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Ein solcher entfernte sich 1510 ohne sein Wissen, und die Arbeit kam
ins Stocken. Unter dem 17. November desselben Jahres richtete Peu-
tinger an den Kaiser ein Schreiben (Herberger, Note 94), und beklagt
sich über den heillosen Ueberläufer, fügt aber tröstend bei, dass er
sich alle Mühe geben wolle, um ihn zurückzubringen, oder einen
anderen Formschneider zu finden, der die Arbeit ausmache. Dann
folgt im Briefe die merkwürdige Stelle: Der maller alhie ist ganz
geschickt darzu. Dieser Maler kann 1510 niemand Anderer seyn, als
H. Burgkmair, und man muss annehmen, dass er Geschick zum Form-
schneiden hatte. Oh. Schuchardt spricht sich im Deutschen Kunstblatt
1851 N0. 52 dahin entschieden aus , dagegen aber tritt im Kunstblatt
1852 S. 233 Herr v. Sotzmann in Berlin auf, und interpretirt die frag-
liche Stelle, dass der Maler ganz geschickt war, einen tauglichen Ar-
beiter zu verschaffen. Eine solche Erklärung kann nur ein erbitterter
Gegner der Eigenhändigkeit von Malerformschnitten geben, sie wird
aber die Annahme nicht abschwächen, dass bis auf weiters der Maler,
wohl Burgkmair, sich an die Arbeit mache, oder wie Peutinger sagt:
Die Arbeit ausmach. Und warum sollte sich denn Burgkmair um
den Formschnitt nicht bekümmert haben? Es war der Auftrag des
Kaisers, die Zeichnungen und Schnitte für den Weisskunig, den Teur-
dank, die Genealogien xizc. zu fertigen, und dem Zeichner musste daher
darum zu thun seyn, seine Zeichnungen getreu und zur Zufriedenheit
des Kaisers geschnitten zu sehen. Im Jahre 1510 war noch Noth an
tüchtigen Formschneidern, und Burgkmair musste nothwendig mit dieser
Technik vertraut seyn, um die Arbeiter gehörig anzuleiten. Später,
schon 1512 stand Jobst Dienecker, gewöhnlich J. de Necker oder De-
necker genannt, an der Spitze einer xylographischen Anstalt, und es
fehlte nicht mehr an tüchtigen Formschneidern. Im Jahre 1512 tritt
auch Hans Schautfelein als Zeichner auf, um die kaiserlichen Werke
rasch zu fördern.
Und wenn nun, wie anzunehmen, Burgkmair selbst in der Technik
des Formschnittes geübt war, warum sollte er denn nicht später eben-
falls nach Laune und Musse das Schneidmesser zur Hand genommen
haben? R. Weigel gibt in seinem Prachtwerke: Holzschnitte be-
rühmter Meister etc. Heft XIV. etliche Copien, und darunter jene des
Bildnisses des berühmten Jakob Fugger, welches Burgkmair gezeichnet
oder gemalt hatte. Es ist dasselbe in einem Holzschnitte von zwei
Platten vorhanden, und Weigel hält es für eigenhändige Arbeit Burgk-
mair's. Es spricht die Auffassung und Durchbildung für ihn, und die
Strenge der Zeichnung kann nur eine malerische Hand im Holze fest-
halten. Die Arbeit des Clair-obscur ist abweichend von der gewöhn-
lichen. Beide Platten sind Strichplatten, die schwarze wie die rothe.
Den Druck besorgte wohl Jost Dienecker, da. man seinen Namen auf
gewählten Clair-obscurs von Burgkmair findet. Dienecker war sicher
nicht der Künstler, der ein solches Portrait hatte schneiden können.
Weigel nimmt ihn nur für einen kunstreichen Drucker von Holz-
stöcken, obgleich er sich auf in- und ausländischen Holzschnitten
Formschneider nennt.
Die anderen Holzschnitte, welche R. Weigel für eigenhändige
Arbeiten erklärt, erwähnen wir unten unter den einzelnen Blättern
des Meisters, und hier bemerken wir nur noch, dass die Initialen H.B.
auch einen anderen Künstler andeuten können, ausser dem jüngeren
Hans Burgkmair auch den Hans Baldung Grien, und zwar auf Blättern
aus der Zeit von 1510. Hans Baldung hat den grössten Antheil an
den Illustrationen der Schriften des Dr. Gailer von Kaysersperg, deren
auch in Augsburg erschienen, nicht allein bei Hans Grüninger in