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angeben, zu können, wem der junge Cranach seine schnelle Ausbildung
zu verdanken habe. Einen artistischen Beleg für die schon 1504 völlig
ausgebildete eigenthüinliche Weise des Künstlers gibt das zierliche Ge-
mälde der hl. Familie in einer Landschaft mit einer blasse von Engelchen
in der Gallerie Sciarra zu Rom. Es ist ausser der Jahrzahl 1504 mit
dem verschlungenen C L bezeichnet, iihnlich dem obigen Monogramme
mit 1506, nur feiner gebildet. Ein früheres Datum als 1504 kennt
man bisher auf Gemälden Cranachß nicht. Das erwähnte Bild der
hl. Familie führt uns auch wieder in das Haus seines Vaters zurück,
denn es ist wahrscheinlich in denlselben entstanden. Und hatte der
Künstler auch im Jahre seiner Anstellung als Pictor Ducalis in Witten-
berg das Gemälde vollendet, so ist es immerhin von Wichtigkeit, die
Umstände zu kennen, durch welche er in seine eigenthümliche Richtung
gelangte. Der unmittelbare Einfinss des M. Grunewald ist nicht zu
erkennen, wenn auch eine gewisse Wechselwirkung zwischen beiden
Künstlern stattgefunden haben mag. Er steht aber auch in einem ge-
wissen verwandtschaftlichen Verhältnisse zur Richtung der fränkischen
Schule, welche mit A. Dürer ihren Cuhninationspilnkt erreichte. Es
fallt jedoch Niemanden ein, ihn in die Nürnberger Schule zu ver-
weisen. Eine ganz unglückliche ldec war es aber, wenn Schadow
(Wittenberg's Denkmäler 8m. S. 129) Oranachß Vorbild in dem um
22 Jahre jüngeren Lukas von Leyden erkennen will. Der Einiiuss
der alten niederländischen Schule auf die deutsche ist keineswegs zu
läugnen, doch haben bestimmte Schulen ein eigenthümliches Gepräge
angenommen, welches bei grosser Uebereinstimmuxig in vielen Dingen
dennoch wieder eine merkliche Scheidewand zwischen den Schulen
bildet. Jede hat ihre charakteristischen Merkmale, und so auch jene
von Cranach und Grunewald, in welcher vielleicht die grösste Ueber-
einstimmung herrscht. Der goldfarbige Grund in Bildern des Letztern
ist aber dem L. Cranach fremd. Die Schule, aus welcher unser Meister
hervorgegangen ist, suchen wir im Hause seines Vaters, dessen Werke
bisher Niemand bezeichnet hat. Es gibt aber noch etliche Gemälde,
welche im Wesentlichen mit jenen seltenen Kupferstichen stimmen,
die mit den Initialen LC und anscheinlich 5 bezeichnet sind, B. VI.
p. 361. In diesen Werken liegen die Elemente der Bildung des Lukas
Cranach sen., und man möge uns erlauben, die Buchstaben LC mit
dem wohl bedeutungslosen Schreiberzug auf den Vater unsers Künstlers
zu deuten. Die Geschichte sagt zwar nicht, dass er Lukas geheissen
habe, man kann aber annehmen, dass, wie häuüg, der Sohn den Tauf-
namen des Vaters erhalten habe, sowie auch unser Lukas Cranach
seinen Sohn ebenfalls unter dem Namen Lukas taufen liess. So hatten
wir nun eine fränkische Künstlerfamilie Namens Cranach, und Gun-
deram konnte daher von dem jüngeren Lukas Cranach sagen: avita
arte excellens est, dass er sich in der von seinen Vorältern überliefer-
ten Kunst auszeichne. Was noch weiter über Lukas Cranach und
dessen V erhältniss zu dem sächsischen Chur-hause, welchem er bis an
seinem 1553 erfolgten Tod in unverbrüchlicher Treue anhing, zu sagen
ist, möge man in dem trefflichen Werke von Schuchardt nachlesen,
da die Anhaltspunkte sicherer sind, als in jenem von Heller.
L. Cranach bediente sich verschiedener Zeichen, und die oben
gegebenen kommen auf Gemälden, Zeichnungen und Holzschuitten vor.
Die Form ist aber nicht ganz Stereotyp, indem das Monogramm auch
kleiner und feiner gebildet ist. Uebrigens bediente sich der Künstler
noch öfter der Buchstaben LC. mit und ohne die heraldische Schlange,
welche auf Werken dieses Meisters eine wichtige Rolle spielt. Die
Initialen -L C erscheinen auch verkehrt, und wir kommen daher unten