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Den Namen des Meisters mit dem Einhorn gaben ihm die Blätter
mit den Jagden auf das Einhorn, oder vielmehr die Allegorien auf das
Liebesverhältniss des Königs Heinrich II. und der Diana von Poitiers.
Dnvet benutzte die alte christliche Allegorie vom Einhorn, welche das
Mittelalter auf Christus und Maria gedeutet, und für Symbol der Rein-
heit, Keuschheit und Kraft genommen hatte. Von dieser Seite genom-
men gewinnen die Blätter eine andere Erklärung, als Bartsch gegeben
hat. Dahin gehören die Blätter B. N. 39-42, dann N. 43 und 44,
oder R. D. N. 54-61. Bartsch betitelt N. 44 (R. D. N. 61) Poison
et contre-poison, Gift und Gegengift. Es stellt einen Bären und eine
Löwin im Kampfe gegen einen den Löwen vergiftenden Drachen vor.
Nach der alten Allegorie versinnlicht aber diese Vorstellung wohl den
Kampf der Reinheit gegen die unlautere Begierde. Auf Blatt B. N. 43
(R. D. N. 60) ist der König zwischen der Weisheit und dem Rufe vor-
gestellt, mit der unvollendeten Inschrift in zwei Zeilen: LA MAIESTE
DYBOY. ENYROJVNEE. DE SAPIENCE ET EY, welche ausgeschliifen
wurde. Robert-Dumesnil V. p. 30 N. 60, und Preface p. 5 versichert,
diesen Abdruck nicht gesehen zu haben, in der k. k. Sammlung zu
Wien befindet sich aber ein solcher. Das Blatt mit den Thieren im
Kampfe wird von Bartsch und Robert-Dumesnil dem J. Dnvet entschieden
zugeschrieben, der Stich ist aber von solcher Vortreftiichkeit, dass
andere Chalcologen an einen grossen italienischen Meister dachten.
In Bryan's Dictionary of Paintres a-nd Engravers edit. Strmley ist
die Zeichnung auf die Ansicht des Mr. Carpenter hin dem Leonardo
da Vinci zugeschrieben, und die Vermuthung ausgesprochen, dass dieser
Meister selbst das Blatt gestochen haben könnte. Passavant (deutsches
Kunstblatt 1850 S. 364) schreibt die Zeichnung ebenfalls dem Leonardo,
den Stich aber dem Cesare da Sesto zu.
Gleiche Bewandtniss hat es mit einem anderen anonymen Blatte,
welches die Enthauptung des Täufers Johannes vorstellt. Er kniet in
einer reichen Landschaft enthauptet halb niedersinkend, und rechts
neben dem Baume steckt der Henker das Schwert in die Scheide. Die
Herodias eilt mit der Dienerin nach der linken Seite davon. H. 7 Z.
7 L. Br. 6 Z. Dieses Blatt schreibt Passavant ebenfalls dem Cesare
da. Sesto zu, dem Schüler des Leonardo da. Vinci, welcher 1521 starb.
Bartsch X. p. 23 N. 42 beschreibt es unter den Produkten der unbe-
kannten deutschen Meister. Diese äusserst seltenen Blätter legt Robert-
Dumesnil dem J. Dnvet bei, und sie stimmen auch mit jenen B. 39-42,
nämlich mit den Darstellungen aus der alten Sage vom Einhorn. Auch
diese Blatter sind ohne Namen und Zeichen, und gelten von jeher für
Duvet's Arbeit. Vielleicht kam der französische Holzschmied mit Cesare
da Sesto in Berührung, so dass er Zeichnungen von ihm erhalten haben
konnte. Die Enthaupttlng des Johannes galt 1837 in der Auktion
Ottley 6 L. 8 Sh. Ausserdem gehen wir noch auf folgende Blätter ein.
1) Die Verkündigung Mariä, verschieden von dem Blatt B. N. 3.
Maria kniet rechts vor dem Betschemmel mit gekreuzten Armen, und
der Engel steht links im langen Gewande mit dem Scepter von kleinen
musicirenden Engeln umgeben. Unter den Arkaden hinter der hl.
Jungfrau stehen zwei Dienerinnen, und am Pfeiler oben 1520. Unten
ist der Iäame in zwei Zeilen: IANNES DVVET. H. 8 Z. 4 L. Br.
6 Z. 3 .
Dieses sehr seltene Blatt ist in W. Y. Ottley's Collection ofscarce
and curious Prints. London 1828, copirt.
2) Christus bei der Samariterin am Brunnen. Rechts das Täfelchen
mit I. D. H. 531, Z. Br- 4 Z.
Galt in der Auktion Ottley 4 L. 8 Sh.