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hundert Gulden in zwei Jahresfristen zu fordern hatte. Bei der Ab-
reise im- Jahre 1486 sorgte aber V. Stoss für seine Ausstande. Er
übertrug dem Stadtschreiber Joh. Heydeckc die gerichtliche Vollmacht,
alle Forderungen einzutreiben, zu quittiren, und selbst d? Zwangsweg
zu ergreifen, wie diess aus den erwähnten Documenten on 1486 er-
hellet. Wir sehen daher keinen Grund ein, warum die Abreise unter-
blieben seyn sollte, da der Künstler sie doch als dringlich hinstellt.
Aus der Vollmacht von 1486 geht allerdings nicht hervor, dass er einen .
Ruf nach Nürnberg erhalten habe, um die Zeichnung zu einem neuen
Monumente des heil. Sebaldus zu machen, man kann aber vermuthen,
dass V. Stoss als Bildhauer nur in bedeutenden Kunstangelegenheiten
eine so weite Reise unternommen habe. Herr Döbner glaubt indessen
nicht an die wirklich erfolgte Abreise, und meint, man könne aus der
fraglichen Urkunde gerade so viel folgern, wie aus der Wahl des Königs
von Preussen zum deutschen Kaiser durch die Frankfurter Parlaments-
Mitglieder. Friedrich Wilhelm IV. nahm allerdings die Krone nicht an,
V. Stoss kann aber wirklich abgereist seyn.
Wer die alte Zeichnung zum Sebaldusgrabe gemacht hat, der hat
auch jene zum Monumente des Erzbischofs Ernst im Dome zu Magde-
burg von 1495 oder 1497 ausgeführt, indem der Baldaehin mit seinen
geschweiften Thürmchen den Gliederungen der Architektur jenes Bisses
ausserordentlich nahe steht. In besonderen Betracht kommt aber auch
das oben erwähnte Relief der Herodias in der heil. Kreuzkapelle der
Marienkirche zu Crakau, welches dem Veit Stoss zugeschrieben wird.
Auf dem architektonisch verzierten Gesimse nach gothischer Art kommen
kleine Kiiiderfiguren vor, welche von oben herab gleichsam in das
Zimmer der handelnden Personen hereinblicken. Solche Figuren kommen
auch auf der Zeichnung von 1488 vor. Auf dem einen Gesimse schiessen
zwei Knaben mit dem Bogen nach einem Drachen, und auf dem andern
beschäftigen sich zwei Knaben mit Hunden. Die spielenden Kinder
wiederholen sich auf einigen Gusswerken Vischerls, wie in den oberen
Eckfüllungen des Deckels auf dem Monumente des Grafen Hermann VIII.
von Henneberg und seiner Gemahlin Elisabeth im Dome zu Römhild
u. s. w. Herr Döbner behauptet, dass diese Kindergestalten von acht
Vischeüscher Natur seien, und will sie daher für ein charakteristisches
Kennzeichen hinnehmen. Wir könnten den Satz umkehren, und aus
diesen Figuren auf Veit Stoss schliessen, da auch auf dem ihm zuge-
schriebenen Relief der Herodias im Dome zu Crakau solche vorkommen.
Dieses Schnitzwerk rührt sicher nicht von P. Vischer her, sondern
wird mit vollem Rechte dem V. Stoss zugeschrieben. Aus diesem Re-
liefe kann man aber auch auf den Verfertiger der grossen Zeichnung
zum Sebaldusgrabe von 1488 schliessen , und sofort auf den Riss zum
Monumente des Bischofs Ernst in Magdeburg, was selbst Döbner zu-
gibt. Nur weiset er mit Erbitterung den V. Stoss von sich, als wenn
dieser Meister gar nicht würdig gewesen wäre, die Giesshütte des Peter
Vischer zu betreten. V. Stoss nimmt als Bildhauer eine hohe Stelle
ein, und Vischer wird seine Deihülfe sicher nicht verschmäht haben,
da er unmöglich zu allen seinen Gusswerkeu Zeichnung und Modell
selber fertigen konnte. Herr Döbner beruft sich gegen mich und Hrn.
HeidelQH auf die Abhandlung des Dr. F. Kugler über die Bronzen von
Römhild und ihre Beziehung zu Peter Vischer im deutschen Kunstblatt
1851 N0. 41. Kugler zollt dem P. Vischer allerdings hohe Anerkennung
als Erfinder und Bildner, und wir glaubeirebenfalls", dass er später
mit seinem Sohne Hermann in beider Hinsicht tüchtig geworden sei,
es ist aber nicht anzunehmen, dass er zu Jedem Gusse die Zeichnung
und das Moden semst gefertiget habe, da die Abweichung im Styl öfter