Einleitung.
III
Wörterbuche zu geben; dieses Werk muss einem jeden Malerlexicon,
einem jeden Handbuche für Kupferstichsammler u. s. w. gegenüber
seine volle Selbstständigkeit bewahren, wenn ich auch nicht selten auf
das grosse Künstler-Lexiccn verweise, da dem kunstliebenden Publikum
nicht zum zweiten Male geboten werden darf, was es schon besitzt.
Dagegen findet die einschlägige altere und neuere Literatur volle Be-
rechtigung, ich nenne aber hier die Autoritäten nicht, da sie sich im
Verlaufe des Werkes geltend machen müssen. Die Kunstliteratur ist
bereits sehr reich, und es hat fast jeder Hauptmeister seine eigene.
Die Hinweisung auf dieselbe, und auf den entscheidenden Gewahrs-
mann, ist daher streng geboten.
Der Gebrauch der Handzeichen datirt aus den Bauhütten des Mittel-
alters, und Würde von den Steinmetzen und Architekten eingeführt.
Der Schlüssel zu dieser Zeichenschrift lag damals in den Hütten, und
MeiSißr und Gehülfen konnten sie lesen. Der wandernde Geselle legiti-
mirtß Sich durch sein Handzeichen bei der Genossenschaft, indem er
ES in den Zufällig gebotenen Stein meisselte, woraus die Mannigfaltig-
keit der Steinmetzzeichen zu erklären ist. Das Verstandniss ging aber
nach und nachiverloren, und daher ist nur noch eine massige Anzahl
von Werkzeichen der Baumeister und Steinmetzen zu deuten. Die
'l'rager derselben lebten grossentheils gegen Ende des Mittelalters.
Die alten Maler bedienten sich nur selten einer für uns jetzt rathsel-
haften Chiffre, und es steht dahin, 0b die wenigen Malwerke der frühe.
ren Zeit des 15- Jahrhunderts, Welche ügürliche Zeichen ohne Buch-
staben aufweisen, nicht von Baumeistern und Steinmetzen herrühren, da
nicht selten der Architekt auch Bildhauer und Maler war. Die Maler
und Kupfersteeher, sowie die Zeichner und Formschneider von Pro-
fession, bedienten sich erst in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts
eines Buchstabenmonogramms oder der Initialen des Namens, doch noch
nicht allgemein, indem nur der kleinere Theil der Werke aus jener Zeit
auf solche Weise bezeichnet ist. Es galt damals der Grundsatz: zur
Ehre Gottes und seiner Heiligen zu wirken, und damit nicht zu prah-
len. Den alten Malern genügte der Beifall der Mitwelt, welche die
Kunst und den Meister ehrte, wenn sie in ihm den Priester derselben
erkannte. Bei grösseren Unternehmungen wurden bindende Gontrakte
geschlossen, da aber diese in den Archiven der Kirchen und Klöster
aufbewahrt wurden, und durch die Unbill der Zeit grossen Theils zu
Grunde gingen, so fehlt jetzt häufig der historische Anhaltspunkt, wenn
nicht zufällig ein alter Chronist, oder der Maler selbst durch eine be-
scheidene Inschrift zu Hülfe gekommen ist. Doch nur wenige alte
Künstler fügten ihren Werken den Namen bei, besonders in Deutsch-
land und in den Niederlanden. Häufiger sind die Namensinschriften
auf italienischen Mal- und Bildwerken des Mittelalters und der Re-
naissance-Periode, und nur einige Kupferstecher und Formschneider
fingen gegen Ende des 15. Jahrhunderts an, ihr Eigenthäuli durch Mono-