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Ä immer giltige Quelle über L. Cranach ist im Peintre-graveur
par Adam Bartsch VII p. 273, wo sechs Knpferstiche und
155 Holzschnitte beschrieben sind, letztere aber in Ver-
mischung mit jenen des jüngeren Lucas Cranach. Schuchardt
zählt 8 Kupferstiche und 193 Holzschnitte auf. Wir werden
unter den Initialen L. C. nur wenige Blittter hinzufügen, und hier als
Einleitung zu den weitern Artikeln unter L C., L VC und der heral-
dischen Schlange die Ilaujitdata aus dem Leben des Meisters festsetzen.
Besondere Berücksichtigung verdient eine lateinische Denkschrift
des Matthäus Gunderam, des Ilauslehrersder Familie des jüngeren
Cranach, welche 1556 in den Thnrmknopf der lrvitteilberger Stadtkirche
niedergelegt, und bei dessen Iteparzitur 1750 entdeckt wurde. Heller
liess sie l. c. 279 abdrucken, und der Wichtigkeit wegen nahm auch
Schuchardt l. e. I. S. 18 darauf" Rücksicht. Nach dieser Denkschrift,
und in Uebereinstiminung mit dem Grabsteine des Künstlers auf dem
St. Jakobskirchhofc zu Weimar, wurde L. Cranach scn. 1472 zu Kro-
nach in Franken geboren, und erlernte die Kunst bei seinem Vater.
Er zeichnete sich vor andern Schülern aus und hatte schon als junger
Künstler Ruf, als er 1504 an den Hof des Herzogs und Churfürsten F ried-
rich III. von Sachsen berufen wurde. Gunderam nennt auch den jüngeren
Lnkas Cranach einen in der von seinen Voriiltern überlieferten Kunst
ausgezeichneten Mann, und deutet dadurch auf eine Künstlerfamilie hin,
wie diess in früheren Zeiten häufig vorkommt. Dass diese Familie
"Sünder" geheissen habe, wie noch Heller l.c. 8.1 behauptet, entbehrt
jedes Grundes, und der angebliche Familienname "Müller" ist völlig
aus der Luft gegriffen. Das Urtheil über den alten Cranach, d. h. den
Vater und Meister des Lucas Granach sen., war bisher auch sehr vor-
eilig. Man machte ihn zu einem unbedeutenden Künstler, etwa zu einem
Briefmaler, welcher seinen Sohn höchstens die Anfangsgründe der
Zeichenkunst habe lehren können. Niemand aber kennt seine Leist-
ungen, und somit fallt des Urtheil weg. Letzteres basirt nur auf der
missverstandenen Aussage des M. Gunderam, welcher sagt, der Vater
habe den Sohn arlcm graphicum gelehrt. Darunter verstand man den
gewöhnlichen Unterricht im Zeichnen, so dass Lncas Cranach zuletzt
noch einen andern Meister in der Malerei gehabt hätte. Neuerlich
wurde in diesem Matthäus Grünewald von Aschaffenburg vermnthet,
allein dieser Künstler ist wohl nicht viel älter als L. Cranach, und wir
können eher eine gemeinschaftliche Schule annehmen. Man nahm auch
lange keinen Anstand, die Bildungszeit des Künstlers zu unterbrechen.
Es wurde nämlich überall, und noch von Heller l. c. S. 3 behauptet,
"dass L. Cranach 1493 den Churfürsten Friedrich den Weisen auf dessen
Wallfahrt nach dem gelobten Lande begleitet habe. Als Autorität galt
Joh. Sebastian Müller, welcher in den sächsischen Annalen 1701 den
L. Cranach im Gefolge des Churfürsten nennt, Schuchardt hat aber
schon in seinem Werke über Cranach diese Geleitsehaft als nicht er-
wiesen und völlig unwahrscheinlich dahingestellt. In Dr. Naumanms
Archiv, II. Jahrgang S. 171 machte er endlich die urkundlichen Belege
bekannt, dass nicht der junge Cranach, sondern die Meister Johann
und Kunz den Churfürsten begleitet haben. Es steht jetzt auch fest,
dass Cranach erst 1504 in die Dienste desselben getreten, und dass er
erst in diesem Jahre nach Wittenberg gezogen sei. Er war damals
bereits ein Künstler von anerkanntem Rufe, wie Gunderam bemerkt.
Dieses Zeugniss verdient viel grössere Beachtung, als ihm zu Theil ge-
worden ist. Man wollte nämlich im Hanse des alten Cranaeh nur von
einem handwerksmässigen Treiben wissen, aber ohne mit Sicherheit