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BERN.
1803.
Umbrischen Schule haben wir im Künstler-Lexicon XI. S. 328 einen
ausführlichen Artikel gewidmet, und zwar auf den Grund der neueren
Critiker, an deren Spitze Baron von Rumohr steht. Das Hauptwerk
über Pinturicchio in italienischer Sprache ist jenes von G. B. Vermi-
gliolo: Di Bernardo Pinlur-icchio Pittore Pcrugino. Perugia 1837.
Mit dem Bildniss des Künstlers. Er zeichnete in obiger Weise einige
Gemälde, gewöhnlich mit Beifügung der Jahrzahl. So ist auf dem schö-
nen Bilde des Jesusknaben im Tempel in einer Capelle des Domes
zu Spello die Jahrzahl MDGCCCCI beigesetzt. In diesem Gemälde
brachte Bernardo sein eigenes Bildniss an, und documentirte es durch
den Namen.
Man nimmt gewöhnlich an, der Künstler habe den Beinamen Pin-
turicchio von seiner kleinen Gestalt bekommen, so dass wir im Deut-
schen "Malerlein" sagen müssten. Allein damit stimmt das Wort
Pictoricus nicht, welches eher auf eine grosse Handfertigkeit und tech-
nische Bravour deutet. Und wirklich bemerkt man in seinen späteren
Werken ein gewisses handwerksmässiges 'l'reiben, welches er wohl den
Gesellen nachsah, da ihn der Gewinn leitete. Seine früheren Werke
bieten aber grosse Vorzüge, und sind Erzeugnisse eines gesunden,
frischen Lebens. Es gehören ihm indessen nicht alle Bilder an, die
ihm zugeschrieben werden. Er hatte einen Zeitgenossen, welcher sich
ebenfalls Bernardino Perngino nannte, wie dies aus den Notizen
"bei Vermiglioli erhellet. Dieser Schriftsteller fand seiner in Docu-
menten von 1498-1524 erwähnt, und er zahlt Werke auf, welche dem
zweiten Bernhard von Perugia angehören. Die Bilder dieser beiden
Meister sind aber nicht sehr schwer zu unterscheiden. Pinturicchio
offenbaret selbst in seinen schwächeren Werken noch mehr Sorgfalt
und Eleganz der Zeichnung, eine grössere Anmuth der Bewegung und
Feinheit der Charaktere in den Köpfen, als sein Zeitgenosse. Die
Köpfe in Pinturicchio's Gemälden haben immer Aehnlichkeit mit jenen
des Pietro Perugino, der Gegenfüssler steht aber diesem Meister fern.
Das Colorit des Letzteren ist eintönig und geht in's Braune, Pinturic-
chio's Gemälde sind dagegen von frischer, klarer, ja brillanter Färbung.
i Der vor einigen
1803. ANO DNI MCLCCLXVIII. ,a„,en versmbene
Ilgupfästeäher und
uns än erMetz-
QVEM. FLORENTIJE FINSIT. ge, in Florenz be_
sass nach Brulliot III. p. 159 einen Hausaltar mit Malereien, deren
Verfertiger sich Bernardus nennt. Metzger erkannte darunter den
Bernardo Orcagna, anscheinlich den Bruder des Andrea, über welchen
wir, sowie über dessen Familie, unter "ANDREAS CIONIS" Nach-
richt gegeben haben. Man weiss jetzt mit Sicherheit, dass Andrea
1376 starb, und somit konnte sein Bruder Bernardo ihn nicht um
viele Jahre überlebt haben. Von diesem kann also das Altärchen
nicht herrühren. Andrea di Cione, welcher irrig Orgagna genannt
wird, hatte aber einen Sohn, Namens Bernardo, doch kann auch dieser
Meister den Altar nicht gemalt haben, da er 1468 fast 100 Jahre alt
seyn musste. Ein dritter Maler, Namens Bernardo, ist in der Familie
Cione nicht bekannt, und somit fallt Metzgefs Bernardo Orcagna von
1468 weg, wenn die Jahrzahl bei Brulliot richtig gegeben ist. Es
steht indessen N0. 69, wo dieser Schriftsteller über Andreas Cionis
handelt, 1457 statt 1357, und somit könnte MDCCCLXVIII zu setzen
seyn. In diesem Falle würde Bernardo di Cione, der Bruder des An-
drea di Cione, eintreten.