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man zuerst auf Hans Baldung, genannt Grien oder Grün, weil dieser
Meister für die genannte Offizin arbeitete, wie wir unter dem Mono-
gramm H GB ersehen. Die ächten Blätter desselben stimmen aber
wenig mit jenen unsers Monogrnmmisten, indem sie in Zeichnung und
Schnitt geringer sind. Andere vertielen desswegen auf Hans Grieninger
selbst, da man annehmen wollte, dass er aus der Kaste der Briefmaler
{hervorgegangen sei. Wenn Grüninger je Künstler, zunächst Form-
schneider war, so müsste man seine Blätter in den Druckwerken von
1496-1508 suchen, nämlich im Terenz 1496, im Horaz 1498, im
Virgil 1502, im deutschen Cäsar 1508 u. s. w. Allein wir glauben
nicht, dass der thätige Buchdrucker Grüninger die in seiner Offizin
erschienenen Werke selbst illustrirt habe. Er hatte einen Künstler,
dessen Zeichnung in der früheren Periode steif und unbeholfen war.
Die Figuren sind um die Hüften häufig verschoben, das Gesicht mit
dem langen und stark angedeuteten Nasenkuorpel länglich rund, und
dieAugen aufgerissen und breit geschlitzt. Die Heiligen haben teller-
förmige Nimbus, und in den historischen Darstellungen sind die Namen
der Hauptfiguren auf Bändern über ihnen eingeschnitten. Meistens
sind landschaftliche Gründe angebracht; felsige Gegenden von Wasser
durchschnitten. In späteren Blättern wird aber die Landschaft reicher,
und ist nicht selten von eigenem Reize. Diess tritt gegen 1508 ein,
und bald darauf ist ein merklicher Fortschritt wahrzunehmen. Viel
Steifes und Unbeholfenes der ersten Zeit dürfte aber auch auf Rech-
nung der im Bildungsgange begriffenen Gehülfen kommen. Auf einer
höheren Stufe stehen schon die 20 Holzschnitte zu Gailer's Passion
in Form eines Gerichtshandels von 1509, und zum Theil im Leb-
kuchen von 1514. Das Schönste, was die alt-elsassische Schule, und
zwar der nicht namentlich bekannte Meister geleistet hat, ündet man
beisammen in Dr. M. Luther's Postille, welche Stephan Rodt 1542 bei
Wolif Köphel in Strassburg herausgegeben hat, fol. Der alte Meister
der Grüningeüschen Offizin ist nicht Hans Baldung Grien, nicht Urs
Graf, nicht Heinrich Vogtherr, nicht Hans Wächlin, welchen man
Pilgrim nennen will. Er ist vielleicht unser Monogrammist, welcher
aber erst in seiner späteren Zeit eines Zeichens sich bedient haben
müsste, als er schon von jüngeren Meistern überflügelt war. An der
Spitze derselben steht sicher Hans Baldung Grien, dessen Blätter ge-
wöhnlich mit einem aus HGB bestehenden Zeichen versehen sind, und
so sehr von jenen mit dem gegebenen Monogramme abweichen, dass
an Baldung Grün nicht wohl zu denken ist.
Wenn wir uns in Strassburg nach einem Meister umsehen, welcher
ebensowohl als Maler oder Zeichner, wie als Formschneider dem Buch-
drucker Hans Grieninger (Grüninger) in der früheren Zeit seiner Thätig-
keit Hülfe leisten konnte, so tritt uns Hieronymus Greff von Frankfurt
entgegen. Dieser Künstler hatte 1502 A. Dürerls Vorstellungen aus
der Apokalypse xylographisch copirt. Am Ende des Werkes steht:
Gedruckt zu Strassburg durch Jheronimizm Grelf den Maler, ge-
mmt von Franckfätrt nach chr-isti gebar! M. CCCCCII jor. Er nennt
sich also Maler, und konnte als solcher auch Zeichnungen geliefert
haben, möglicher Weise für Hans Grüninger, welcher eines Mannes
bedurfte, der in der Composition und im Schnitte gleich erfahren war.
Greff hat die Apokalypse von A. Dürer sicher selbst geschnitten, und
wenn er um 1495 noch unbeholfen war, so musste er durch diese Uebung
wesentliche Vortheile erlangen. Die Copie der Apokalypse hatte den
Meister Dürer mit Recht entrüstet, er konnte aber dem H. Greif die
weitere Arbeit nicht verbieten, und somit wird dieser im Jahre 1511
noch rüstig gewesen seyn, indem A. Dürer in der Vorrede zur zweiten