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Wann Holbein jun. seine feiner durchgebildeten Todtentanzscenen
gezeichnet, und wann und wo sie in Holz geschnitten wurden, ist eben-
falls nicht zu bestimmen, doch glanblich, dass er die Entwürfe noch
vor seiner Ende August 1526 erfolgten Abreise nach England gefertiget
habe. Es bleibt auch ewige Controverse, 0b Holbein oder Lützel-
burger die Platten geschnitten. Gewiss ist aber, dass das Monogramm
H L am Fnssgestelle des Bettes der Herzogin auf Holbein allein sich
beziehe, und dass nicht Holbein-Lützelburger zu lesen sei. Es finden
sich auch Zeichnungen mit dem Monogramme, welche dem Holbein
nicht abgesprochen werden können. Zwei solcher Zeichnungen bedu-
den sich in der Sammlung des Herrn Rudolph Weigel in Leipzig.
Die eine stellt Loth mit den Töchtern in einer Landschaft vor, in
Darstellung und Form ganz wie die biblischen Holzschnitte. Unten
ist das schief gestellte Monogramm mit der Jahrzahl 1526. Die zweite
Zeichnung bei R. Weigel zeigt die in Schmerz versunkene Mutter
Gottes, welche mit kreuzweis über die Brust gelegten Händen zu den
Füssen des todten Heilandes steht. Auch dieses Blatt ist mit dem
Monogramm HL und der Jahrzahl 1519 versehen. Beide Zeichnungen
sind in v. Rumohüs Schrift über H. Holbein jun. S. 116 beschrieben,
und das Brustbild des Loth mit der Tochter ist in Facsimile bei-
gegeben. Eine dritte Zeichnung mit dem Monogramm und der Jahr-
zahl 152-5 beündet sich in der Sammlung des Erzherzogs Carl zu
Wien. Sie stellt den Tod vor, wie er ein Weib mit sich fbrtzieht.
Passavant P.-gr. III, pag. 337, erkennt in diesen Zeichnungen zwar eine
gewisse Analogie mit den Werken Holbeirüs, sie ermangeln ihm aber
der Lebhaftigkeit und des Naturgefühls, welches die Arbeiten Holbein's
charakterisirt. Passavant geht hierin zu weit, indem die Vorstellung
mit Loth und den Töchtern ganz in der Weise der biblischen Bilder
gezeichnet, und überhaupt die Anschauung des mehr oder weniger
Holbeinischen relativ ist. Passavant nimmt einen zweiten Monogram-
misten H L an, jenen, welchen wir N0. 1200 Hans Leu genannt haben.
Die genannten Zeichnungen mögen allerdings nicht bis auf das Haar
für Holbein zeugen, sie können aber dennoch von ihm herrühren, da
der artistische Antheil des Hans Leu noch unerwiesen ist. Passavant
musste die Zeichnungen schon aus dem Grunde zurückweisen, weil er
das Monogramm auf dem Blatte der Herzogin auf Hans Lützelburger
erklärt, und letzterer als Zeichner nicht bekannt ist. Der ge-
nannte Schriftsteller nimmt nämlich so ziemlich das Gegentheil von
dem an, was B. v. Rumohr und R. Weigel im Werke über H. Hol-
bein jun. für letzteren beansprucht haben. Er tritt für Lützelburger
In die Schranken, ohne dass letzterer seine Ansprüche historisch er-
weisen kann. Er war aber ein sehr geübter Techniker, und Passa-
vant nimmt gar keinen Anstand, ihn den Fürsten der Formschneider
Zu nennen.
lm Jahre 1525 befand sich I-Iolbein noch in Basel, und man könnte
glauben, er sei damals mit seinen Todtentanzbildern umgegangen, und
Zwar in einer feineren Durchbildnng, als in den Gemälden, in welchen
aber schon ursprünglich Oompositionen von Holbein jun. waren, wie
dfß Holzschnitte des erwähnten Meisters G. S. von 1576 beweisen, da
sie Hans Hug Kluber nicht in die Gemälde brachte, sondern vorfand.
Holbein wollte in den Holzschnitten nicht den gemalten Todtentanz
des Prediger-Kirchhofes verewigen; ihn reizten zu seinen Holzschnitten
wohl die Franzosen. Schon vor 1528 erschien zu Troyes bei Nicolas
18 Rouge ein in Holz geschnittener Todtentanz, welcher 1531 eine
zweite Auflage erlebte. Dann kamen die Platten in den Besitz der
Druckerfamilie Oudot. Die erste Ausgabe des Nicolas Oudot ist ohne