Aussage des Chronisten Anshelm
wurde sogar der berühmte Maler Fries durch den Betrug getäuscht;
wahrscheinlicher findet man es aber, dass er es mit dem mächtigen
Orden nicht verderben wollte. Im folgenden Jahre scheint Fries aus
Mangel grösserer Bestellungen auch mit geringeren Arbeiten sich be-
fasst zu haben; er übernahm es, nicht nur die Wappen im Zeughaus,
und 17 Fahnen für die Freiburger Truppen zu malen, für welch' letz-
tere Arbeit er 9 liv. empfing, sondern unterzog sich sogar der Noth-
wendigkeit, Wetterfahnen auf Schlösser und auf Brunnen zu malen.
Im Jahre 1511 scheinen sich die Verhältnisse für den Künstler
günstiger gestaltet zu haben. Er verliess das Haus des Stadtschreibers
und siedelte sich in der Nahe der Johanniter Comthurei an, für welche
er in der Folge verschiedene Bestellungen ausführte. Auch stiftete er
einen Jahrtag bei seinen guten Freunden, den 'v'ä.tern Franziskanern,
im Betrag von 20 Livres. Das Jahrzeitenbuch des Klosters erwähnt
dieser Stiftung wie folgt: Annioersarium fondat Joannes Friess uff
der Matten pro 20 lib. Pictor totius Helvetiae princeps celeberri-
morum piclorum universae Germaniae collega emtitit.
In den drei folgenden Jahren verlieren wir' in Freiburg unsern
Künstler aus den Augen, indem er wahrscheinlich in einer anderen
Stadt der Schweiz beschäftigt war. Seine Rückkehr im Jahre 1514
ist durch die oben erwähnten Gemälde bezeichnet, welche er für die
Capelle der Johanniter Comthurei ausführte, und die jetzt im Museum
zu Basel aufbewahrt werden. Im Rathsprotokoll vom 27. J nli 1517 findet
sich die Notiz, dass dem Meister Hans Fness bewilligt wurde, ausser-
halb des Cantons zu verweilen, um seine Arbeit zu vollenden. Wo er
verweilte, wird nicht dabei erwähnt, hierüber belehrt uns aber ein
Notariatsakt, das Testament seines im Jahre 1518 verstorbenen Vetters,
des Rathsherrn Hans Friess, welcher dem Künstler 200 Livres ver-
machte: Item geben ich hausen Friesen, dem Makler, meines vetters