1539.
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Platten der freien Vorstellung wegen später vernichtet wurden. Man
kennt keine Copie derselben. Nur von N0. 18 bei Bartsoh war eine
gegenseitige Nachbildung im Oabinet Ottley. Ob eines der vier nicht
beschriebenen Blätter derselben Sammlung bezeichnet ist, wissen wir
nicht. Das von Bartsch erwähnte Blatt mit Venus und Amor hat den
Namen: Caralius F. Auf dem Blatte mit Venus steht: Justinianus f.
Dieser unbekannte Justinian ist wohl der Zeichner, da das Blatt in Oa-
raglio's Weise gestochen ist.
Wie Baviera das Verhältniss mit Rosso abgebrochen hatte, so
liess auch Caraglio eine nach der Zeichnung desselben begonnene Platte
unvollendet. Es ist diess die grosse Composition des Sabinerraubes
B. 63, deren Stich indessen auch durch die 1527 erfolgte Einnahme
der Stadt Rom, und durch R0sso's Flucht einen Aufschub erleiden
konnte. Die Platte wurde erst später von einem Unbekannten vollendet.
Ein seltener Probedruclc in der Sammlung des Erzherzogs Carl in Wien
zeigt, wie weit Caraglio in der Arbeit gekommen ist. Dieses Blatt gibt
nur die Partie links oben, die Statue der Frau mit verstümmeltem linken
Arme, den an einen Stein sich lehnenden Mann, den Soldaten mit der
Hellebarde, zwei andere Männer mit Stock und Schwert,_und zwei vom
Rücken gesehene Henker. Bartsch legt diese Composition irrig dem
B. Bandinelli bei, wahrscheinlich verleitet durch F. le Comte (Cabinet
de singularites III. p. 271.) Letzterer, sowie andere französische Schrift-
steller, schreiben aber den Stich dem Marc Anton zu.
Bartsch beschreibt 64 Blätter von diesem Meister, und dazu kommen
nun noch jene oben erwähnten fünf Vorstellungen aus der Folge der
Liebschaften der Götter. Zani schreibt ihm auch noch eine Flucht
nach Aegypten zu, welche auf dem Stiche als Rafaelis Composition be-
zeichnet ist, während sie andere dem Timoteo della Vite vindiciren.
Vasari legt aber die Erfindung dem Giulio Romano bei. Den Stich
wollten einige dem Gio. Battista Mantuano, oder dem Giulio Bonasone
zuschreiben, und Marolles war fast geneigt, diese Flucht nach Aegypten
dem Rafael selbst dem Stiche nach zu vindiciren. 'Bartsch zählt das
Blatt unter den Produkten anonymer Meister der Schule des Marc Anton
auf. R. Weigel (Kunstkatalog N0. 14,978) macht ferner auf ein vor
ihm nie beschriebenes Blatt aufmerksam, welches die Geburt der Maria
vorstellt. Rechts im Grunde ist die Wöchnerin auf einem Ruhebette,
und links im Vorgrunde sind fünf Frauen mit dem Baden des Kindes
beschäftiget. Oben schwebt Gott Vater in einer Art Fenster mit zwei
Engeln zur Seite. Im Ganzen zählt das Blatt 25 Figuren, und es ist
oben abgerundet. Die Gomposition dürfte nach Weigel von G. Romano
seyn. Im Stiche erinnert Einiges an den Meister mit dem Würfel,
Anderes an Enea Vico, doch kommt es am meisten mit den Blättern
des Caraglio überein. Die Platte wurde später ganz überarbeitet, so dass
die Abdrücke das Ansehen eines neuen Stiches haben. H. 16 Z. 10 L.
Br. 11 Z. 1 L.
Caraglio verliess den Stichel in Mitte seines Ruhmes, um sich
dem Steinschneiden und der Medaillenkunst zu widmen. Er folgte
einer Einladung nach Polen an den Hof des Königs Sigmund I., wo er
im dritten Decennium des 16. Jahrhunderts thätig war. Pietro Aretino
dankt ihm nämlich in einem Briefe vom 17.Juli 1539 für die Medaillen
mit den Bildnissen der Königin Bona Sforza und des Alessaudro Pesenti,
welche ihm Oaraglio überschickt hatte. Der Künstler soll aber in Polen
viele Schaumünzen gefertiget haben, worunter wahrscheinlich auch solche
sind, welche sich auf die Geschichte des Königs Sigmund beziehen. Es
existiren schöne Medaillen dieserArt, sie tragen aber kein Künstlerzeichen.
Man nimmt an, dass Caraglio auf einem Landgute im Herzogthum Parma
gestorben sei, und zwar um 1570. Bartsch vermuthet nämlich, dass er erst