1774.
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lesen, und M durch Monachus erklären wollen; allein die Brüder des
gemeinsamen Lebens waren keine eigentlichen Mönche, sondern lebten
ohne Klostergelübde in bestimmten Häusern beisammen. Sie befassten
sich mit dem Unterrichte des Volkes, mit Abschreiben von Büchern,
mit der Herausgabe religiöser Schriften, und errichteten dann auch
Druckereien. Ein rein beschauliches Leben führten sie nicht, sondern
waren auf verschiedene Erwerbszweige angewiesen. Es ist möglich,
dass der Meister I A oder I AM in irgend einem Fraterhause gelebt
habe, und zwar in Zwolle oder in dem nahe gelegenen Agnetenberg,
doch ist es noch nicht entschieden, dass diess Johannes von Cöln sei.
Für einen Johannes von Cöln sprechen eher die Initialen I. 0., welche
ebenfalls auf Kupferstichen des 15. Jahrhunderts vorkommen. Dieser
copirte aber nur Blätter von Martin Schön, und steht unter unserem
Meister. Letzterer hinterliess ausgezeichnete und zarte Arbeiten, wäh-
rend die Conturen des Meisters I. C. hart und roh sind. Für einen
Klosterbruder sind sie aber immerhin gut genug. Auch der Kupfer.
stecher I. C., dessen Schild mit den drei Kronen auf Cöln deutet,
muss Goldschmied gewesen seyn, und wenn er auch nicht besser ge-
malt als in Kupfer gestochen hat, so kann er im Fraterhause zu
Agnetenberg doch als optimus piclor et aurifaber gegolten haben.
Seine Blätter fallen zwischen 1480 und 1490, in jene Zeit, in welcher
Becker einem Johannes von Cöln im Agnetenberger Codex begegnete.
Man mag nun diese Hypothese annehmen oder nicht, jedenfalls hat
sie nicht viel geringeres Gewicht, als jene, welche das obige Zeichen
einem anderen Johannes von Cöln beilegt. Der Buchstabe M kann
den Stadt- oder Familiennamen, wenn nicht das Wort Maler andeuten.
Ottley wollte den Meister I A mit dem Schabeisen von einem I M mit
dem Schaber trennen, da. er den Buchstaben M nicht erklären, und
nicht anders beseitigen konnte, als dass er einen Meister IA und IM
annahm, woran nicht zu denken ist. Das manchmal zwischen I und M
eingestochene Zeichen gleicht wirklich nicht immer einem A, wie aus
dem obigen Facsimile zu ersehen ist, und wir müssen daher unter IM
einen Rückweis geben. _ _
Der Meister I A und I A M war n1_cht_alle1n_ Kupferstecher oder
Goldschmied, sondern auch Maler, vielleicht einige Zeit in Zwolle,
da das Wort Zwotl bei Bartsch sicher Zwoll zu lesen ist. Es findet
sich indessen kein Gemälde mit diesem Zeichen. Frhr. v. Rumohr
besass nur eine Originalzeichnung mit der Anbetung der Könige, welche
1846 für die k. Sammlung in Berlin erworben wurde. Direktor Schorn
erkannte darin mit Sicherheit den sogenannten Meister mit dem Weber-
schiifchen (Schaber). In der Gallerie des k. Museums zu Berlin ist
ein kleines Gemälde derselben Composition unter No. 538, und somit
wollte man die Spur des Malers I A oder I A M entdeckt haben.
Diese Spur führt uns aber von Agnetenberg weit weg, nämlich nach
Nürnberg. Auf der Burg daselbst ist ein dem Martin Schön irrig
zugeschriebener Altar aus der St. Catharinen-Kirche in Nürnberg. Das
Mittelbild stellt die Anbetung der Könige, die Flügel die Verkündigung,
die Geburt, die Flucht nach Aegypten und den Kindermord vor. In
der Anbetung der Könige erkennt man die Hand desjenigen, welcher
das kleine Bild im Berliner Museum gemalt hat, wenn auch die Com-
pesition nicht dieselbe 1st. Drei andere Gemälde, die Flucht nach
Aegypten, die Grablegung und die Krönung Maria, befinden sich in
der Sammlung des Staats-Prokurators Abel in Stuttgart, sind aber
schwächer, als die Bilder auf der Burg in Nürnberg. Wir können
daraus ersehen, dass sich der Künstler längere Zeit in Deutschland
aufgehalten habe, wenn er nicht deutscher Abkunft war. An Zwolle