1763.
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ist allerdings der Stadt Cöln _fern, es hataber auch noch Niemand
bewiesen, dass der Meister ES in Cöln wirklich gelebt habe. Die
Berufung auf einen Kupferstich mit dem Heilande , welcher eine In-
schrift im Cölner Dialekte hat, ist ohne Gewicht, da das Blatt nicht
von diesem alten Künstler, sondern von einem Schüler desselben her-
rührt Alle übrigen Inschriften auf eigenhändigen "Blättern sind ober-
deutsch. Die Wappen, welche er in Kupfer gestochen hat, sind die
von Bayern und Oesterreich, Frenzel hat in seiner Schrift über die
k. Kupferstich-Sammlung in Dresden S. 20 keine umfassende Kenntniss
der Heraldik an den Tag gelegt, wenn er nur von den Wappen von
Salins, Burgund, Belgien und von der französischen Lilie spricht. Die
bayerischen Wecken , der pfalzisch -bayerische Löwe, und das habs-
burgische Wappen passten nicht zu seiner von Niemanden getheilten
Hypothese , dass der Meister ES der von Jan van Eyck gegründeten
burgundischen Schule auch örtlich angehöre, und allenfalls in Salins
gelebt habe. Diese genaue Ortsbestimmung scheint Frenzel nur aus
R. WeigePs Catalog der Sammlung des Prof. Sprinckmann-Kerkerinck,
Leipzig 1853 N0. 3, geschöpft zu haben , wo aber nichts weniger als
Salins vermuthet wird. Da wird ein Blatt aus der Schule des Meisters
E S beschrieben, welches Christus mit den Wundmalen und der Dornen-
krone von vier Engeln mit Leidens Instrumenten umgeben verstellt.
H. 5 Z. 6 L. Br. 4 Z. 2 L. Heinecke und Bartsch (X. p. 35 N0. 67)
kennen einen anderen altdeutschen Stich ganz desselben Inhalts in
kleinerem Massstabe, und Weigel bemerkt dazu, dass ihm ebenfalls
ein Blatt mit dieser Vorstellung- aus der Schule des Meisters E S vor-
gekommen sei, auf welchem links unten das Wort salys stehe. Von
dieser Notiz hatte Frenzel sicher Kunde, indem er die grössere Vor-
stellung N0. 49 dem Meister ES zuschreibt. Zwischen Salins und Salys
ist jedenfalls ein bedeutender Unterschied, und es ist auch vergebene
Mühe, den Meister in Burgund unterzubringen. Auch die Einwendung,
dass der Künstler augenfallig in der Schule der v. Eyck gewesen, und
desswegen in den Niederlanden, oder wenigstens in Cöln einheimisch
seyn müsse, verliert wieder alle Bedeutung, wenn wir erfahren, dass
der alte Fritz Herlin in Nördlingen, Martin Schön in Colmar, und der
alte Hans Holbein in" Augsburg sich gleichfalls in der Schule der
van Eyck ausgebildet, aber wieder in ihre oberdeutsche Heimath
zurückgekehrt seien. Ueberdrüssig der Nichts beweisenden Einwürfe,
dass des Meisters Heimath nicht in Süddeutschland, am allerwenigsten
aber in München zu suchen sei, habe ich in Dr. Naumann's Archiv
für die zeichuenden Künste I. S. 189 ineine im deutschen Kunstblatte
1853 aufgestellte. Vermuthung fast preisgegeben, da für München die
Gründe nicht unantastbar waren, und ich selbst nur die hohe Wahr-
scheinlichkeit in Anspruch genommen hatte. Man könnte sogar glauben,
dass ich jetzt die Ansicht der Berliner Kunstfreunde theile , und für
den niederdeutschen Ursprung der Blätter des Meisters "ES stimme,
weil ich statt des Malers Erhard Schön aus München, welchen ich für
den Verfertiger der fraglichen Kupferstiche halten wollte, im Archive
für die zeichuenden Künste 'I. S. _190 den traditionellen E. Stern in
Erinnerung brachte, und dabei beziehungsweise sogar auf Dirk van Star
(d. h. Stern) hinwies. Dem ist aber n1_cht so; ich bin jetzt mehr als je
von der Ueberzeugung durchdrungen, dass der Meister ES von ober-
deutscher Herkunft sei, und dass erin Bayern oder Ober-Oesterreich
eben so wohl gelebt haben kann, als in Cöln. Mehrere der schönsten
Blätter des k. Oabinets in München stammen aus bayerischen Klöstern,
indem sie in Handschriften eingeklebt waren, besonders in solchen
aus Tegernsee. Herr F. Butsch in Augsburg besass eine grosse Anzahl