1822.
567
1822. Mathias Grunewald gehört neben A. Dürer und L. Cranach
zu den ausgezeichnetsten Malern in der
ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, und
alle drei stehen in einer gewissen Ver-
wandtschaft, so dass früher Werke seiner
Hand dem Dürer und Cranach zugeschrieben
wurden. Grunewald folgte ziber einer eigen-
thümlichen, fast romantischen Richtung,
und die französische Renaissance blieb nicht
ohne Wirkung auf ihn. Seine männlichen
Figuren sind würdig und ausdrucksvoll in
den Köpfen, die Frauen und Engel von
schlanken Proportionen und von grosser Schönheit der Gesichtszüge.
Charakteristisch ist eine unter verschiedenen Gestalten wiederkehrende
weibliche Portraitiigur, deren Schönheit durch die malerische Tracht
der Zeit nur noch erhöht wird. Es ist die in's Leben des Cardinals
Albert von Brandenburg vielfach eingreifende Margaretha Rüdinger,
welche die Sage zur Geliebten des genannten Kirchenfürsten macht.
Sie erscheint auf Gemälden des Meisters Grüuewald als hl. Margaretha,
als hl. Barbara und Ursula, als erstere dem hl. Erasmus gegenüber,
welcher das Portrait des Cardinals ist. Als St. Elisabeth trägt sie
Blumen im Schurze, und sie durfte, so lange unser Maler im Dienste
des ritterlichen Cardinal-Erzbischofs stand, wohl auf keinem Gemälde
fehlen. Sie war auch am Hofe desselben der Glanzpunkt, und in den
Augen des Cardinals wirklich eine Heilige in Fleisch und Blut, indem
er sie nach ihrem Tode von Papst Leo X. canonisirt wissen wollte.
Allein diesem Ansinnen konnte der heilige Vater doch nicht Folge
geben, dagegen überschickte er aber dem deutschen Kirchenfürsten
Reliquien der hl. hlargaretha. Für diese liess der Cardinal einen
Sarkophag in Erz fertigen, welcher im Dome zu Aschadenburg eine
Stelle fand. Die Aufschrift lautet: Corpus S. Margeritlae cirg-inis
et martyris a numero undecim millium cirginum MDXXXVI. Doch
auch die Margaretha Rüdinger tigurirt als Heilige auf Gemälden in
Aschaffenburg, in der Pinakothek zu München dcc. J. H. v. Hefner-
Alteneck liess drei solcher Rüdingeüschen Heiligenbilder für sein
Costümwerk in Kupfer stechen. Das Monogramm kommt auf keinem
vor, das erste der gegebenen Zeichen steht aber auf einer Feder-
zeichnung im Besitze des Hrn. Rudolph Weigel in Leipzig, welche
das Bildniss des Meisters enthält. Er ist in einen Pelzrock gekleidet,
und mit blossem Kopfe im Brustbilde dargestellt, wie er einem Ge-
danken nachsinnt, und mit der rechten Hand die Feder halt, um ihm
Ausdruck zu geben. Diese Zeichnung ist in Facsimile vorhanden. Eine
andere Zeichnung mit dem Monogramme, oder ein Gemälde kennen wir
nicht. Ein ähnliches Zeichen, welches Brulliot I. N0. 2203 dem M.
Grünewald zuschreibt, gehört dem späteren Mathias Gerung an, dem
Meister N0. 1824. Im Institute zu Frankfurt a. M. sind zwei Altar-
ilügel mit St. Lorenz und St. Cyriacus, welche zu A. Dürer's Himmel-
fahrt der Maria gehörten. Auf dem Flügel mit St. Lorenz ist das
Monogramm MG VN. Die Bilder sind grau in Grau gemalt, und
werden dem Grünewald zugeschrieben, sind aber eher von M. Gerung.
Der Buchstabe N ist für ihn unerklärlich, da. man glaubt, Grünewald
,sei von Aschaffenburg, indem er auch Mathes von Aschaffenburg ge-
nannt wird.
Die Lebensverhältnisse dieses berühmten Meisters sind noch nicht
genau erforscht. Nach Malpe wurde er 1450 zu Ascbadenburg geboren,
Fiorillo setzt aber 1480, und lässt ihn 1510 in Frankfurt sterben.