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121.
für den Fall, dass der mittlere Schenkel ein I seyn sollte, kann die
Erklärung gegeben werden, nämlich: Andrea Ingcgno Pinxit.
Wenn nun diese Erklärung richtig ist, dann kann das Bild der
Madonna mit dem Kinde auf dem Schoosse, welches in Dr. Waagens
Catalog des Museums in Berlin N0. 237 dem Ingegno muthmasslich zu-
geschrieben wird, nicht von diesem Meister seyn. Es hat trockene,
plumpe Formen, rohe Malerei und, trotz der Bewegung des Kindes
nirgend eine Seelenregung. Dr. Förster hat die thronende Madonna.
in S. Spirito gezeichnet, so wie ein Bild des hl. Lorenz, welches von
demselben Meister gemalt ist.
121. Andrea di Luigi (Aloisii), genannt Plngegno dlAssisi, fand
bereits im vorhergehenden Artikel Erwähnung, da ihm
A_ A_ P, höchst wahrscheinlich das daselbst gegebene Monogramm
angehöret. Diese Initialen werden ihm im Kunstblatt
A A P 1821 No. 37 zugeschrieben, und auch Baron von Rum-
' ' ' ohr (Ital. Forschungen II. 324 H.) fand im Privatbesitze
zu Florenz ein Gemälde mit dieser Bezeichnung, welches er dem In-
gegno beilegen zu müssen glaubt. Man muss daher "Andreas Alois-ii
Pinwit" lesen, so wie auch das vorhergehende ltionogramm auf solche
Weise erklärt werden kann. Ein urkundlich beglaubigtes Werk des
A. di Luigi ist indessen noch nicht ermittelt. Vasari übergeht in der
ersten Auflage seiner Vite 1550 den Ingegno, und durch die zweite
(1568) brachte er nur Verwirrung in die Kunstgeschichte, indem seine
Nachrichten über diesen Meister grösstentheils unhaltbar sind. Baron
von Rumohr hat dieses mit grösstcm Scharfsinn in's Licht gestellt, und
bewiesen, dass Ingegno nicht Perugino's Schüler seyn konnte, sondern
jener des Nicole Alunno. Da man also früher nicht einmal die Schule
kannte, und kein sicheres Werk bestimmen konnte, so fallt auch die
Charakteristik des Meisters weg. Lanzi will nämlich aus einigen Werken
desselben ersehen haben, dass Ingegno in Peruginds Schule der erste
war, welcher einen grossartigeren Styl erstrebte, und dem Oolorite Zart-
heit verlieh; allein Lanzi nennt beispielsweise nur die Propheten und
Sibyllen im Dome zu Assisi, welche aber Adonc Doni erst um 1580
in der Weise der späteren Nachahmer des Buonarotti in Frcsco malte.
Zani vermehrte die Oonfusion noch in der Art, dass er den A. Doni
mit Andrea d'Assisi für Eine Person hält, und beide von 1476-1484
arbeiten lässt. Vasari macht den Andrea zum Gehülfen Peruginols im
Sitzungssaale des Cambio zu Perugia, wo er nach der Behauptung
dieses Schriftstellers im Wetteifer mit Rafael einige schöne Figuren
gemalt haben soll. Vasari bezeichnet sie nicht naher, weil er über-
haupt kein Werk des Ingegne kannte, moderne Schriftsteller schrieben
aber dem Andrea unbedingt die Propheten und Sibyllen dasolbst zu,
doch aus keinem anderen Grunde, als weil sie die schönsten sind.
Vasari macht dann den Andrea auch zum Gehülfen Peruginols bei
dessen Arbeiten in Assisi, und in der Sixtina zu Rom, nennt aber wieder
kein Gemälde von Ingegnds Hand, weil nämlich letzterer mit Perugino
wahrscheinlich nie in Berührung gekommen ist. Zum Schlusse lasst
Vasari den Künstler in seiner Jugendblüthe plötzlich erblinden, und
er will auch wissen, dass ihm desswegen Papst Sixtus in Assisi eine
Pension ausgesetzt habe, welche Andrea bis in sein 86. Jahr genossen
haben soll.
Vasari faselt hier offenbar. Der von ihm erwähnte Papst Sixtus
könnte nur Sixtus IV. seyn, welcher 1484 starb, zu einer Zeit, in
welcher Andrea bereits Meister war. O. Mündler (Essai d'une analyse
critique de la notice des tableaux italiens du Musee national du Louvre.