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Diese Reihenfolge Priorität, Posteriorität welche die Schönheit
und häufig auch die Seltenheit; der Abdrücke hexlingt, ist aber im
Allgemeinen an Kennzeichen gebunden, welche, wenn auch nicht durch
verschiedenartige Plattenzustände, doch anderweitig die Zeitfolge cou-
statiren, in der die Abdrücke aus der Presse hervorgegangen sind.
Dieser Kennzeichen gibt es vorzüglich drei, nämlich:
a) Die rauhen Ränder, als Folge der Feilstriche, die an den Kanten
der Platte nicht fortpolirt werden sind und sich in den Abdrücken als
kleine, dicht nebeneinander in regelmässig gleicher Entfernung stehende
Strichelchen oder längliche Punkte zeigen. Durch das Wischen (ler-
Plattenränder beim Drucken wurden aber diese Feilstriche allmählich
geglättet und fortpolirt, so dass dieselben immer schwächer werden
und zuletzt gänzlich verschwinden. Je deutlicher und kräftiger sich
dieselben daher in den Abdrücken manifestiren, umsomehr lässt sich
auf die Priorität derselben schliessen. Werden jedoch solche Platten-
ränder, bei denen die erwähnten Feilstriche bereits verwischt sind,
zufällig oder absichtlich vom Kupferdrucker nicht rein gewischt, so
entstehen beim Abdruck die sogenannten schmutzigen Ränder, welche
sich jedoch von den sogenannten rauben Rändern dadurch unterscheiden,
dass bei ihnen die Spuren der Feilstriche nicht sichtbar sind, sondern
der sogenannte Schmutzrat der Ränder mehr einer Tuscharbeit ähnlich
siebt. Der letztere ist daher auch kein sicheres Zeichen der Priorität
eines Abdruckes, wenn er nicht dieselbe durch das Vorhandenseyn
eines der folgenden, von Linck angegebenen Kennzeichen bethätigt.
b) Das zweite Kennzeichen der Priorität eines Abdruckes ist der
ungereinigte Grund der Platte. Er ist eine Folge dessen, dass, nach
dem Schleifen der Platte mit Schieferstein, dieselbe nicht weiter mit
dem Polirstalil geglättet, sondern sofort vom Künstler zu seiner Arbeit
vollendet wurde, wie Rembrandt diess sehr häufig zu thun pflegte
Da. in einem solchen Falle die Platte nicht die erforderliche höchste
Glätte und Reinheit erhielt, sondern vielmehr der Grund derselben
(das Plenum) in einem Zustande verblieb, der beim Drucken die aller-
vollkommenste Beseitigung der Farbe durch Wischen verhinderte, so
zeigt sich in den von solchen Platten erhaltenen Abdrückeu der Grund
von mehr oder minder grauem Ton, in welchem man häuüg, ja beinahe
immer, die Spuren kleiner Haarstriche oder Risse, die vom Schleifen
zurückbleiben, wahrnimmt. Diese letzteren piiegen, wenn auch einzeln
oder zerstreut, stets in einer Richtung zu liegen und sind gewöhnlich
auch mit den vorerwähnten rauhen Plattenrändern verbunden; denn
wenn diese schon fort sind, ist auch der Schleifgrat des Grundes durch
das Wischen beim Drucke schon polirt und verschwunden.
Dieser graue Ton des Grundes ist aber auch zuweilen bei schon
stark benutzten Platten dadurch hervorgebracht worden, dass derDrucker,
zufällig oder absichtlich, die Platte nicht rein gewischt, wodurch die
Abdrücke ebenfalls einen grauen Grundton erhalten. haben. Dergleichen
Exemplare, denen es überdem an Schärfe und Klarheit des Druckes
fehlt, sind aber gewöhnlich an den glatten Plattenrändcrn zu erkennen,
und wenn diese auch, wie oben erwähnt, im Druck schmutzig gehalten
sind, so fehlen ihnen doch die dort beschriebenen Kennzeichen der
wirklichen Priorität.
c) Als drittes Zeichen der Frühzeitigkeit der Abdrücke ist nach
Linck u. A. der in den Arbeiten Rembrandßs sichtbare Plattengrat
zu betrachten. Dieser ist eine Folge des Umstandes, dass der Künstler,
nachdem er sein Werk mit dem Stichel oder der Schneidnadel beendet,
den dabei entstandenen Grat des Metalls nicht abgeschabt, sondern
denselben vielmehr dazu benutzt hat, die Schattenpartien zu verstärken