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Strassburg. Bartsch schreibt alle HnB. gezeichneten Holzschnitte in
Augsburger Drucken dem H. Burgkmair zu, es hat aber Hans Baldung
Grien sicher ein grösseres Recht darauf. Dieser Künstler war in
Augsburg ohne Zweifel wohl bekannt. In einem schon oben genannten
Concepte des C. Pentinger vom 17. November 1510 ist eine ausge-
strichene Stelle, nach welcher Peutinger den Kaiser auf einen Form-
schneider in Strassburg, "der alhie die Form wol ausgeschnitten
hatte", aufmerksam machen wollte. Es fällt diess in eine Zeit, in
welcher sich in Augsburg ein Formschneider heimlich entfernte, und
Peutinger zum "Maler alhie", nämlich zu Burgkmair seine Zuiiucht
nehmen musste. Der von ihm erwähnte Formschneider in Strassburg
ist sicher Hans Baldung Grien, und es musste nach seinen Blättern
in Gailer's Werken bekannt seyn, dass er zum Ausschneiden einer
Zeichnung vollkommen befähiget war. H. Baldung Grien war aber
auch Maler und, Zeichner, und es steht selbst dahin, ob Burgkmair
für Gailerls Schriften eine Zeichnung geliefert hat. Die Compositioneil
in denselben stimmen in der Auffassung und Behandlung für Baldnng
Grien. Dieser Künstler bediente sich zwar gewöhnlich eines aus HGB
bestehenden Monogramms, er verband aber auch die Buchstaben HB,
wie wir N0. 769 dargethan haben. Es handelt sich an jener Stelle um
Holzschnitte, welche dem Burgkmaii- zugeschrieben wurden, und der
Künstler konnte daher auch die Initialen H. B. beigefügt haben. In
der Form ist ein geringer Unterschied zu bemerken, so dass wir unten
nur auf die Werke des Gaileir von Keysersberg eingehen. Die weiss
auf schwarzem Grunde abstechenden Buchstaben sind auf Hans Baldung
zu beziehen, oder im Allgemeinen die der unteren Reihe, welche auf
Blättern in Gailer's Schriften Augsburger Druckes vorkommen. Die
übrigen Buchstaben findet man auf Holzschnitten von und nach Burgk-
mair mit geringer Abweichung. Sie kommen aber zuweilen in einem
mehr oder weniger verzierten Täifelchen vor.
Baron von Rumohr (Geschichte und Theorie der Formschneide-
kunst S. 58) ist geneigt, den Hans Burgkmair auch für den Erfinder
des Druckes in Helldunkel von zwei und drei Platten zu halten. Für
den ältesten Versuch dieser Art halt er Burgkmaiens Todesengel,-
B. N0. 40. Der Tod hat einen jungen Mann zu Boden geworfen, und
das Mädchen sucht ihm schreiend zu entfliehen. Den Hintergrund
bilden italienische Gebäude, und der Canal mit der Gondel erinnert
an Venedig, wo sich der Künstler um 1507 aufgehalten zu haben scheint.
Am Rande links, in der Umrissplatte eingeschnitten, steht der Name:
H. BVRGKMAIR. H. 7 Z. 10 L. Br. 5 Z. 8 L. Heinecke (Dict.
des Art.) gibt zu diesem Blatte die Jahrzahl M. D. X. an, Bartsch u. A.
fanden aber dieses Datum nicht vor. B. von Rumohr halt desswegen
das Blatt für alter, als den dieMadonna malenden heil. Lukas von
1507, in welchem ebenfalls italienische Reminiscenzen gewahr werden.
Allein dieses berechtiget immer noch nicht, den Todesengel für den
ältesten Versuch in Helldunkel zu halten. B. von Rumehr gibt selbst
die Mittel zur Widerlegung an die Hand. Das Exemplar, welches er
besass, hat links in vertikaler Richtung den Namen des Jost de Negker,
von welchem auch Heinecke Kunde hatte. Jost Dienecker tritt in
Augsburg erst 1512 als Formschneider und Drucker auf, und der
Todesengel könnte selbst mit der Jahrzahl 1510 nicht der erste Ver-
such in Helldunkel seyn, indem Lukas Cranach diese Kunst schon
1506 übte. Die schönen Blätter mit St. Christoph, und Venus und
Amor tragen diese Jahrzahl. So lange daher für Burgkmair nicht ein
älteres Datum spricht, muss dem L. Cranach die Ehre der Erfindung
des Druckes in Helldunkel bleiben.