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Feiertage mit Sebastian Lindenast und Adam Krafft zusammen, um
Kunslübungen zu pflegen, als wären sie alle drei Lehrjungen? Reissen
und Modelliren musste ein Giesser wohl können, dass aber ein solcher
nicht zugleich nothwendig ein grosser Bildhauer seyn müsse, beweiset
auch noch unsere Zeit, in welcher der Erzgiesser zwanzig Mal genannt
wird, bis man sich ein Mal des Bildhauers, als des eigentlichen Schöpfers
des Werkes erinnert. Der Giesser hat Arbeit in Fülle, um das Werk
in die Grube zu bringen, und um es in Metallglanz zu erheben, und
daher können wir nicht glauben, dass P. Vischer zu seinen vielen
Gusswerken Zeichnung und Modell über Nacht bewerkstelliget habe,
um am Tage ungestört in der Giesshütte arbeiten zu können. Wir
wollen den ehrwürdigen Meister Vischer aber auch nicht seines Ruhmes
berauben, wie Herr Döbner zu glauben scheint. Seine Gusswerke sind
Glanzpunkte der alten Kunst, wir können aber nicht glauben, dass er
zugleich auch die Modelle gefertiget habe, da sie nicht alle den gleichen
Guss des Geistes verrathen. Auch die Zeichnung zum Sebaldusgrabe
von 1488 kann nach Zeit und Umständen nicht die Arbeit Vischerls
des Gesellen seyn, und ich muss mich wiederholt der Gefahr aussetzen,
Qn Hrn. Döbner eines Angriffes auf den durch Jahrhunderte bewährten
Ruhm des Peter Vischer beschuldiget zu werden. Mein Gegner wagte
es aber selbst nicht, den alten Riss mit voller Entschiedenheit dem-
selben zuzuschreiben, und wenn die Zeichnung, wie ich glaube, ihm
nicht angehöret, so ist er ja nicht der eigentliche Schöpfer des Werkes.
Die alte Zeichnung liegt dem gegenwärtigen Monumente unläugbar zu
Grunde, und die Kirchenverwaltung muss sie daher dem P. Vischer
übergeben haben. Möglicher Weise ist auch das spätere hlodell in
seiner Werkstätte gefertiget worden, wenn ihmeinmal von Seite der
Administration der Auftrag zur Herstellung eines ehernen Denkmals
zugekommen war. Der Zeichner ist 1488 sicher nicht in seiner Phan-
tasie auf ein neues Denkmal des heil. Sebaldus gekommen, sondern es
muss schon damals ein solches projektirt worden seyn. Ein Geselle,
wie Vischer zu jener Zeit noch war, welcher mit der Herstellung seines
Probestückes beschäftiget ist, macht sich nicht nebenbei an eine so
grosse und reiche Zeichnung, und am wenigsten wird ihm von Seite
der Kirchenverwaltung der Auftrag dazu geworden seyn, da er noch
nicht Meiste_r'war. Das gänzliche Schweigen der Akten über dieses
ursprüngliche Projekt, und dann die Aehnlichkeit des Entwurfes mit
dem gegenwärtigen Monumente bewog den Herrn Heideloß, dem Ver-
fertiger der grossen Pergamentzeichnung von 1488 einen Namen zu
geben. Er verfiel auf Veit Stoss, und dafür, dass ich diese Idee eben-w
falls aufgenommen hatte, beschuldigte mich Herr Döbner des Hoch?
verrathes an Peter Vischer, welcher aber schon durch den Guss allein
ein Werk ersten Ranges geliefert hat. Dass aber auch die Zeichnung
von 1488 von P. Vischer herrühre, ja herrühren könne, ist durchaus
nicht bewiesen, und sie müsste doch von ihm gefertiget seyn, wenn er
der selbstständige Schöpfer des Sebaldus-Monumentes wäre. Wir können
daher den Veit Stoss noch nicht aufgeben, da nicht urkundlich bewiesen
werden kann, dass die fragliche Zeichnung als erster Entwurf zum
Sebaldusgrabe von P. Vischer herrühre. Veit Stoss traf 1486 in Crakau
Anstalt zur Reise nach Nürnberg, was auch Döbner zugeben muss,
wenn er auch ohne Grund die wirkliche Abreise in Zweifel zieht. Son-
derbar ist seine Motivirung: dass ein Mann bei der Uebersiedlung in
weite Ferne seine Forderungen nicht einkassire , und von einem zahl-
ungsfähigen Rath einer Stadt auf Jahre hinaus für abgelieferte Ar-
bciten sich vertrösten lasse. Diese Arbeiten sind die Chorstühle in
Panny Maryi zu Crakau, für welche der Künstler 1495 anderthalb