1477.
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was auf dem Originale nicht der Fall ist. Die vorhandenen Exemplare
sind leicht gezählt. Uns lag jenes im _k. Kupferstich-Cabinet _zu
München vor, und daraus ist zu ersehen, dass die Zeichnung sicher
einem oberdeutschen Meister angehöre, welcher "der Richtung der Schule
des J. van Eyck keinen grossen Einfluss gestattete. Im Vergleich mit
anderen Blättern ist der Stich alterthümlich, und unterscheidet sich
wenig von "anderen Incunabeln der deutschen Schule. Die Strichelungen
sind gebrochen, und "nicht so fein, als in anderen mit E. und E. S.
bezeichneten Blättern." Die Lagen sind in den Schattentheilen eng ge-
halten, und gehen daher in's Schwarze. Frenzel setzt dieses Blatt in
diefrühere Periode des Meisters, welche demnach gegen 1467 beginnen
müsste. In diesem Falle hätte aber der Meister E. und E. S. einen
in gleicher Weise zeichnenden Gegenfüssler, da Blätter mit den Jahr-
zahlen 1466 und 1467 vorkommen, welche in einer ganz anderen
Weise, und viel besser gestochen sind. Und es ist auch schwer, diese
Vermuthung zurückzuweisen, selbst in dem Falle, dass man dem Stecher
verschiedene, mehr oder weniger vollkommene Zeichnungen unterbreiten
würde. Seine Vorlagen waren auch sicher nicht von der einen und
derselben Hand. Die betende Madonna hat nicht derselbe Künstler
gezeichnet, welcher die Eugelweihe in Maria Einsiedel im Bilde vor-
führte. Auch der ebenfalls mit E. bezeichnete Stich derselben ist
jenem der betenden Maria weit vorzuziehen, obgleich das Blatt die
Jahrzahl 1466 trägt. Der Stecher E. hat daher 1467 nicht begonnen,
und er kann seinen Styl nach Jahresfrist nicht in der Art geändert
haben, dass die in gleicher Weise bezeichnete betende Madonna ohne
den Initial E. und 1467 dem Stecher der Engelweihe" nur in dem
Falle zugeschrieben würde, wenn man mit Frenzel eine übermässige
Anzahl von Blättern des berühmten Meisters E. S. aufhäufen wollte.
Und dennoch wagen wir es nicht, zwei in gleicher Weise zeichnende
Kupferstecher bestimmt anzunehmen. Man kann aber auch nicht ver-
muthen, dass unter den Initialen E. und E. S. allenfalls der Maler
oder Zeichner, und nicht der Stecher angedeutet sei, indem die mit
diesen Buchstaben signirten Blätter in (Jomposition und Zeichnung
ziemlich" ungleich sind, wenigstens nur in geringer Anzahl auf die eine
und dieselbe zeichnende Hand schliessen "lassen. Diese Ansicht ge-
wannen wir bei dem Vergleich der vielen Blätter, welche im k. Cabinet
zu München für solche des Meisters E. S. gelten, und bis auf wenige
vonBartsch diesem Künstler zugeschrieben werden. Es bleibt immer
nur ein Kupferstecher, der, wenn auch selbst ein guter Zeichner, doch
auch fremde Vorlagen benutzt hat. Geübt in Führung des Stichels
und der Schneidnadel, gelang ihm doch nicht jedes Blatt in gleichem
Grade, oder vielmehr das eine hält den Vergleich mit dem anderen
nicht aus. Für sich betrachtet, ist die betende Madonna immerhin gut
gestochen, wenn auch weniger zart, wenn auch roher, als das Blatt
der Engelweihe von 1466, welches überhaupt in Zeichnung und tech-
nischer Behandlung eine ganz andere Hand vcrräth. .Mit dem ersteren
Blatte stimmt jenes mit der Büste des Heilandes , welches wir unter
E. 8.. beschreiben. Dieselbe kräftigere Manier, aber meisterlicher
durehgebildet, herrscht auch in dem Blatte mit dem Schweisstuche,
B. No. 86, in jenem des Püngstfestes, B. No._27, und so ziemlich in
der Folge der Apostel, B. No. 50-62. In_d1esen genannten Blättern
glauben wir den Meister E. S. auch der Zeichnung nach_zu erkennen.
Uebrigens lagen uns nicht alle Blätter vor, welche diesem Meister
jetzt zugeschrieben werden.
2) [B. No. 35] Das Marienbild in der Abteikirche zu Elnsiedel,
oder die Engelweihe derselben. Die hl. Jungfrau sitzt mit dem Kinde