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steuerfrei in den Bürgerverband aufgenommen wurde. Daraus geht 'aber
noch nicht hervor, dass der Maler. Herlein auch in Nördlingen geboren
sei. Wir finden ihn auch in älteren schriftlichen Aufzeichnungen Herle
von Ulm genannt, und in neuester Zeit hat Professor Hassler (Verhand-
lungen des Vereins für Kunst und Alterlhum in Ulm und Oberschwaben
1855 S. 72) I-Ierlein's früheres Ulmer Bürgerrecht sogar urkundlich
bestätiget gefunden. In der grossen Münsterrechnung von 1449 heisst
es wörtlich: Item der Härlin der Maler gilt alliu jar zins X V schilllny
heller vnd 1 wiehanächtig huon ust ainem huss gelegen in siglins gassen.
Fast wörtlich lautet die Aufzeichnung unter dem Jahre 1454, und
beide Documente sind von höchster Wichtigkeit, indem sie beweisen,
dass der 1449 bereits haussassige Meister Ilerlein der Zeit nach in der
Schule der van Eyck seine Ausbildung erlangt haben konnte, und er
nicht allein als Nachahmer des Jan van Eyck und Rogicr van der
Weyden zu betrachten sei.
Eines der frühesten Werke des Meisters, bald nach seiner Zurück-
kunft aus den Niederlanden ausgeführt, ist nach Waagen (Kunstwerke
und Künstler in Deutschland I. S. 338) der interessante Altarschrein
hinter dem Chore der St. Georgenkirche in Dinkelsbühl. Das Innere
enthält in vergoldetem und bemaltem Schnitzwerk die Heiligen Florian,
Floriana und Rosalia vor einem ebenfalls gemalten und von drei Engeln
gehaltenen Teppich. Diese Figuren sind zwar minder gut, als jene
auf dem Altare des Herleiu in Rothenburg, haben aber doch viel Ver-
dienst, da die Köpfe lebendig und verschieden im Colorite sind. Die
Schnäbelschuhe deuten auf die Zeft vor 1450, und auf niederländischen
Einfluss, indem sie in Denkmalen von rein oberdeutschem Charakter
aus dieser Zeit nicht leicht vorkommen. Ganz entschieden spricht sich
aber nach Waagen die Kunstweise des F. Ilerlein auf den beiden be-
malten Seiten der Flügel aus, (lcrexi innere die Verkündigung, die
Geburt, die Beschneidung und die Anbetung der Könige, die aussercn
die Heiligen Florian und Fleriane vorstellen. Diese Bilder sind offenbar
früher, als der Altar zu Rothenbilrg, denn ausser der Auffassung und
den Motiven der van Eycklsehen Schule, welche sie mit jenem Altare
gemein haben, stehen sie in der ganzen Durchbildung den niederlän-
dischen Schülern des J. van Eyck naher. Die auch hier etwas ein-
förmigen Charaktere der Köpfe sind feiner, und unterscheiden sich in
der Ausbildung von jenen eines Memling fast nur durch etwas Trocke-
neres in den Umrissen , eine stärkere Röthe der Wangen , und eine
etwas minder iieissige Ausführung des Haares. Im Gefühl sind die
Köpfe der Heiligen auf den Aussenseiten besonders edel, in den übrigen
fehlt jene religiöse Weihe, in den plumpen Zügen des Mohrenkönigs
verräth sich endlich der derbere Charakter der oberdeutschen Schule.
Dasselbe gilt auch von der minderen Reinheit der niederländischen
Gewandmotive, der roheren Landschaft , und der bis auf die Aussen-
seiten goldenen Luft. Die Hände und Beine sind sehr mager, die Füsse
schwach; dagegen das Kind von völligeren Formen, als bei den Nieder-
ländern dieser Zeit. Die Farben sind ungemein gesättigt, die Archi-
tektur von sehr gediegener Behandlung. Ein zweites Werk Herlein's
in derselben Kirche, welches noch etwas früher fallen dürfte, als der
erwähnte Altarschrein, bezeichnetDr. Waagen als den vormaligen Schmuck
des alten Hochaltares, welcher auf der Rückseite des späteren angebracht
ist. Er besteht in einem Christus am Kreuze in bemaltem Schnitzwerk,
welcher von einem grossen Gemalde umgeben _1St_, worauf die Schacher,
die Kriegsknechte und 1116 Angehörigen fihflSfl, zusammen zwanzig
meist lebensgrosse Figuren; Vürgßsteußälnd- Ausser den Schnabel-
schuhen finden sich hier die Hauptleute m der burgundischen Tracht